Die Vorsitzenden der Justizministerkonferenz fordern künftig Strafen bei fahrlässigem Umgang mit Missbrauchsfällen in Kirchen, Schulen und Vereinen. Ermöglichen Leiter demnach nach bekannt gewordenen Fällen weitere Taten, weil sie untätig bleiben, soll ihnen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren drohen. "Es geht hier um den Schutz unserer Kinder", sagte der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) am Mittwoch vor der Frühjahrskonferenz in Schwangau im Allgäu.
Gentges: Versagen von Aufsichtspersonen ist "struktureller Bestandteil"
Einen entsprechenden Antrag will Eisenreich (CSU) gemeinsam mit seiner baden-württembergischen Kollegin Marion Gentges (CDU) einbringen. "Das Versagen von Aufsichtspflichtigen ist struktureller Bestandteil des sexuellen Missbrauchs. So müssen wir es auch behandeln", sagte Gentges dem SWR.
Auch der Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Peter Biesenbach (CDU), signalisierte Unterstützung. "Wenn unter den Augen dieser Personen weitere Missbrauchstaten stattfinden, weil sie fahrlässig nichts tun und das pflichtgemäße Handeln die Tat verhindert hätte, müssen sie strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden", sagte der Minister dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstagausgabe).
Missbrauch: Wer untätig bleibt, soll strafrechtlich belangt werden
Der Vorschlag beziehe sich auf "Fälle schweren Versagens" von Aufsichtspersonen, betonte Eisenreich. Strafrechtliche Folgen sollen drohen, wenn Leiter auf fahrlässige Art und Weise handeln oder untätig bleiben - und weiterer Missbrauch "durch pflichtgemäßes Verhalten verhindert oder zumindest erschwert worden wäre". Bisher könnten Aufsichtspersonen strafrechtlich nur belangt werden, wenn sie mit Vorsatz - also absichtlich - Kindesmissbrauch fördern, sagte Eisenreich. Das sei aber nur schwer nachweisbar.
Fälle in katholischer Kirche als Negativ-Beispiel
Als Negativ-Beispiel nannte das bayerische Justizministerium Geistliche, die in der katholischen Kirche auch nach Bekanntwerden von Missbrauchsfällen weiter in der Seelsorge tätig sein durften. Zuletzt hatte auch der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), anlässlich des Katholikentags in Stuttgart gefordert, dass sich die katholische Kirche den Missbrauchsvorwürfen "ohne Wenn und Aber" stellen müsse.