Junge mit blonden Haaren und Brille sitzt in einem selbstfahrenden Rollstuhl. Neben ihm ein Mann in Jacke.  (Foto: SWR)

Nach zwei Jahren wieder zur Schule

Justin aus dem Münstertal hat endlich einen Schulbegleiter gefunden

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Tamara Spitzing
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Paula Zeiler
Bild von Autorin Paula Zeiler aus der SWR Aktuell Redaktion in Freiburg (Foto: SWR)

Im Klassenraum mit seinen Freunden sitzen - das ging lange nicht für den 13 Jahre alten Justin. Doch jetzt hat er einen Schulbegleiter gefunden.

Im Oktober hatte der SWR das erste Mal über Justin Glückstein aus dem Münstertal (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) berichtet. Der 13-Jährige sitzt wegen einer Muskelerkrankung im Rollstuhl und konnte zwei Jahre nicht zur Schule gehen. Erst als Risikopatient wegen Corona, dann weil ihm ein Schulbegleiter fehlte.

Doch nach dem Fernsehbeitrag in der SWR-Landesschau meldete sich Sebstian Klatt bei Justins Familie. Er ist jetzt Justins Schulbegleiter - und der Teenager kann wieder ganz normal zum Unterricht in der Johanniterschule in Heitersheim (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald).

Sebastian Klatt hilft Justin nun im Unterricht

Die Schule ist zwar rollstuhlgerecht ausgebaut, trotzdem ist ein Schulbesuch für Justin ohne Unterstützung nicht möglich. Sebastian Klatt hilft ihm zum Beispiel dabei, die Jacke auszuziehen oder die Schulsachen auf dem Tisch hinzulegen.

"Es ist einfach so, als wäre ich nie weggewesen."

Die Klasse hat Justin vermisst

Die Klasse hatte während der gesamten zwei Jahre versucht, online mit Justin Kontakt zu halten. Alle hätten ihn vermisst, berichten die Schülerinnen und Schüler. Seine Schulfreundin Felizia: "Ich habe ihn privat noch getroffen, weil er mein bester Freund ist, aber so ist es halt auch schön, weil ich ihm dann nicht immer alle Sachen schicken muss."

Junge mit blonden Haaren und Brille sitzt in einem selbstfahrenden Rollstuhl. Neben ihm ein Mann in Jacke.  (Foto: SWR)
Sebastian Klatt begleitet Justin nun im Unterricht und auf dem Schulweg.

Jetzt kann Justin wieder am Unterricht im Klassenzimmer teilnehmen, anstatt mit seinem Tablett alleine zu Hause zu lernen. Schulleiter Dirk Lederle erzählt, dass er sich wochenlang bei der Suche nach einem Schulbegleiter für Justin eingesetzt habe. Er ist froh, dass es jetzt geklappt hat.

"Ich sage es mal platt: Justin strahlt die ganze Zeit wirklich wie ein Honigkuchenpferd."

Justins Vater musste Elternteil und Lehrer sein

Zurück zu Hause. Auch Steffen Glückstein, Justins alleinerziehender Vater, ist erleichtert. Er sei auf der Suche nach einem Helfer für Justin monatelang von einer Behörde zur nächsten geschickt worden, berichtet er. Mehr als zwei Jahre lebten und lernten Vater und Sohn zu Hause. Dabei musste der Vater auch unfreiwillig sämtliche sozialen Kontakte ersetzen.

"Ich bin jetzt nicht mehr Lehrer. Ich bin jetzt noch mehr Vater. Die Rollenverteilung geht wieder in die richtige Richtung."

Dank seines Schulbegleiters kann Justin jetzt leben wie jeder andere 13-Jährige. Und sein Vater freut sich darauf, wenn er nach der Schule wieder nach Hause kommt. Normalität eben, die zwei Jahre alles andere als selbstverständlich war.

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