Was neulich als Ausflug ins Grüne im Calmbacher Wald bei Bad Wildbad (Landkreis Calw) begann, endete nach einem Bericht mehrerer Menschen mit Pusteln und Blasen am ganzen Körper.
An diesem Abend sei es zu einer Käferinvasion gekommen, bestätigt auch das Landratsamt Calw den Vorfall. Der Verdacht: Der Krainer Scheinbockkäfer könnte für die Pusteln und Blasen verantwortlich sein.

War es der Krainer Scheinbockkäfer?
Dass es sich bei dem Vorfall wirklich um eine Bekanntschaft mit dem Krainer Scheinbockkäfer handelt, bestätigte das Landratsamt Calw auf SWR-Anfrage nicht.
Eine Sprecherin schrieb, bei dem Fall in Calmbach bei Bad Wildbad könne nur vermutet werden, dass es sich um den Käfer handle. Eine genaue Bestimmung sei bei Käfern oftmals nur unter dem Mikroskop möglich.

Dennoch ist es nicht unmöglich, dass die Pusteln durch den Krainer Scheinbockkäfer ausgelöst wurden. Nach Angaben des Calwer Landratsamtes ist die Käferart viel häufiger geworden und tritt gebietsweise sehr zahlreich auf. In der Mitteilung schrieb die Sprecherin dazu: "Im Landkreis Calw kann es durchaus auch ein oder mehrere Vorkommen des Käfers geben. Eine explizite Meldung gab es aber bisher nicht."
FAQ: Die wichtigsten Informationen zum Krainer Scheinbockkäfer
Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten rund um den Käfer:
- Wo ist der Krainer Scheinbockkäfer zu finden?
- Woran erkenne ich den Krainer Scheinbockkäfer?
- Wann ist der Krainer Scheinbockkäfer aktiv?
- Ist der Krainer Scheinbockkäfer gefährlich?
- Wie verhalte ich mich, wenn ich einen Krainer Scheinbockkäfer sehe?
- Gibt es heute mehr Krainer Scheinbockkäfer als früher?
- Welchen Effekt hat der Krainer Scheinbockkäfer auf den Wald?
Wo ist der Krainer Scheinbockkäfer zu finden?
Dass der Käfer in der Region vorkommt, bestätigt auch Olaf Zimmermann. Es sei aber schwierig, ihn nachzuweisen. Zimmermann ist am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) in Karlsruhe seit etwas mehr als zehn Jahren für die Bestimmung von Insekten und Fadenwürmern zuständig.
Grundsätzlich komme der Käfer in Baden-Württemberg natürlich vor - und das schon immer. Das wisse man etwa durch Apps wie iNaturalist oder observation.org, über die Bürgerinnen und Bürger unter anderem Insekten melden können.
Konkret gab es laut Zimmermann etwa Meldungen aus dem Nordscharzwald, Stuttgart, dem Enzkreis, Nordbaden und bis in die Südpfalz. "Dort kann man also damit rechnen, dem Krainer Scheinbock beim Spaziergang mal zu begegnen", fügt Zimmermann hinzu.
Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg - kurz FVA - ergänzt, die Käferart komme vor allem im Rheingraben vor - und dort wohl nicht selten.
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Woran erkenne ich den Krainer Scheinbockkäfer?
Der Käfer ist laut Zimmermann bis zu 1,5 Zentimeter groß und länglich. Er wirkt wie ein winziger Bockkäfer, gehört aber zur Familie der "Scheinböcke". Die Flügeldecken sind demnach dunkelbraun, Kopf und Beine sind hellbraun gefärbt. Laut der FVA hat der Käfer zudem große Augen und lange Fühler.

Das Besondere an dieser Käferart ist nach Angaben des Landratsamtes Calw zudem, dass die Käfer in Gruppen leben. Dabei leben sowohl Männchen als auch Weibchen gemeinsam. Daher sind die Käfer auch an ihrem Schwarmverhalten erkennbar.
Wann ist der Krainer Scheinbockkäfer aktiv?
Grundsätzlich treten die Käfer an Waldrändern und deren Kräuterstreifen auf, erklärt Zimmermann. Der Krainer Scheinbock sei von Mai bis August unterwegs. Dabei sei Mitte Juli seine stärkste Aktivität - und das am ehesten in der Dämmerung, da die Käfer da auf Pollensuche gehen. Laut der FVA werden die Käfer wahrscheinlich von Licht angelockt.
Daher wird laut Zimmermann an warmen Sommerabenden ab und zu von gemeinsamen Flügen berichtet. "Dass er Menschen anfliegt, ist eher ungewöhnlich."
Ist der Krainer Scheinbockkäfer gefährlich?
Laut Zimmermann ist der Käfer pauschal nicht gefährlich. Bisher seien nur wenige Problemfälle gemeldet worden - das zeige, "dass man in der Regel bedenkenlos seine Spaziergänge an einem Sommerabend fortsetzen kann." Komme es wiederholt zu Problemen an stark genutzten Waldwegen, könne darauf mit Schildern hingewiesen werden - ähnlich wie beim Eichenprozessionsspinner.
Laut LTZ-Experte Zimmermann bildet der Krainer Scheinbockkäfer als Abwehrstoff und untereinander als Lockstoff Cantharidin - ein Terpenoid, das sehr giftig ist. Es kommt demnach auch bei Feuerkäfern und Ölkäfern vor, warum einige der Arten umgangssprachlich auch "Blasenkäfer" genannt werden. "Da deutet der Name schon auf die Hautverbrennungen und Blasenbildung hin", fügt Zimmermann hinzu. Je nach Empfindlichkeit ergeben sich schwer heilende Wunden, die vernarben können.
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Wie verhalte ich mich, wenn ich einen Krainer Scheinbockkäfer sehe?
Insekten-Experte Zimmermann rät, ruhig zu bleiben und nicht auf den Käfer einzuschlagen oder herumzufuchteln. Zu einer giftigen Abwehrreaktion kommt es demnach nur bei unmittelbaren Kontakt. Auch von Hummeln und Hornissen werde man erst gestochen, wenn man die Tiere zu sehr störe.
"Man sollte also wenn möglich nicht in Panik geraten, wenn man von dem Käfer angeflogen wird und die Käfer wegpusten oder Ästchen zum Hochkrabbeln anbieten." Die Problemfälle, von denen berichtet wird, sind laut Zimmermann für beide Seiten eine Verkettung ungünstiger Umstände.
Gibt es heute mehr Krainer Scheinbockkäfer als früher?
Der Krainer Scheinbockkäfer breitet sich laut Zimmermann über die letzten 70 Jahre immer weiter aus. "Er wurde in den 1950ern nur an fünf Stellen in Baden gefunden. Inzwischen kommt er im ganzen Rheingraben bis an den Niederrhein vor", führt der Insektenexperte aus. Massenentwicklungen gebe es nur alle paar Jahre. Wie das ausgelöst werde, sei schwer nachzuvollziehen - lokal könne es so aber zu Häufungen kommen.
Verlässliche Daten zum Vorkommen des Krainer Scheinbockkäfers zu bekommen, ist schwierig: Da der kleine Käfer recht unscheinbar ist, geht Zimmermann davon aus, dass er oft übersehen und deswegen gar nicht gemeldet wird. Beim Pflanzenschutzdienst fallen demnach eher die allergieauslösenden Raupen von Goldafter, Wollafter oder dem Eichenprozessionsspinner auf.
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Welchen Effekt hat der Krainer Scheinbockkäfer auf den Wald?
Für den Forst ist der Scheinbockkäfer laut Experte Zimmermann und der FVA keine problematische Art. "Die Käfer gehen in der Dämmerung an Blüten von Seifenkraut und fressen deren Pollen, die Larven kommen an Stümpfen von Kiefern vor."