deutsche und chinesische Flagge am historischen Kaufhaus Freiburg (Foto: SWR, Christoph Ebner)

Umstrittene Feierstunde

Festakt für Deutsch-Chinesische Diplomatie in Freiburg

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Christoph Ebner
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Ulrike Liszkowski

50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und China: Das wird - weit weg von Berlin - in Freiburg offiziell gefeiert. Und ruft auch Kritiker auf den Plan.

Die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und China sind am Dienstag in Freiburg mit Ansprachen und festlicher Musik fortgesetzt worden. Vor dem historischen Kaufhaus in der Altstadt demonstrierten die Bündnisgrünen und Aktivisten für ein freies China und gegen den autokratischen Führungsanspruch der chinesischen Kommunistischen Partei.

Der Leiter des SWR Studios Freiburg, Christoph Ebner, kommentiert die Feierlichkeiten.

In den Reden wurden die Beziehungen zwischen China und Deutschland sowie die enge wirtschaftliche Zusammenarbeit hervorgehoben, gerade mit Firmen aus Südbaden und Baden-Württemberg. Der Festakt war geprägt von einer Würdigung der globalisierten Wirtschaft und des damit verbundenen Wachstums. Politisch wurden diplomatisch geprägte Töne angeschlagen. Kritik am universellen Machtanspruch der Kommunistischen Partei in China blieb aus. 

Indirekter Bezug zum Taiwan-Konflikt

Freiburgs Erster Bürgermeister Ulrich von Kirchbach (SPD) machte zumindest indirekt seine Position zu einem freien Taiwan deutlich, als er sagte: "Zusammenhalt ist heute wichtiger denn je. Wir sollten einig sein und zusammenstehen, wenn das friedliche Zusammenleben und Selbstbestimmungsrecht der Völker bedroht ist." Peking betrachtet den demokratisch regierten Inselstaat als abtrünniges Gebiet, das wieder mit China vereint werden soll - notfalls mit Gewalt. Taiwan hingegen versteht sich als unabhängig.

Menschen mit Plakaten und Fahnen, im Hintergrund ist das Freiburger Münster zu sehen. (Foto: SWR, Christoph Ebner)
Bündnisgrüne und Aktivisten versammelten sich am Dienstag zum Protest in der Freiburger Alstadt.

Das Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und China wurde in Freiburg an zwei Tagen mit Vorträgen und Ansprachen gefeiert. Die Veranstaltung ist eine der wenigen offiziellen Feierstunden zu diesem Jahrestag. Erst vor wenigen Tagen hatte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping auf dem Kongress der Kommunistischen Partei seine Macht noch weiter ausgebaut. Der Kongress hatte ihm den Weg für eine historische dritte Amtszeit als Parteichef geebnet.

Propaganda und Werbung für die Autokratie

Das Jubiläumsprogramm in Freiburg ist am Montag gestartet mit einem Vortrag von Zhai Qian, dem Gesandten für Wirtschaft und Handel der Botschaft der Volksrepublik China in Berlin. Er nutzte mehrfach die Gelegenheit, staatliche chinesische Propagandaargumente zu äußern und Werbung für die autokratische Alleinherrschaft der Kommunistischen Partei zu machen. Die Darstellungen blieben weitgehend unwidersprochen. Dabei ging immer wieder ein Raunen durch den Raum.

Chinesischer Wirtschaftsgesandter spricht in Freiburg (Foto: SWR, Christoph Ebner)
Der Wirtschafts- und Handelsgesandte der chinesischen Botschaft, Zhai Qian, spricht im historischen Kaufhaus in Freiburg.

Klimawandel nur gemeinsam zu bewältigen

Auch in Zukunft könnten Deutschland und China Herausforderungen wie den Klimawandel nur gemeinsam bewältigen, sagte der Wirtschafts- und Handelsgesandte. Deutschland dürfte China nicht als einen System-Rivalen ansehen, das könne nur zu einem neuen kalten Krieg führen.

"Deutschland und China haben den Weg der Kooperation beschritten, was für beide Länder Wirtschaftswachstum bedeutet."

Gute Zusammenarbeit, aber auch Sorge vor zu großer Abhängigkeit

Dieter Salomon, der Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein, würdigte in seiner Begrüßungsrede 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen der BRD und China. Salomon sprach gleich zu Beginn aber auch Kritikpunkte an. Momentan machten sich viele Sorgen, wie es mit den Beziehungen zu China weitergeht, und es bestehe auch die Befürchtung, dass die Abhängigkeit von China zu groß werde.

Sebastian Feichtmair von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Lörrach, der den Studiengang BWL-International Business leitet, betonte die gute Zusammenarbeit mit Universitäten in China. Der Austausch werde die Beziehungen zwischen beiden Ländern verstärken.

Deutschland inzwischen größter Handelpartner Chinas in der EU

Am 10. Oktober 1972 unterzeichneten die damaligen Außenminister Walter Scheel und Ji Pengfei das Kommuniqué zur Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Westdeutschland - also der Bundesrepublik - und der Volksrepublik China. Es war der Beginn einer vor allem wirtschaftlich intensiven Zusammenarbeit.

Menschen mit und ohne Maske sitzen nebeneinander in einem Festsaal. (Foto: SWR, Christoph Ebner)
Festakt in Freiburg zu 50 Jahren diplomatische Beziehungen mit China mit Gesandten aus der Volksrepublik, Politikern aus Deutschland, Ulrich von Kirchbach als Vertreter der Stadt Freiburg, Mitgliedern der deutsch-chinesischen Community in Südbaden und der ehemaligen Deutschen Generalkonsulin in Shanghai, Christiane Althauser, die den Festakt moderiert hat.

Heute ist Deutschland der größte Handelspartner Chinas in der EU, was sich auch in der Einladung zum Festakt am Dienstag zeigt: Neben der Deutsch-Chinesischen Gesellschaft Südbaden haben die wichtigsten südbadischen Wirtschaftsverbände in den Kaisersaal eingeladen.

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