Landtag Baden-Württemberg (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

SPD fordert Unterstützung

Finanzminister lehnt schnelles Entlastungspaket für BW ab

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Drei Entlastungspakete hat der Bund schon beschlossen, das Land hält sich hier bisher zurück. Die SPD-Opposition findet, Kretschmann und Co. sollten sich ein Beispiel an der Ampel nehmen.

Die Folgen des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise für die Menschen in Baden-Württemberg waren am Mittwoch Thema des baden-württembergischen Landtags. Die SPD-Opposition forderte dabei Entlastungen speziell für Baden-Württemberg und verwies auf das Beispiel Niedersachsen. Dort habe die Landesregierung fast eine Milliarde Euro in landeseigene Entlastungsprogramme investiert.

Baden-Württemberg kämpft mit Existenzängsten

Die Debatte zu den Hilfspaketen in der Energiekrise eröffnete SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. "Viele Betriebe haben jetzt weit existenziellere Probleme als in der gesamten Pandemie", sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Er forderte unter anderem Finanzhilfen für die Wirtschaft und Bürgschaften für Betriebe.

Das Land profitiere finanziell von der hohen Inflation über die steigende Mehrwertsteuer. "Es hilft nicht, auf den Bund zu warten oder auf die Oktober-Steuerschätzung. Die wird wieder besser ausfallen als erwartet." Stoch verwies auch auf das SPD-geführte Niedersachen, das schon ein eigenes milliardenschwere Paket geschnürt habe. "Das ist, was ein Land in dieser Krise tun muss", sagte Stoch. "Das ist viel mehr als ein paar nützliche Tipps über Topfdeckel und Waschlappen."

CDU und Grüne sehen Bund in der Verantwortung

Die Koalition aus Grünen und CDU wies die Forderung nach schnellem Handeln zurück. Der Grüne-Finanzexperte Markus Rösler erklärte, das Land müsse abwarten, wie die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über das dritte Entlastungspaket der Ampel-Regierung ausgehen. "Wir müssen zuerst wissen, was auf Bundesebene passiert, bevor wir mit eigenen Mitteln einsteigen", sagte Rösler. Aktuell sei der Landeshaushalt mit großen finanziellen Risiken aufgestellt. Es wäre "unverantwortlich", ein eigenes Paket zu schnüren, ohne zu wissen, wie hoch die finanziellen Belastungen durch das Bundespaket sein werden.

Rösler versprach aber wie sein CDU-Kollege Ulli Hockenberger, dass die Koalition Landeshilfen prüfen werde, sollte das Bundespaket "Lücken und Schwächen" aufweisen. "Wir lassen die Menschen in diesem Land nicht im Stich, auch dieses Mal nicht", sagte Hockenberger. Er sehe den Bund ebenfalls in der Verantwortung, sich konkret zu äußern. Die Krise lasse sich erst danach meistern - und zwar nur gemeinsam zwischen Bund und Ländern. Aus Sicht des Landes halte er es nicht für sinnvoll, jetzt schon in Vorleistung zu gehen.

Kritik und Warnungen von FDP und AfD

Es gebe schon eine Vielzahl von Maßnahmen auf Bundesebene, betonte FDP-Landtagsabgeordneter Stephen Bauer. Allerdings würden diese nur kurz- und mittelfristig wirken und seien wahnsinnig teuer. Er warne ausdrücklich vor eine Überbietungswettbewerb.

Die AfD sieht die Ursache für die Energiekrise in Berlin, da 2011 für das Ende der Kernkraft in Deutschland gestimmt wurde. Eine Lösung für die Energiekrise sei es, die Kernkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen. "Sie riskieren mutwillig einen Blackout in Deutschland", sagte AfD-Landtagsabgeordneter Bernd Gögel. Für alle Bürgerinnen und Bürger müssten Steuerentlastungen eingeführt werden.

Finanzminister lehnt schnelles Entlastungspaket im Land ab

Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz hat ein schnelles, großes Entlastungspaket für das Land abgelehnt. Bund und Länder müssten in dieser schweren Energiekrise gemeinsam handeln, sagte der Grünen-Politiker. "Ich bin davon überzeugt, dass Alleingänge von Bundesländern nicht hilfreich sind", so Bayaz.

In dieser Krise brauche das Land einen langen Atem und müsse finanziell vorsorgen. "Mit Strohfeuern bewältigen wir diese Energiekrise nicht", hielt Bayaz der SPD-Fraktion entgegen, die ein schnelles Entlastungspaket im Land gefordert hatte. Der Minister sagte aber auch: Wenn das Bundespaket "blinde Flecken" habe, sei man bereit nachzusteuern. "Aber gezielt, nicht mit der Gießkanne."

Es sei wichtig abzuwarten, was die Gespräche zwischen Bund und Ländern über das dritte Entlastungspaket ergeben. Hier stünden Kosten für das Land und die Kommunen in Baden-Württemberg in Höhe von 4,8 Milliarden Euro im Raum.

Abwarten bis zu den Steuerschätzungen Ende Oktober

Bayaz will zudem die Ergebnisse der Steuerschätzung Ende Oktober abwarten. Zwar habe das Land bisher 2,5 Milliarden Euro mehr eingenommen als im Haushalt geplant. Doch mittlerweile rechneten alle Wirtschaftsexperten mit einer Rezession. Das könne auch zu Einbrüchen bei den Steuereinnahmen führen. "Die Frage ist nicht, wie viel Geld haben wir mehr, sondern sind wir in der Lage, das Entlastungspaket zu stemmen", sagte Bayaz.

Kritik an der Ampel-Regierung

Die CDU-Fraktion und Bayaz kritisierten, dass die Ampel-Regierung die Länder nicht vorher über die geplanten Entlastungsmaßnahmen informiert habe. Umso wichtiger sei es jetzt, dass sich die Bundesregierung und auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) kompromissbereit bei der Aufteilung der Kosten zeigten, sagte der Finanzminister.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte schon erklärt, dass der vom Bund geplante Anteil für das Land nicht stemmbar sei. Das Land lege zwar im neuen Haushalt einen Puffer von 1,46 Milliarden Euro an. Doch die Anforderung des Bundes würde den Spielraum des Landes in der Krise einschränken und weitere Investitionen erschweren.

Die Ampel hatte Anfang September ein drittes Maßnahmenpaket als Ausgleich für die rasant steigenden Preise vorgestellt, dessen Umfang die Regierung auf etwa 65 Milliarden Euro schätzt. Die Bund-Länder-Runde in der vergangenen Woche war ohne Ergebnis zur Kostenverteilung auf November vertagt worden.

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