Bei wichtigen Gesetzesvorhaben der Landesregierung sollen in Baden-Würtemberg künftig zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger den ersten Gesetzentwurf mitbestimmen. Der Ministerrat hat am Dienstag die Einführung der sogenannten Bürgerforen beschlossen.
Gesellschaftliche Auseinandersetzungen würden bisher sehr von lautstarken und gut organisierten Verbänden oder anderen Organisationen bestimmt. Jetzt sollten auch stille Bürger zum Sprechen gebracht werden, erklärte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei der Vorstellung des Konzepts.
Zufällig auswählte Bürger sollen mitreden
In den Bürgerforen sollen zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger den ersten Gesetzentwurf diskutieren. Dabei soll darauf geachtet werden, dass das Forum mit Blick auf Alter, Wohnort oder Geschlecht der Teilnehmer ausgeglichen besetzt ist, so die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung Barbara Bosch. Es sei aber auch klar, dass man viele Leute fragen müsse, da etliche auch absagen würden.
Anschließend werde sich die Landesregierung mit den im Rahmen des Bürgerforums erarbeiteten Vorschlägen auseinandersetzen, erklärte das Staatsministerium in einer Pressemitteilung. Dies solle zeitlich parallel zur sogenannten Verbände-Anhörung stattfinden. Erst danach solle beschlossen werden, mit welchen Entwurf die Regierung in das weitere parlamentarische Verfahren geht.
Über die Vor- und Nachteile verschiedener Formen von Bürgerbeteiligung berichtete SWR Aktuell Kontext:
Bürgerforen diskutieren besonders strittige Themen
Den Angaben des Staatsministeriums zufolge hat die Landesregierung die Finanzierung von zwei Bürgerforen pro Jahr beschlossen. Welche Gesetzesvorhaben genau von einem Bürgerforum begleitet werden sollen, werde formal durch die Landesregierung bestimmt, erklärte Staatsrätin Bosch. Welche Themen von hoher Relevanz oder strittig seien, merke man sehr schnell, sagte sie. In der Vergangenheit sei das zum Beispiel der Nationalpark Schwarzwald gewesen.
Erste Erfahrungen mit Bürgerforen gibt es in Baden-Württemberg bereits. In einem ähnlichen Forum hat eine Gruppe aus 55 Bürgerinnen und Bürgern aus dem Land über die Corona-Politik diskutiert und im Januar einen Abschlussbericht vorgelegt.