Beleuchtetes Gebäude mit Fahrad davor (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance/Sebastian Gollnow)

Umstrittene Autorin

Antisemitismus-Vorwürfe: Europäischer Dramatikerpreis in Stuttgart wird nicht verliehen

Stand

Das Schauspiel Stuttgart hat die hochdotierte Auszeichnung für die Autorin Britin Caryl Churchill zurückgenommen. Zuvor hatte es scharfe Kritik an der Entscheidung gegeben.

Der mit 75.000 Euro dotierte Europäische Dramatikerpreis wird nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen die Preisträgerin in diesem Jahr nicht vergeben. Das hat das Schauspiel Stuttgart mitgeteilt. Die Jury hatte im April der 84-jährigen Britin Caryl Churchill den "Europäischen Dramatiker:innen Preis" - wie die Organisatoren selbst den Preis bezeichnen - für ihr Gesamtwerk zugesprochen. Er sollte am 20. November in Stuttgart verliehen werden. Wegen Recherchen eines Journalisten-Netzwerks war die Entscheidung aber in die Kritik geraten.

Antisemitismus-Vorwürfe

Der Vorwurf: Die britische Dramatikerin soll sich in der internationalen Israel-Kulturboykott-Bewegung BDS engagiert haben, darüber hinaus tauchen in ihren Werken antisemitische Stereotype auf. Das Stück "Seven Jewish Children" könne antisemitisch wirken, heißt es vom Schauspiel Stuttgart. Daraufhin hatte Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) aufgefordert, die Schirmherrschaft für den Preis zurückzugeben. Die Jury hat sich jetzt entschieden, den Preis in diesem Jahr nicht zu vergeben.

Landesregierung steht hinter Entscheidung

Die Landesregierung habe sich der Empfehlung der Jury angeschlossen, sagte Kunstministerin Petra Olschowski (Grüne).

"Wir tragen in Deutschland eine besondere historische Verantwortung. Deshalb positionieren wir uns als Land klar gegen jegliche Form von Antisemitismus."

Umso mehr könne ein mit staatlichen Mitteln geförderter Preis unter den gegebenen Umständen nicht verliehen werden. Die mit 75.000 Euro dotierte Auszeichnung wird vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert.

Verwendung des Preisgelds noch unklar

Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski gab bekannt, dass das Schauspiel Stuttgart die Entscheidung der Jury nachvollziehen könne und sie unterstütze. Man bedauere den Vorgang zutiefst. Das Schauspiel will nach eigener Aussage noch Gespräche über die Verwendung des Preisgeldes führen.

Zeitgenossen Burkhard C. Kosminski: „Autokraten greifen immer als erstes Kultur und Medien an“.

Wie kann attraktives Theater heute aussehen? Burkhard C. Kosminski lotet das seit 2018 als Intendant am Schauspiel Stuttgart aus. Mehrsprachige und spartenübergreifende Produktionen bereichern den Spielplan. Vor allem junges, aktuelles, zeitgenössisches Theater liegt ihm am Herzen

SWR2 Zeitgenossen SWR2

Stand
AUTOR/IN
SWR