Reinhold Messner (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Gerald Matzka)

Berechnungen von Eberhard Jurgalski haben Folgen

Himalaya-Experte aus Lörrach sorgt dafür, dass Reinhold Messner zwei Rekorde im Guinness-Buch verliert

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Jakob Fandrey
SWR-Redakteur Jakob Fandrey (Foto: SWR)

Reinhold Messner gilt seit Jahrzehnten als erster Mensch, der alle 14 Achttausender der Welt bestiegen hat. Doch jetzt ist der Bergsteiger zwei Titel los - und reagiert auf seine Weise.

Bislang wurde der Bergsteiger Reinhold Messner im Guinness-Buch der Rekorde als der erste Mensch gelistet, der alle 14 Achttausender der Welt bestiegen hat. Und das ohne Hilfe von Sauerstoff aus der Flasche. Doch Berechnungen des Himalaya-Experten Eberhard Jurgalski aus Lörrach haben dafür gesorgt, dass Messner zwei Titel in dem berühmten Buch verloren hat. In der neuen Ausgabe wird dem US-Amerikaner Ed Viesturs Messners Rekord zugeschrieben, so die Organisatoren auf ihrer Homepage.

Seit 1986 galt Messner als der erste Mensch, der alle 14 Achttausender bestiegen hat. Wie das Guinness-Buch der Rekorde nun aber mitteilt, "wird davon ausgegangen, dass mindestens drei der 14 Gipfel seit vielen Jahren nicht korrekt identifiziert wurden, was dazu führte, dass Bergsteiger - meistens ohne eigenes Verschulden - kurz vor dem Gipfel stehen blieben."

Messner selbst reagierte gelassen auf die Ankündigung und sagte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag zu der Entscheidung: "Das interessiert mich nicht, ob mein Name im Guinness-Buch steht." Der 79-Jährige habe zeit seines Lebens nie einen solchen "Weltrekord" für sich reklamiert. "Einen Rekord, den ich nie in Anspruch genommen habe, kann man mir auch nicht nehmen."

Neue Berechnungen: Mehrere Gipfel im Himalaya nicht richtig identifiziert

Grundlage der Guinness-Entscheidung sind neue Berechnungen mit Geodaten, wonach manche Gipfel bislang nicht korrekt identifiziert wurden. Viele Kletterer hätten deshalb vor Erreichen des "wahren Gipfels" angehalten. Gipfelforscher Jurgalski beschäftigt sich seit mehr als 40 Jahren mit topografischen Daten der höchsten Berge. Er gilt als einer der führenden Himalaya-Chronisten.

Jurgalski behauptet schon länger, dass Messner nie ganz oben auf dem Gipfel des 8.091 Meter hohen Annapurna stand. Seine Berechnungen spielten bei der Entscheidung nun auch eine Rolle.

Messner kritisierte den Lörracher und betonte: "Der hat keine Ahnung. Der ist kein Experte. Der hat einfach den Berg verwechselt. Natürlich sind wir auf dem Gipfel angekommen." Zugleich warf er Jurgalski vor, seine Bekanntheit zu nutzen, um Verschwörungstheorien zu verbreiten. In mehreren Büchern beschreibt Messner, wie er gemeinsam mit Hans Kammerlander den Annapurna-Gipfel erreichte, die Wolkendecke aufriss und sie auch das Basislager sehen konnten.

Auf seinem Instagram-Kanal legte Messner nach: Es sei schon lustig, dass wieder und wieder Menschen seinen Namen benutzen würden, um sich wichtig zu machen, schrieb er auf Englisch. "Weil sie nichts erreicht haben? Weil sie nicht den Mut haben, ihre Träume zu realisieren?", so seine Formulierung. Am Ende würde es immer ums Geld gehen.

Messner reagiert auf Instagram auf die Entscheidung

Messner laut Daten mehrere Meter unterhalb des Gipfels

Jurgalski hingegen kommt auf der Grundlage von Digitaldaten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und Gipfelfotos zu dem Schluss, dass vom Gipfel des Annapurna kein Basislager zu sehen sei: "Messner war an einem Punkt 65 Meter vor und fünf Meter unter dem Gipfel." Bei Guinness bekamen alle von der Änderung betroffenen Rekorde bis Februar 2023 den Zusatz "legacy" ("Vermächtnis").

An erster Stelle steht im Guinness-Buch nun Viesturs, der 2005 mit dem Annapurna seinen letzten fehlenden Achttausender schaffte. Unter Bergsteigern gilt als Nonplus-Ultra der Himalaya-Gipfelchroniken "The Himalayan Database". Darin steht weiterhin Messners Annapurna-Expedition, die er 1985 zusammen mit Hans Kammerlander unternahm.

Jurgalski will gegen Messners "Beleidigungen" juristisch vorgehen

Mit Blick auf Messners Reaktionen sagte Jurgalski, diese entsprächen aus seiner Sicht teilweise "dem Tatbestand der Beleidigung". Dagegen wolle er sich mit Hilfe von Anwälten zur Wehr setzen. "Ich arbeite seit 42 Jahren daran und mit Dankesschreiben von Bergsteigern und Expeditionsleitern könnte ich die Wände tapezieren", sagte er dem SWR.

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