Ab 2028 soll es im Krankenhaus in Leonberg keine Geburtshilfe mehr geben. Diese soll ins neue Flugfeldklinikum Böblingen-Sindelfingen umziehen. (Foto: Pressestelle, Klinikverbund Südwest)

Das erwartet Patienten in den kommenden Jahren

Reform Klinikverbund Südwest: Leonberg, Herrenberg und Calw verlieren Geburtshilfe

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Katharina Kurtz
Katharina Kurtz (Foto: SWR)

Die grundlegende Umstrukturierung des Klinikverbunds Südwest ist so gut wie beschlossen: Nagold und Böblingen etwa können jubeln, in Herrenberg wird massiv gestrichen.

Die Krankenhäuser in Leonberg, Herrenberg (beide Kreis Böblingen) und Calw werden künftig keine Geburtshilfestationen mehr haben. Das hat der Aufsichtsrat des Klinikverbunds Südwest Mitte November entschieden, aber erst am Dienstag mitgeteilt. Es ist nur einer von vielen grundlegenden Beschlüssen für die Neuausrichtung der insgesamt sechs Krankenhäuser in Herrenberg, Leonberg, Böblingen, Sindelfingen, Calw und Nagold mit insgesamt rund 6.000 Mitarbeitenden. Damit will der Klinikverbund aus den roten Zahlen kommen und sich zukunftsfähig aufstellen.

"Schwierige Rahmenbedingungen haben uns zum Handeln gezwungen. Ohne unser aktives Zutun droht die Privatisierung", sagte der Böblinger Landrat und Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikverbunds Südwest Roland Bernhard (parteilos). "Medizinkonzeption 2030" heißt das Papier, in dem alle Maßnahmen aufgelistet sind.

Kreistage haben das letzte Wort bei Klinikreform

In der Konzeption steht zum Beispiel, dass das noch im Bau befindliche Flugfeldklinikum Böblingen-Sindelfingen Vorzeigekrankenhaus und Maximalversorger werden soll. Im Kreis Calw wird die Klinik in Nagold zum Hauptkrankenhaus ausgebaut. Dagegen wird Herrenberg künftig kein Krankenhaus im klassischen Sinn mehr haben. Das letzte Wort über das Konzept haben die Kreistage in Böblingen und Calw, die Träger des Klinikverbunds Südwest. Eine Entscheidung soll noch im Dezember fallen.

Der Klinikverbund Südwest hat für seine Medizinkonzeption ein "Zielbild" erstellt, wie welcher Standort künftig in die medizinische Versorgung eingebunden werden soll.  (Foto: Klinikverbund Südwest )
Der Klinikverbund Südwest hat für seine Medizinkonzeption ein "Zielbild" erstellt, wie welcher Standort künftig in die medizinische Versorgung eingebunden werden soll.

Krankenhaus Herrenberg wird Gesundheitszentrum

Das Krankenhaus in Herrenberg muss die gravierendsten Einschnitte hinnehmen. Der Standort wird laut dem Aufsichtsrat des Klinikverbunds Südwest ab Mitte 2025 zu einem Gesundheitszentrum mit 120 Betten umgebaut - 40 davon für eine medizinische Basisversorgung. Die Palliativstation wird von 6 auf 20 Betten aufgestockt. Weitere Plätze stehen dann bereit für Altersmedizin und Kurzzeitpflege.

Ein Schild mit der Aufschrift "Klinikverbund Südwest": Der Klinikverbund Südwest will sich durch eine massive Umstrukturierung aus den roten Zahlen herausarbeiten. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / dpa | Franziska Kraufmann)
Der Klinikverbund Südwest will sich durch eine massive Umstrukturierung aus den roten Zahlen herausarbeiten.

Außerdem soll in Herrenberg ein ambulantes OP-Zentrum entstehen. Die Notfallaufnahme werde rund um die Uhr gewährleistet bleiben. Seine Geburtshilfeabteilung soll Herrenberg verlieren - diese geht nach Nagold. Übrig bleiben würde in Herrenberg dann nur eine ambulante Hebammenpraxis.

Keine Geburtshilfe mehr im Krankenhaus Leonberg ab 2028

Heftig umstritten in der Bevölkerung ist auch die Entscheidung des Kliniken-Aufsichtsrats, die Geburtshilfe des Leonberger Krankenhauses ins neue Flugfeldklinikum umzuziehen. Dies soll nach dem aktuellen Beschluss vorausssichtlich im Jahr 2028 der Fall sein.

Ein Rettungshubschrauber steht auf dem Helikopterlandeplatz vor dem  Krankenhaus Leonberg.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Marijan Murat)
Ein Rettungshubschrauber vor dem Krankenhaus Leonberg: Der Der Klinik-Standort soll massiv beschnitten werden.

Bis dahin bleibe das gynäkologische und geburtshilfliche Angebot inklusive des hebammengeführten Kreißsaals in Leonberg erhalten. Außerdem soll das Krankenhaus zu einem sogenannten Grund- und Regelversorger mit knapp 200 Betten weiterentwickelt werden. Das bedeutet, der Klinikverbund will den Schwerpunkt mit Innerer Medizin erhalten und mit Altersmedizin erweitern.

Nagold wird Hauptkrankenhaus im Kreis Calw

Das Krankenhaus in Nagold wird laut Aufsichtsrat zum sogenannten Schwerpunktversorger mit knapp 300 Betten ausgebaut. Das bestehende Angebot soll erhalten oder weiterentwickelt werden. Neu dazu kommt die Geburtshilfe und Gynäkologie, die in Herrenberg und Calw abgebaut wird.

Die Kliniken in Nagold sollen von der Reform profitieren, nachdem dort die Generalsanierung erfolgt ist.  (Foto: SWR, Matthias Neumann)
Die Kliniken in Nagold sollen von der Reform profitieren, nachdem dort die Generalsanierung erfolgt ist.

In Nagold strebt man dann ebenfalls die Zertifizierung zum babyfreundlichen Krankenhaus und einen hebammengeführten Kreißsaal an. Zunächst muss in Nagold aber noch eine Generalsanierung stattfinden.

Notfallversorgung in Calw bleibt erhalten

Calw wird nach Angaben des Klinikverbunds zu einem Grund- und Regelversorger mit rund 170 Betten und bekommt den Schwerpunkt Altersmedizin. Auch eine Basisnotfallversorgung rund um die Uhr wird es geben.

Das Angebot im Klinikum Calw soll in den kommenden Jahren eingeschränkt werden, so die Pläne des Klinikverbunds Südwest. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Marijan Murat)
Das Angebot im Klinikum Calw soll in den kommenden Jahren eingeschränkt werden, so die Pläne des Klinikverbunds Südwest.

Die Gynäkologie und Geburtshilfe aus Calw wird mit der aus Herrenberg zusammengeführt und nach Nagold umziehen. Die spezialisierte Schlaganfallabteilung bleibt zunächst noch in Calw, soll dann später aber auch nach Nagold gehen.

Flugfeldklinikum soll mit Stuttgart und Tübingen konkurrieren

In das neue Flugfeldklinikum, das 2026 die bisherigen Krankenhäuser in Böblingen und Sindelfingen ersetzen soll, setzen die Verantwortlichen große Hoffnungen. Das Flugfeldklinikum wird zum Maximalversorger ausgebaut und soll dann mit den großen Krankenhäusern in Stuttgart und Tübingen konkurrieren können.

Wohl über 600 Millionen Euro  wird das neue Flugfeldklinikum voraussichtlich kosten. Dafür bekommt der Klinikverbund Südwest ein 700-Betten-Haus, das die beiden Kliniken in Böblingen und Sindelfingen ersetzen soll. (Foto: Klinikverbund Südwest)
Wohl über 600 Millionen Euro wird das neue Flugfeldklinikum voraussichtlich kosten. Dafür bekommt der Klinikverbund Südwest ein 700-Betten-Haus, das die beiden Kliniken in Böblingen und Sindelfingen ersetzen soll.

Der Klinikverbund will hier ein neurologisches Zentrum einrichten. Das neue Flugfeldklinikum kostet vermutlich über 600 Millionen Euro.

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