Mit selbstgebastelten Pappschildern, darunter eines mit der Aufschrift "Worauf warten?", demonstrieren Teilnehmer einer Kundgebung von Fridays for Future (FFF).

Klimaschutz "in Politik und Gesellschaft angekommen"

5 Jahre Fridays for Future: Wie ein Mannheimer Forscher die Protestbewegung beurteilt

Stand
Autor/in
Wolfgang Kessel
Wolfgang Kessel, Redakteur beim SWR in Mannheim

Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future wird fünf Jahre alt. Ein Mannheimer Protestforscher sagt, die Bewegung habe, Stand jetzt, viel erreicht und brauche einen "langen Atem."

Prof. Dr. Philipp Gassert ist Inhaber des Lehrstuhls für Zeitgeschichte an der Universität Mannheim und forscht über Protestbewegungen. Der SWR hat ihn gefragt, was fünf Jahre Fridays for Future in der Klimaschutzpolitik bewirkt hat. Für Gassert ist ein großer Verdienst der Bewegung, dass "sich der Diskurs verschoben hat."

Mannheimer Forscher Gassert: Klimawandel "politisch angekommen"

Der Klimawandel sei politisch angekommen, so Gassert. Er sei zum Beispiel ein gewichtiger Teil der Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP gewesen. Und natürlich spiele das Thema Klimawandel auch beim Gebäude-Energiegesetz und der CO2-Steuer eine Rolle. Die Bewegung Fridays for Future habe dazu geführt, dass "konkrete gesetzliche Maßnahmen eingeleitet wurden, und vor allem hat sie zur Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft beigetragen".

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Fridays for Future: "Der große Moment ist vorüber"

Mittlerweile könne man den Eindruck gewinnen, dass der Schwung aus der Klimaschutzbewegung Fridays for Future etwas nachgelassen habe. Gassert erklärte dem SWR: "Der große Moment ist vorüber". Es kamen andere Dinge dazwischen, "vor allem natürlich Covid19" und später der russische Angriffskrieg in der Ukraine.

Demonstranten mit Plakaten und Schildern bei Demo von Fridays for Future in Mannheim
Klimaschützer mit Mundnasenschutz bei einer Demo von Fridays for Future in Mannheim, Ende März 2022. (Archivbild)

Themen der Klimaschützer "beschäftigen die Gesellschaft"

Es sei, so Gassert, zunächst ganz normal, wenn eine solche Bewegung einen großen Aufschwung erlebe, mitsamt einer "wahnsinnig intensiven Kommunikationsphase". Irgendwann aber lasse sich das nicht mehr aufrechterhalten. Es sei typisch, dass dann eine Bewegung nach so einem starken Aufschwung zurückfalle. Aber deswegen seien die Themen, die die Klimaschutz-Aktivisten in Bewegung gesetzt hätten "ja nicht aus der Welt". Die Themen seien stattdessen da und sie beschäftigten die Gesellschaft – "und wir streiten darüber".

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Form des Protests für Klimaschutz hat sich teils verändert

Die Formen des Protests haben sich mit Blick auf den Klimawandel in den vergangenen Jahren auch teilweise verändert. Philipp Gassert spricht im SWR über "disruptive (störende) Formen", wie sie zum Beispiel manche Aktivisten der "Letzten Generation" praktizieren. Gassert spricht dabei von einem "Muster von Protestbewegungen". Erst gebe es eine große, breite Masse, die auf der Straße demonstriert, dann "kommt es zu dieser Frustration, weil sich natürlich die Politik oder das gesellschaftliche System nicht so schnell bewegt".

Klimakleber
Sogenannter Klimakleber (Archivbild)

"Klimakleber", die Verkehr stören - sinnvoller Protest?

Frustration könne dann dazu führen, dass der Protest kreativer oder eben "disruptiver" werden kann – wenn zum Beispiel "Klimakleber" den Verkehr stören und Tagesroutinen von Menschen unterbrechen. Wie sinnvoll oder zielführend das ist, sei fraglich, so Gassert.

"Wenn man die Gesamtgesellschaft mitnehmen will, dann ist der breite, friedliche Prozess sicherlich der richtige Weg, weil der eine gewisse Sympathie-Zustimmung bekommt."

Inhalte von Fridays for Future wirken weiter

Das habe sich ja auch in Wahlergebnissen gezeigt, so Gassert. Natürlich komme eine Protestbewegung irgendwann mal an ein Ende. Aber selbst wenn es eines Tages dazu kommt: Die Inhalte der Proteste von Fridays for Future wirkten weiter, so Gassert - "auch dadurch, dass der Klimawandel noch nicht gestoppt ist, sondern sich weiter verschärft". Aber um die konkreten Ziele zu erreichen, brauche es einfach "sehr viele politische Entscheidungen".

"Es braucht sehr viele Menschen, die mitmachen, die handeln und die ihr Leben entsprechend umstellen, auch weil die gesetzlichen Rahmenbedingungen es ihnen erleichtern."

Viele junge Menschen "stark politisiert" durch Klimaschutzproteste

Gassert sagte dem SWR, es gebe eine hohe Zahl junger Menschen, die "durch das Ganze sehr stark politisiert worden sind". Manche säßen ja inzwischen auch schon im Bundestag oder in Länderparlamenten. "Ich hoffe, dass diejenigen, die damals dabei waren, lernen, dass es einfach einen langen Atem braucht, um ein solches Riesenprojekt in einer demokratischen Gesellschaft, die mitgenommen werden will, durchzusetzen", so Gassert.

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