Ein Bildschirm zeigt Aufnahmen eines Mädchens im Iran, das per Video bei einer Ärztin in Stuttgart Hilfe sucht. (Foto: SWR)

Gefährliche Hilfe

Giftanschläge im Iran: Ärztin aus Stuttgart versucht zu helfen

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Jennifer Mallmann
Jennifer Mallmann (Foto: Privat)
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Vanessa Sieck
Vanessa Sieck (Foto: SWR)

Aus dem Iran kommen immer wieder Berichte über Giftanschläge an Mädchenschulen. Wer dafür verantwortlich ist, ist unklar. Von Stuttgart aus versuchen Exil-Iranerinnen zu helfen.

Die Giftgasanschläge an Mädchenschulen im Iran lösen auch in Stuttgart große Betroffenheit und Solidarität aus. Seit November letzten Jahres erreichen Sarah Hilferufe von verzweifelten Eltern. Der Name der Ärztin wurde geändert - zu ihrem Schutz. Die Opfer der teilweise lebensbedrohlichen Giftgasanschläge sind junge Mädchen. "Wenn ich die Bilder sehe, kommt ein Gefühl von Frust und Trauer auf", erzählt Sarah.

Preis für ihr Engagement: Keine Heimatbesuche mehr

Sarah, geboren im Iran und als Kind gemeinsam mit ihren Eltern nach Deutschland geflohen, arbeitet nun als Ärztin im Raum Stuttgart. Ein Teil ihrer Familie lebt noch in dem Land, dem sie sich so nah fühlt. Ihre Familie wird sie aber nicht mehr besuchen können. Grund dafür ist ihr Engagement. Seit November bekommt sie immer wieder Nachrichten von Betroffenen, beispielsweise mit Bildern von Hauterscheinungen durch die Giftgasangriffe.

"Frau Freiheit Leben" steht auf der Armbinde einer Ärztin in Stuttgart, die versucht, nach Giftgasanschlägen auf junge Menschen im Iran von hier aus zu helfen. (Foto: SWR)
"Frau Freiheit Leben" steht auf der Armbinde einer Ärztin in Stuttgart, die versucht, nach Giftgasanschlägen auf junge Menschen im Iran von hier aus zu helfen.

Laut offiziellen Zahlen des iranischen Gesundheitsamtes sind 13.000 Mädchen Opfer dieser Giftgasattacken geworden. Wer hinter den Attacken steckt ist unklar. "Die Lage ist total chaotisch. Die Notaufnahmen waren teilweise komplett überfüllt mit Mädchen, die reihenweise eingeliefert wurden", sagt Sarah. "Teilweise war das so, dass Ärzte unter Druck gesetzt werden, dass sie diese Mädchen nicht behandeln dürfen."

Mit 100 anderen Ärzten, Pflegern, Apothekern und Therapeuten engagiert sich Sarah bei ParsiMed. Mittwochs tragen sie schwarze Armbinden in den Arztpraxen mit der Aufschrift "Frau. Leben. Freiheit." – dem Motto der Proteste im Iran. Sie schmuggeln medizinische Hilfsmittel und finanzielle Unterstützung in den Iran. Unter anderem versuchen sie über das Internet, in akuten Fällen von Deutschland aus zu helfen. Doch selbst hierzulande wird Unterstützerinnen gedroht.

"Einige Kollegen von uns wurden schon aktiv bedroht. Sie wurden verfolgt. Ein Freund hat sogar tote Ratten vor seiner Haustür gefunden, mit den Namen seiner Eltern drauf. Die Handlanger des Mullah Regimes sind sehr, sehr nah an uns dran. Von daher sind wir auch sehr, sehr vorsichtig."

Wut der Betroffenen im Iran wächst

Im Iran meiden aus Angst viele Mädchen die Schule. Die Wut der Betroffenen wächst. Eltern protestieren lautstark. Doch noch ist das Regime mächtig, dämmt Proteste gewaltsam ein und erschwert medizinische Arbeit vor Ort. Sarah kämpft weiter, um die Situation der Betroffenen vor Ort zu verbessern - jedoch undercover und auf eigene Gefahr.

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