MUNDOLOGIA-Festival (Foto: SWR, Moritz Rebholz)

20 Jahre MUNDOLOGIA-Festival

Interview mit Tobias Hauser: "Wir möchten die Menschen motivieren, wertvoll zu reisen"

Stand
INTERVIEW
Christof Gerlitz
ONLINEFASSUNG
Christoph Regli

Tobias Hauser ist Gründer, Geschäftsführer und Veranstalter des Freiburger MUNDOLOGIA-Festivals. Im SWR-Interview spricht er über die Anfänge und seine Hoffnungen für die Zukunft.

Das Reportage-Festival MUNDOLOGIA feiert sein 20-Jähriges Jubiläum. Jedes Jahr werden in Freiburg Themen wie Fotografie und Reisen in Reportagen vorgestellt. Tobias Hauser spricht im Interview über die Anfänge und Besonderheiten des Festivals, aktuelle Herausforderungen und seine Wünsche für die Zukunft.

Tobias Hauser sitzt im großen Saal, während die Vorbereitungen zum 20. Mundologia Festival laufen   (Foto: SWR, Moritz Rebholz)
Tobias Hauser hat vor 20 Jahren das Mundologia Festival gegründet.

SWR Aktuell: Tobias Hauser, wenn Sie 20 Jahre zurückblicken auf die erste Veranstaltung: Was hat sich verändert seit damals? Zum ersten Festival kamen 3.500 Leute, heute sind es 20.000.

Tobias Hauser: Interessanterweise hat sich eigentlich das Wesentlichste kaum verändert. Es stehen immer noch Menschen auf der Bühne, die fesselnd von ihrem Erlebten berichten. Was sich wesentlich verändert hat ist natürlich die technische Seite. Wir können jetzt eine große Leinwand bespielen und auch die Referenten selber haben technisch bessere Möglichkeiten und können es professioneller präsentieren. Aber im Grundprinzip ist eigentlich alles gleich geblieben. Wir brauchen einfach gute Referenten, die spannende Geschichten erzählen, die die Menschen fesseln. Was uns ausmacht ist die Live-Atmosphäre im großen Saal. Viele Menschen, die gemeinsam lachen. Das ist einfach was anderes, als wenn man ins Kino geht oder zuhause vor einem Fernseher sitzt.

SWR Aktuell: Es geht bei der MUNDOLOGIA ja um deutlich mehr, als Lust aufs Reisen zu machen. Wie gelingt es, den Blick auf die Welt, auf die Menschen, auf die Kulturen zu richten und dabei nicht oberflächlich zu bleiben?

Tobias Hauser: Ein Ziel war immer, dass wir in Reportagen Vorträge zeigen von Menschen, die etwas Besonderes erlebt und erreicht haben.

"Es geht darum, etwas Neues zu erfahren, das tiefer, authentischer und ehrlicher ist, als das, was man heutzutage auf den Social Media Plattformen sieht."

Menschen, die über ein Land vielleicht auch spannende Geschichten erzählen können, die man sonst nicht hören kann. Es geht darum, etwas Neues zu erfahren, das tiefer, authentischer und ehrlicher ist, als das, was man heutzutage auf den Social Media Plattformen sieht. Ich denke, da sind wir ein guter Ausgleich auch zu der gegenwärtigen Entwicklung, dass sich Menschen mal wieder Zeit nehmen tiefgründige Geschichten und Erlebnisse anzuhören. Das macht es, glaube ich, viel authentischer, als wenn man Reportagen im Fernsehen, auf den Streamingkanälen, oder auch im Kino anschaut.

SWR Aktuell: Sie vermitteln das Gefühl, dass der Name MUNDOLOGIA (spanisch Weltkenntnis), bei Ihnen gelebt wird, dass diese Kenntnis über die Menschen und die Natur sehr wichtig sind.

Tobias Hauser: Interessanterweise denken wir Menschen ja oft, wir wissen alles über die Welt. Aber wenn man sieht, was zur Zeit passiert - ich denke vor allem an Krisen und wie wir mit der Natur umgehen - dann habe ich das Gefühl, wir wissen eigentlich gar nichts. In meinen Augen ist es eigentlich so, dass, wenn man die Schönheit der Artenvielfalt oder auch die die Schönheit der Kulturen und die Vielfalt der Kulturen sieht eigentlich kapieren müsste, dass wir das schützen sollten und nicht weiter zerstören. Da kann man nicht genügend Weltkenntnis weiter geben.

SWR Aktuell: Wie haben Sie es geschafft, dieses Festival 20 Jahre lang am Leben zu halten? Was bringt die Menschen hierher? Ist es die Sehnsucht, ist es das Fernweh, ist es vielleicht auch die Sehnsucht nach der heilen Welt?

Tobias Hauser: Was es für mich so besonders macht ist eben dieser Live-Charakter. Wenn man ins Kino geht, hört man das Lachen des Nachbarn nicht, weil der Kinosaal so konstruiert ist, dass man nicht viel von seiner Umgebung hört. Das ist ganz anders hier in dem großen Konzertsaal. Wenn die Menschen hier anfangen zu lachen, hört man es laut und wird sofort selber motiviert. Alle lachen mit. Der Referent wird getragen von der Reaktion des Publikums und diese Live-Atmosphäre ist einfach einzigartig. Wenn es der Referent schafft, das Publikum mitzunehmen mit spannenden und interessanten Erzählungen, dann ist es eine einzigartige Atmosphäre. Eigentlich hat man ja schon immer Menschen gerne zugehört, wenn sie etwas Interessantes erzählen. Was wir heute als Plus haben, ist, dass die spektakuläre Technik das Erzählte noch besser zur Geltung bringen kann.  

SWR Aktuell: Es gibt natürlich immer auch kritische Stimmen, die sagen: Ihr sorgt dafür, dass die Menschen noch mehr reisen und auch mehr an die Orte reisen, die man vielleicht besser in Ruhe lassen sollte. Wie gehen Sie mit dieser Kritik um, ist das für Sie nachvollziehbar?

Tobias Hauser: Ich bin ja selbst Fotograf und Fotojournalist. Und ich liebe es natürlich zu reisen. Und ich würde schon sagen, dass ich mich durch das Reisen auch in vielen Bereichen verändert habe.

"Wir versuchen die Menschen zu motivieren, in der richtigen Form, also in einer wertvollen Form zu reisen."

Ich finde Reisen unglaublich wichtig. Allerdings gibt es ganz viele verschiedene Formen zu reisen. Das heißt, wenn man so reist, dass das das Reisen wertvoll wird, dann versucht man das Geld zum Beispiel im Reiseland zu lassen. Damit können Projekte unterstützt werden und man gibt praktisch mit dem Reisen auch was zurück in das Land. Wenn man natürlich nur im Kreuzfahrtschiff reist oder einen All-inklusive-Urlaub macht und zwei Wochen am Strand liegt, dann ist es in der Form natürlich nichts Wertvolles. Wir versuchen die Menschen zu motivieren, in der richtigen Form, also in einer wertvollen Form zu reisen. Damit zum Beispiel auch kultureller Austausch entsteht. Wir haben ja während Corona gesehen, was passiert, wenn man nicht mehr reisen kann. Die Nationalparks können nicht mehr finanziert werden. Menschen, die vom Tourismus leben haben keine Lebensgrundlage mehr. Ich finde, man kann nicht einfach sagen: Okay, wir verzichten jetzt einfach aufs Reisen und auf den Tourismus, dann wird die Welt besser.

SWR Aktuell: Das 20-jährige Jubiläum ist ja vielleicht auch der richtige Moment in die Zukunft zu blicken. Was ist die Vision der MUNDOLOGIA in den nächsten Jahren?

Wir bewegen uns ja in einem kulturellen Minibereich. Das, was wir machen, ist ja auch so ein bisschen ein einzigartiges Phänomen. Wir haben recherchiert, ob es etwas Größeres gibt als die MUNDOLOGIA, in der Form dieser Live-Vorträge. Wir dürfen uns rein theoretisch das größte Live-Vortrag Festival der Welt nennen, weil wir nichts Ähnliches finden konnten. Meine Vision ist einfach, dass dieser Kulturbereich weiter am Leben bleibt. Dass die Menschen weiterkommen, dass sie Interesse haben, dass wir weiterhin gute Referenten mit spannenden Geschichten finden. Es ist und bleibt die große Kunst, sein Erlebnis auch noch live gut zu präsentieren, dass die Menschen ein, zwei Stunden gebannt zuhören. Das können nur ganz Wenige. Wir müssen weiterhin diese Leute zu uns holen, dass die Menschen auch in den nächsten 20 Jahren zu uns kommen. Das ist meine Vision: Diesen Kulturbereich am Leben zu erhalten.

Nachhaltig reisen - geht das?

Freiburg

Fotografen zeigen ihre Bilder Reise-Festival trotz Klimawandel - Mundologia in Freiburg

Ein Festival zu Abenteuerreisen in Zeiten des Klimawandels - geht das? Ein renommierter Fotograf sagt: Ja. Doch er ist sich des Konflikts bewusst.

SWR Aktuell Baden-Württemberg SWR Fernsehen BW

Ferienstart in Baden-Württemberg Fünf einfache Tipps: Mit der Glücksformel nachhaltiger reisen

Jon Andrea Florin von fairunterwegs, einer Non-Profit-Organisation, die Menschen beim klimaethischen Reisen unterstützt, hat mit seinem Team eine Formel kreiert: Die Glücksformel, mit der nachhaltiges Reisen ganz leicht fallen soll.

Gespräch Reisen mit Bodenkontakt – Charlotte Senkpiel von der Freiburger Initiative „terran“

Charlotte Senkpiel will mit dem Freiburger Verein „terran e.V.“ Menschen vernetzen, die umweltfreundlicher und trotzdem unvergesslich schön reisen wollen

SWR2 Tandem SWR2

Stand
INTERVIEW
Christof Gerlitz
ONLINEFASSUNG
Christoph Regli