Deutschland muss nach Überzeugung des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) gegen die Bürokratie vorgehen. "Wir müssen schneller werden, sonst werden wir ins Hintertreffen geraten", sagte er bei der Regierungspressekonferenz am Dienstag in Stuttgart. So müsse die Energiewende beschleunigt werden, da der Klimawandel immer rascher vorangehe. Der Kampf gegen die Bürokratie werde mit Sicherheit zu den Schwerpunkten seiner dritten Regierungszeit gehören, kündigte Kretschmann an.
Kretschmann: Bund beschließt ohne Folgen zu fassen
Der Ministerpräsident warf dem Bund vor, Beschlüsse ohne Rücksicht auf die bürokratischen Folgen für die Länder zu fassen. Als Beispiel nannte er das Energiegeld, für dessen Ausschüttung in Baden-Württemberg 800 Finanzbeamte ein Jahr lang beschäftigt sein werden. Da das Land nicht 800 neue Stellen finanzieren könne, habe dieser Beschluss die Folge, dass die Menschen in Baden-Württemberg ihre Steuerklärung später bekommen werden. "Den Bund interessiert das keine Bohne", kritisierte der Grünen-Politiker. Er forderte eine dritte Föderalismusreform, um klarer zwischen den Verwaltungsebenen von Bund und Ländern zu trennen.
Ministerpräsident sieht Bürokratie im Bund als Problem 1.000 neue Windräder in BW bis zur nächsten Landtagswahl: Kretschmann winkt ab
Im Koaliationsvertrag wurde festgelegt, dass die Voraussetzungen für 1.000 neue Windräder geschaffen werden sollen. In den ersten drei Monaten 2022 waren es gerade einmal drei.
Kretschmann: Bürgerbeteiligung richtig gestalten
Trotz des Zeitdrucks beispielsweise bei Windparkprojekten wolle man die Bürgerbeteiligung nicht beseitigen, sondern richtig gestalten, betonte Kretschmann. Auf diese Weise würden Verfahren sogar beschleunigt. So sei der Bau der Südlink-Stromtrasse von Schleswig-Holstein in den Südwesten nur in Baden-Württemberg bereits genehmigt und könnte hier sofort begonnen werden.
Steuer auf Kuchenverkauf in Schulen?
Anlass von Kretschmanns Stellungnahme in der Regierungspressekonferenz war die Frage nach einer künftigen Besteuerung von Kuchen, der bei Schulfesten verkauft wird. Auf die Einnahmen von Kuchenverkäufen bei Schulfesten könnte einem Bericht der "Südwest-Presse" zufolge ab 2023 Umsatzsteuer anfallen. Demnach bereiten sich die Schulverwaltungsbehörden im Land derzeit auf Neuregelungen bei der Umsatzbesteuerung öffentlicher Einrichtungen ab 2023 vor.
Regierung will Ausnahmeregelung prüfen
Ein Sprecher des Kultusministeriums verwies laut "Südwest-Presse" auf EU-Recht und sagte, die Änderungen seien leider nicht vermeidbar gewesen. "Aus unionsrechtlichen Gründen war der Bund dazu gezwungen, die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand ab dem Jahr 2023 neu zu regeln." Die Frage der Schulfeste, so eine Sprecherin, sei "regierungsintern noch in Abstimmung". Man wolle, zu einer "praktikablen, bürokratiearmen und rechtssicheren Lösung" kommen. Geprüft werde auch eine Ausnahmeregelung.
Ministerpräsident Kretschmann lehnt die Umsatzsteuer auf Kuchenverkäufe ab. Man könne im Land nur versuchen, diese Regelungen abzufedern und den Bürokratismus des Europarechts zu mindern, sagte er.