Christoph Heusgen, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, hält bei der Sicherheitskonferenz sein Abschlussstatement.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sven Hoppe)

Mannheimer Abgeordnete auf Münchner Sicherheitskonferenz

Cademartori: "Besorgte Stimmung und Skepsis über die Zukunft"

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Patrick Figaj
SWR Journalist Patrick Figaj (Foto: SWR)

Die Münchner Sicherheitskonferenz gilt als diplomatisches Highlight. Die Mannheimer Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori (SPD) war erneut dabei. In einer schwierigen Weltlage.

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Hotel Bayerischer Hof treffen sich jedes Jahr die wichtigsten Politikerinnen und Politiker aus aller Welt. Präsidentinnen und Präsidenten, Diplomatinnen und Diplomaten. Es wird diskutiert - und es dürfen Fragen gestellt werden. Das macht das Format nicht immer bequem, aber interessant. Nirgendwo sonst wird so sichtbar, wie die Weltgemeinschaft tickt - und wer welche Ambitionen hat. Mit dabei war in diesem Jahr zum zweiten Mal Isabel Cademartori. Die Mannheimer Sozialdemokratin ist im Bundestag Vorsitzende des Gesprächskreises Lateinamerika und Karibik. Außerdem Mitglied der Parlamentartiergruppe Cono Sur-Staaten, die sich mit Argentinien, Chile, Paraguay und Uruguay im internationalen Austausch beschäftigt.

Im SWR Aktuell Interview spricht sie darüber, wie sie die zurückliegende Sicherheitskonferenz erlebt hat.

SWR Aktuell: Frau Cademartori, was nehmen Sie aus der Sicherheitskonferenz 2024 mit?

Isabel Cademartori: Die Konferenz war natürlich stark vom Tod Nawalnys überschattet. Die Nachricht hat uns unmittelbar vor Beginn der Konferenz erreicht und hat viele Debatten verständlicherweise dominiert. Und das alles hat sich eingefügt in das Gesamtbild einer ziemlich besorgten Stimmung und einer gewissen Skepsis auch über die Zukunft. 

SWR Aktuell: Es war ja auch die Ehefrau des verstorbenen russischen Regimekritikers Nawalny, Julia Nawalnaja, auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Sie hielt eine emotionale Rede. Wie haben Sie das wahrgenommen? 

Cademartori: Ja, alle waren natürlich sehr bewegt und beeindruckt. Nicht, dass wir noch eine Bestätigung brauchten, dass Putin ein grausamer Diktator ist. Aber in dieser Unmittelbarkeit - vor versammelter Weltbühne - war das natürlich ein ganz beeindruckender Moment. 

SWR Aktuell: Trotz dieser furchtbaren Vorzeichen: Nehmen Sie uns kurz an die Hand, wenn man auf dieser Münchner Sicherheitskonferenz ist. Man wird dort eingeladen. Es gibt Gästelisten, auf denen man auftauchen muss, um sich dort austauschen zu dürfen. Wie ist das für Sie? Wenn Sie sich dann zwischen Menschen wie der Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika, Kamala Harris, oder auch dem Bundeskanzler, Olaf Scholz (SPD), bewegen? 

Cademartori: Das ist natürlich beeindruckend. Grundsätzlich ist es ein wahnsinniges Gewusel. Es ist ein relativ kleines Hotel für eine viel zu große Konferenz. Alles ist auf engstem Raum mit sehr berühmten Leuten. Hillary Clinton war auch da. Und ja, Präsidenten und Außenminister aus der ganzen Welt. Und das ist am Anfang etwas überwältigend. Ich war jetzt zum zweiten Mal da. Deswegen wusste ich ein bisschen, was mich erwartet und habe versucht, meinen Aufenthalt in Ruhe zu strukturieren. Es gibt viele vier Augen-Meetings. Tatsächlich ist der größte Teil der Konferenz, dass man versucht, diese geballte Anwesenheit von Menschen aus der ganzen Welt zu nutzen und viele Gespräche zu führen, für die man sonst sehr viel reisen müsste. 

Julija Nawalnaja, Ehefrau von Alexei Navalny, nimmt an der Sicherheitskonferenz teil. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sven Hoppe)
Julia Nawalnaja, Ehefrau von Alexej Nawalny, nimmt an der Sicherheitskonferenz teil. Rund 50 Staats- und Regierungschefs sowie mehr als 100 Minister aus aller Welt waren vor Ort.

SWR Aktuell: Jetzt steht der Krieg in der Ukraine nach wie vor natürlich im Zentrum. Wir schauen voller Sorge in den Nahen Osten. Wir schauen auch auf eine anstehende Wahl in den Vereinigten Staaten von Amerika. Sie persönlich befassen sich sehr viel mit Lateinamerika. Kommen solche Dinge zu kurz auf einer solchen Konferenz?

Cademartori: Die Veranstalter haben versucht, die Perspektive des sogenannten globalen Südens gut einzubauen. Ich fand, dass ist auch tatsächlich besser gelungen als in der Vergangenheit. Dass auf allen wichtigen Panels und Debatten eben nicht nur Außenministerin Baerbock (Grüne) oder Außenminister Blinken aus den USA, sondern eben auch der ägyptische Außenminister dabei war. Also jemand, der dann noch eine andere Perspektive einbrachte. Und das hat die Debatten unheimlich bereichert. Aber eben auch gezeigt, wo die Fraktionen sind.

Für die US-Amerikaner war das, glaube ich, eine ungewöhnliche und auch ungemütliche Konferenz.

Denn die USA standen unter großen Rechtfertigungsdruck, warum sie das letzte Hilfspaket für die Ukraine nicht auf den Weg brachten. Und das war ein zweiter emotionaler Moment, als Selenskyj (Präsident der Ukraine, Anm. der Redaktion) sie direkt adressiert und gesagt hat: Jeder Tag, den sie warten, sterben bei mir Menschen. 

SWR Aktuell: In diesem Umfeld spielt auch die europäische Verteidigungspolitik eine große Rolle. Wie bewerten Sie da die Verhandlungen? 

Cademartori: Europa war leider nicht so stark präsent auf dieser Konferenz, wie wir es uns gewünscht hätten. Aus verschiedenen Gründen hat Europa schon gut vorgelegt, was die Unterstützung der Ukraine angeht. Wie man sich in Zukunft aufstellen kann, um souveräner zu agieren und sich verteidigen zu können, war ein großes Thema. Schon beim letzten Mal und diesmal auch.

SWR Aktuell: Was können Sie denn ganz konkret als Ergebnis aus dieser Konferenz für sich mitnehmen? Also was ist Ihr Arbeitsauftrag, wenn Sie wieder zurückkehren nach Berlin, oder nach Mannheim kommen und sagen, das bringe ich aus dieser Sicherheitskonferenz mit, das platziere ich? 

Cademartori: Also ich hatte persönlich auch ein paar Gespräche mit lateinamerikanischen Verantwortlichen, zum Beispiel aus Argentinien. Dort gab es einen Regierungswechsel und da eben auch noch einmal der ganz dringende Wunsch, das Freihandelsabkommen Mercosur abzuschließen. Es hängt momentan an Frankreich. Und um einen Punkt ganz konkret zu nennen: An französischen Bauern und ihren Protesten, die das verhindern. Und das nehme ich auch noch mal so als Hausaufgabe mit um nach Foren und Möglichkeiten zu suchen, um auch mit den Franzosen dieses Gespräch zu intensivieren.

Ich glaube, dass das auch für unsere Region mit starken und exportorientierten Unternehmen wichtig wäre. Wenn wir dieses große Freihandelsabkommen mit Brasilien, Argentinien und der Europäischen Union endlich nach über 20 Jahren abschließen könnten.

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