Am Dienstag wurde die Doku "Zum Schwarzwälder Hirsch" mit dem begehrten Grimmepreis ausgezeichnet. Sie wurde in der Akademie Himmelreich im Höllental bei Freiburg gedreht. Für die Fernseh-Dokumentation standen zwei prominente Betreuer zur Verfügung: Fernsehkoch Tim Mälzer und Schauspieler André Dietz haben eine Küchencrew von 13 Menschen mit Downsyndrom gecoacht. Zwar ist der beste Lehrgangsteilnehmer am deutschen Ausbildungssystem gescheitert, das nur eine Förderungsmaßnahme vorsieht. Aber, dass Inklusion auf jeden Fall möglich ist, hat die Akademie Himmelreich im Schwarzwald erneut unter Beweis gestellt.
Melanie Hafner hatte das Küchenteam während der Dreharbeiten als Lehrerin an der Akademie Himmelreich betreut. Sie wertet den Grimmepreis als ein sichtbares Zeichen der Anerkennung.
Die S-Bahn-Station Himmelreich liegt auf der Bahnstrecke, die von Freiburg im Breisgau durch das Höllental nach Titisee-Neustadt führt. In dem denkmalgeschützten ehemaligen Bahnhofsgebäude hat die Akademie des Hofguts Himmelreich ihren Sitz. Dort arbeitet Albrecht Schwerer ehrenamtlich als Geschäftsführer: "Wir hatten einen Gönner. Der hat dieses Bahnhofsgebäude gekauft und uns geschenkt. Leider ist es noch renovierungsbedürftig, also da müssen wir zukünftig noch investieren. Aber diese Spende hat uns sehr vieles ermöglicht. Also dafür sind wir heute noch dankbar."
Im Eingangsbereich hängen mit Herzen geschmückte Fotos und Zeitungsausschnitte von den Dreharbeiten für die Doku-Reihe "Zum Schwarzwälder Hirsch". Im wahren Leben werden in der Akademie junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, die eine kognitive Beeinträchtigung haben, auf eine mögliche Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorbereitet. Die Kurse dauern 18 Monate, sind formell jedoch keine Ausbildung, erläutert die Teamleiterin Berufsvorbereitung Sophie Altenburger: "Das ist eine Berufsvorbereitung für Küchenbereich, Service, Etage, Hausmeisterdienste. Das sind die Bereiche des theoretischen und auch praktischen Teil hier bei uns in der Akademiezeit. Das Schöne ist, dass wir auch einen eigenen Praxisbetrieb haben. Dann wird geschaut, welcher Betrieb passt am besten. Das kann voneine Jugendherberge oder Vier-Sterne-Haus sein, Mitarbeiterkantinen oder Seniorenheim. Je nachdem, wo der Einzelne seine Stärken hat, wird er auch eingesetzt."
Nur einen Steinwurf von der Akademie entfernt liegt das Hofgut Himmelreich. Das idyllisch gelegene Hotel und Restaurant ist eines der ältesten inklusiven Unternehmen in Deutschland. In der Lehrküche arbeitet der 20-jährige Jonas Florien. Er hatte zunächst ein erfolgreiches Vorpraktikum in der Akademie absolviert. Seit September letzten Jahres engagiert er sich mit großem Eifer in einem Kurs zur Berufsvorbereitung, der noch zehn Monate andauert. Teilweise hat er Unterricht in der Akademie. Die restliche Zeit sammelt er praktische Erfahrungen in einem Partnerbetrieb, der extra für ihn ausgewählt wurde: "Momentan sind alle im Partnerbetrieb. Meiner, eine Catering-Firma in Oberwinden hat diese Woche leider zu, Betriebsferien. Meine Aufgaben waren diese Woche Küche, Service, Etage. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht."
Jonas Florien arbeitet in der Lehrküche unter Anleitung von Akademie-Küchenchef Marc Diehm. Der Lehrkoch Marc Diehm betreut ihn nicht nur individuell, sondern begleitet ihn auch als Mentor in seinem Partnerbetrieb.
Viele Arbeitgeber, die einen Menschen mit Handicap beschäftigen wollen, haben ein zu starres System, um sie verbindlich in Organisationsabläufe zu integrieren, klagt Albrecht Schwerer. Aber sie profitieren, wenn ein Mentor wie Marc Diehm in ihren Betrieb kommt und dabei hilft, dass alle Aufgaben kompetent bewältigt werden können, indem Organisationsabläufe an die Menschen angepasst werden: "Das ist Inklusion. Das ist eine Bewegung von allen Seiten. Das muss ein gemeinsames Ziel sein. Und ich denke, wir haben ganz tolle Leute. Das kam auch bei der Dokumentation raus. Wir hätten die sofort eingestellt, aber die sind vor Ort gescheitert, weil jemand innerhalb von zwei Wochen festgestellt hat, was die Person alles nicht kann."
Geschäftsführer Albrecht Schwerer hofft, dass in der vierten Staffel der Doku "Zum Schwarzwälder Hirsch" das volle Potential der Menschen mit Handicap gezeigt wird. Schließlich habe sich das Konzept der Berufsvorbereitung mit Mentoren im wahren Leben bewährt. Das unterstreicht die Teamleiterin Berufsvorbereitung Sophie Altenburger am Ende mit Zahlen: "Mittlerweile haben 150 Teilnehmer das Praktikum absolviert. Davon haben 76 Prozent einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz erhalten nach den 18 Monaten in einem unserer Kooperationsbetriebe."
Jonas Florien jedenfalls ist für die individuelle Begleitung in der Akademie Himmelreich sehr dankbar. Er möchte gerne Koch werden und will alles tun, um sich seinen Traum zu erfüllen:
Der Radiobeitrag im Regionalprogramm Südbaden von SWR4 Baden-Württemberg hier zum Nachhören: