Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP, spricht beim Dreikönigstreffen der FDP im Opernhaus in Stuttgart. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

Parteitag im Stuttgarter Opernhaus

Dreikönigstreffen der FDP: Lindner bezeichnet Bauernproteste als unverhältnismäßig

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Seit mehr als 150 Jahren trifft sich die FDP am Dreikönigstag, um ihre Positionen abzustecken. In diesem Jahr sprach die Partei über ihre Rolle in der Ampel - nicht ganz ungestört.

Beim traditionellen Dreikönigstreffen der FDP in der Stuttgarter Staatsoper hat der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner den Opfern der Flut in Teilen Deutschlands Solidarität zugesichert. Die Betroffenen könnten sich darauf verlassen, dass man solidarisch sei, so der Bundesfinanzminister. Man wolle den Staat nicht für alles zuständig machen, und er könne auch nicht für alles zuständig sein, so Lindner. "Aber wer unverschuldet in Not gerät, kann sich auf die Solidarität der Gesellschaft verlassen."

Lindner machte gleich zu Beginn seiner Rede klar, dass die Zeiten nicht leicht seien. Die Bundesregierung sei nicht fehlerfrei, aber entscheide mehr richtig als falsch. "Epochenumbrüche" drückten die Stimmung im Land auf einen Tiefpunkt. "Ich bin offen: Ich kann es kaum mehr ertragen", sagte der Minister. Eine Gesellschaft, die nicht an die eigene Zukunft glaube, verspiele die Zukunft, so der Parteichef. "Es gibt einen dritten Weg zwischen Gesundbeten und Schwarzmalerei - und das ist: sich den Realitäten stellen und etwas unternehmen."

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Lindner an Bauern: "Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um."

Lindner äußerte sich unter anderem zu den angekündigten Bauern-Protesten. Er kritisierte sie als unverhältnismäßig. Der FDP-Chef richtete einen Appell an die Landwirtinnen und Landwirte: "Lassen Sie sich nicht unterwandern und instrumentalisieren. Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um." Landfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung - das seien Fälle für den Staatsanwalt. Die Gesellschaft habe eine Verantwortung für die Landwirtschaft, aber die Landwirtschaft habe umgekehrt auch eine Verantwortung für die Gesellschaft. Außerdem warnte Lindner vor Grenzüberschreitungen wie bei einer Blockadeaktion gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag in Schleswig-Holstein.

Inhaltlich erteilte der Bundesfinanzminister den Bäuerinnen und Bauern eine klare Absage: "Man kann nicht auf der einen Seite von der gesenkten Stromsteuer profitieren wollen, man kann nicht zusätzliche Fördermittel für den Stallumbau fordern, und auf der anderen Seite auch an alten Subventionen festhalten. Wer neue Subventionen will, muss auch auf alte verzichten."

Bauernverbände übergeben Forderungen an FDP-Landeschef

Vor dem traditionellen Dreikönigstreffen der Liberalen hatten Vertreterinnen und Vertreter von Bauernverbänden FDP-Landeschef Michael Theurer Forderungen zu den geplanten Subventionskürzungen der Bundesregierung übermittelt. Diese müssten vollständig zurückgenommen werden, hieß es in einer Mitteilung vom Landesbauernverband und dem Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband.

Theurer sagte, er nehme die Sorgen ernst, verwies aber auf Sparzwänge der Bundesregierung. Als Reaktion auf Bauernproteste hatte die Bundesregierung am Donnerstag angekündigt, einen Teil der geplanten Subventionskürzungen zurückzunehmen.

Bauern übergeben Forderungen an FDP (Foto: SWR, Christian Susanka)
Vor dem traditionellen Dreikönigstreffen der FDP haben Vertreterinnen und Vertreter von Bauernverbänden dem Landeschef Michael Theurer vor der Stuttgarter Oper Forderungen zu den geplanten Subventionskürzungen der Bundesregierung übergeben.

Aktivisten stören Rede von FDP-Bundesvorsitzendem Lindner

Klimaaktivisten hatten sich Zugang zur Stuttgarter Oper verschafft und störten das traditionelle Dreikönigstreffen der Liberalen. Sie unterbrachen schreiend die Rede des FDP-Bundesvorsitzenden Lindner und entrollten im Opernsaal ein Transparent mit dem Slogan: "Menschen mitnehmen - Klimaschutz geht nur sozial gerecht." Die Regierung müsse das Klimageld einführen, so die Forderung der Aktivisten. Lindner unterbrach seine Rede und verwies auf den gesunkenen CO2-Ausstoß in Deutschland. Er sagte außerdem, wenn die Organisation Attac nun für das Klimageld werbe, sei dies das erste Mal, dass linke Autonome für das Wahlprogramm der FDP seien.

Eine Auswertung der Denkfabrik Agora Energiewende zeigt, dass 2023 in Deutschland rund zehn Prozent weniger Treibhausgasemissionen als 2022 ausgestoßen wurden. Das ist ein Rekordtief, das die Experten der Lobbyorganisation Agora Energiewende allerdings nur verhalten positiv bewerten: Der Rückgang sei wenig nachhaltig, da er auf eine schlechte Wirtschaftslage zurückzuführen sei. Gehe es mit der Wirtschaft bergauf, steige wahrscheinlich auch der Ausstoß von Treibhausgasen.

Aktivisten demonstrieren beim Dreikönigstreffen der FDP im Opernhaus mit einem Transparent. Darauf steht: "Menschen mitnehmen: Klimaschutz geht nur sozial gerecht"  (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Klimaaktivisten haben sich Zugang zum Dreikönigstreffen der FDP im Stuttgarter Opernhaus verschafft und mit Bannern demonstriert.

Lindner hält an Schuldenbremse fest

Der Bundesfinanzminister bekräftigte außerdem seinen Widerstand gegen ein Aufweichen der Schuldenbremse. Dafür gebe es "zwei starke Verbündete" - die ökonomische Vernunft und das Grundgesetz. Die Zinsen für Kredite seien inzwischen höher als das Wachstum. Das Land halte die Schuldenbremse ein, damit Deutschland "Stabilitätsanker in Europa" bleiben könne, so der Minister. Wenn es einen neuen Finanzierungsbedarf gebe, sei zuerst zu schauen, ob man ihn im regulären Etat durch Umschichtungen decken könne, so Lindner. Die Ausnahme von der Schuldenbremse sei die Ultima Ratio. "Dieser Finanzminister wird keine Entscheidung unterstützen, die neue verfassungsrechtliche Risiken bringt."

BW-Parteivorsitzender Theurer lobt FDP in der Ampel-Regierung

FDP-Präsidiumsmitglied und Baden-Württembergs Parteivorsitzender Michael Theurer rief die Liberalen in seiner Rede zu mehr Selbstvertrauen in der Ampel-Regierung auf. Zudem sprach er Lob aus: Erfolge waren aus seiner Sicht die Erhöhung der Homeoffice-Pauschale und die Senkung der Einkommenssteuer.

Was in der Regierungszusammenarbeit mit der CDU in der Vergangenheit nicht geklappt habe, habe man nun zusammen mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) umsetzen können. Als eine Gefahr für die Demokratie machte Theurer Populisten aus. Er rief dazu auf, die AfD zu stellen. Auch der Landtagsfraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke warnte, ohne die AfD wörtlich zu nennen: "Diese Radikalen" dürften niemals Verantwortung übernehmen.

FDP-Generalsekretär: Parallelgesellschaften in Köpfen beseitigen

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sprach sich beim Treffen der Liberalen für einen stärkeren Kampf gegen Parallelgesellschaften in Deutschland aus. Man müsse bei der Steuerung und Kontrolle der Migration deutlich besser werden, sagte er. Aber man müsse gleichzeitig ein Gefühl entwickeln für die Menschen, die zu uns kommen.

Die Politik müsse alles dafür tun, dass besonders Kinder nicht mit einem ausländischen Bewusstsein aufwüchsen, sondern mit einer inländischen Identität. Bis vor Kurzem habe keiner wahrhaben wollen, dass im Land Parallelgesellschaften existierten, sagte Djir-Sarai. "Wer Parallelgesellschaften in den Städten Deutschlands beklagt, muss erst die Parallelgesellschaften in den Köpfen der Menschen beseitigen."

FDP-Mitglieder stimmten nur knapp für Verbleib in der Ampel

Beim FDP-Mitgliedervotum stimmten 52,2 Prozent dafür, die Regierungsarbeit der Ampel fortzusetzen. 47,8 Prozent wollten das Bündnis beenden. Die Parteiführung ist laut Satzung nicht an das Ergebnis gebunden. Es handelt sich lediglich um ein Stimmungsbild. Lindner hatte den Ausgang der Mitgliederbefragung als klaren Auftrag gewertet, "im Regierungshandeln weiter liberales Profil zu zeigen". Die FDP steckt derzeit in einem Umfragetief - die Werte lagen zuletzt bei um die fünf Prozent.

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Seit mehr als 150 Jahren starten die Liberalen am 6. Januar in Baden-Württemberg politisch in das neue Jahr. 1866 hatte sich ein Vorläufer der FDP, die Württembergische Volkspartei, in Stuttgart zur ersten "Dreikönigsparade" getroffen.

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