Geflüchtete Menschen aus der Ukraine warten vor einem Ankunftszentrum auf den Einlass, auf den große Schilder in blau und gelb, den ukrainischen Nationalfarben, und in dreisprachigen Schriftzügen hinweisen.

Unterbringung Geflüchteter

Landrat: Kreis Ludwigsburg bei Ukraine-Hilfe bald am Ende

Stand
INTERVIEW
Stefan Eich
ONLINEFASSUNG
Sebastian Felser

Eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer sind in diesem Jahr nach Deutschland geflohen. Auch aus anderen Ländern suchen Menschen Hilfe in BW. Die Landkreise kommen an ihre Grenzen.

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs Ende Februar haben die deutschen Behörden knapp eine Million Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Auch die Zahl der Asylbewerberinnen und -bewerber aus anderen Ländern ist zuletzt wieder deutlich gestiegen, rund 115.000 neue Anträge auf Schutz wurden bis Ende August gestellt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und der Länder fragen sich, wie mit den steigenden Zahlen von Menschen auf der Flucht, die in Deutschland Schutz suchen umgegangen werden soll. Der Landrat des Landkreises Ludwigsburg, Dietmar Allgaier, schildert, warum er im Moment kaum noch Möglichkeiten sieht, Menschen in seinem Landkreis unterzubringen.

SWR Aktuell: Bei Ihnen im Landkreis kommen pro Woche zwischen 150 und 200 Flüchtende aus der Ukraine an. Insgesamt haben Sie seit Beginn des Krieges bis jetzt rund 5.800 Menschen aufgenommen. Wo bringen Sie all diese Menschen unter?

Dietmar Allgaier: Wir hatten die Erfahrung gemacht, dass unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffskriegs Ende Februar eine große Welle der Solidarität in der Bevölkerung vorhanden war. Auch private Quartiergeber haben Wohnraum zur Verfügung gestellt. Diese Möglichkeiten sind aber weitestgehend bei uns im Landkreis Ludwigsburg erschöpft - und ich denke, wir sind da nur ein Beispiel. Das ist auch in anderen Landkreisen so. Deswegen haben wir vonseiten der Kommunen, aber auch des Landkreises, mehrere Immobilien erworben oder auch angemietet. Wir haben ganze Hotels angemietet, um die Menschen aus der Ukraine unterzubringen. Wir haben Jugendherbergen angemietet, aber wir kommen jetzt tatsächlich an unsere Kapazitätsgrenzen. Das heißt ganz konkret für den Landkreis Ludwigsburg: Wir müssen bereits die ersten Sporthallen belegen. In einer Kommune unseres Landkreises wird auch die Stadthalle zwischenzeitlich umgebaut in eine Unterbringungsmöglichkeit für die Geflüchteten - wir kommen also mit den Kapazitäten jetzt ans Ende.

"Wir kommen mit den Kapazitäten jetzt ans Ende."

SWR Aktuell: Was fordern Sie jetzt vom Bund - wie soll der Ihnen ganz konkret helfen?

Allgaier: Zum einen ist es höchste Zeit, dass dieser Flüchtlingsgipfel stattfindet. Das war sowohl eine Forderung des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg als auch der kommunalen Spitzenverbände. Der Landkreis-Präsident hat es auch schon gesagt: Ich erwarte vom Bund nicht nur Prognosen, sondern auch eine klare Aussage, wie sich eine faire Verteilung innerhalb der Europäischen Union abbilden kann - auch im Rahmen der Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems - das fehlt noch völlig. Wir haben einen deutlich höheren Zuzug der Geflüchteten aus der Ukraine in die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Bundesinnenministerin Faeser hat auch angekündigt, dass wir die "Balkan-Route" in dieser Form nicht offen halten, weil das einen weiteren, verstärkten und unkontrollierten Zuzug ermöglicht. Außerdem erwarte ich als Landrat eines sehr bevölkerungsreichen Landkreises - der Landkreis Ludwigsburg ist nach der Bevölkerungszahl der zweitgrößte in Baden-Württemberg und der viertgrößte in der Bundesrepublik Deutschland -, dass über das Verteilsystem, den „Königsteiner Schlüssel“, gesprochen wird,. Es muss mehr Flexibilität geben, um dort, wo es noch Wohnraum gibt, diesen auch zu nutzen. Es kann ja auch nicht im Sinne der Menschen, die hier ankommen, sein, dass man sie in Sporthallen unterbringt.

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