Der Schock bei Amelie war groß, als ihr geliebtes Rennrad plötzlich weg war. Sie hatte bei einer Freundin in der Karlsruher Innenstadt geschlafen und es ausnahmsweise vor der Tür abgeschlossen. "Eigentlich trage ich mein Fahrrad immer überall rein, weil ich weiß, dass es nicht draußen stehen soll. Vor allem nicht wegen Wind und Wetter, und dass es nicht kaputtgeht", sagt die 22-Jährige.
"Es war abends so kalt, dass ich mir dachte, ich habe jetzt keine Lust, es noch hochzutragen. Jetzt schließe ich es unten an und es wird schon überleben", erinnert sich Amelie. Zurückgeblieben ist lediglich das Kettenschloss, mit dem das Rennrad abgeschlossen war.
Polizei in Karlsruhe machte wenig Hoffnung auf ein Wiedersehen
Den Verlust konnte Amelie zunächst gar nicht begreifen. Für sie ist das Rennrad besonders wertvoll. Zu ihrem achtzehnten Geburtstag hatte die 22-Jährige die Wahl: der Führerschein oder ein Rennrad. Sie entschied sich für den Drahtesel. Seitdem war das Fahrrad ihr Ein und Alles.
Die 22-Jährige ging zur Polizei. Der Beamte vor Ort machte ihr allerdings wenig Hoffnung, ihr Rennrad irgendwann wieder zu sehen. Sie solle in der Stadt die Augen offen halten und regelmäßig bei Kleinanzeigen schauen, ob jemand versuche, das Fahrrad zu verkaufen.
Verkäufer bietet Fahrrad bei Kleinanzeigen an
Es vergingen einige Wochen, bevor Amelie Ende Februar wieder etwas von ihrem Fahrrad sah. Ein Verkäufer bot es auf Kleinanzeigen zum Verkauf an. Die Anzeige bekam Amelie morgens von einer Freundin geschickt.
Die Größe, die Farbe, die Marke, die Ventilkappen, die Klingel neben dem Lenker, jede Macke und auch jede andere Eigenheit haben genau übereingestimmt. Deswegen gab es für die 22-Jährige überhaupt keine Zweifel. "Und dann habe ich bei der Polizei angerufen und meinte, was ich denn jetzt machen soll", erzählt Amelie.
Die brauchte allerdings noch einen Beweis, um in dem Fall eingreifen zu können. Also kontaktierte die 22-Jährige den Verkäufer ihres geklauten Fahrrades. "Der hat mir dann zum Glück irgendwann geantwortet. Es waren schreckliche drei oder vier Stunden, die ich gewartet habe." Sie verabredete sich zu einem Treffen am Abend.
Amelie überprüfte bei Probefahrt die Rahmennummer
Zusammen mit ihrem Vater und ihrem Bruder ist Amelie dann zum vereinbarten Treffpunkt gefahren. "Ich wollte natürlich beide mitnehmen, weil ich mir dachte: Keine Ahnung, wer da gleich auftaucht." Sie und ihr Bruder gingen zusammen zum Verkäufer, ihr Vater wartete um die Ecke.
Dann kam eine Person mit dem Fahrrad angefahren. Amelie gab vor, eine Probefahrt zu machen und überprüfte heimlich die Rahmennummer. Das war der Beweis, den sie gebraucht hatte. Ihr Vater informierte die Polizei, während Amelie zum Verkäufer und ihrem Bruder zurückging.
Als die Polizei vor Ort eintraf, wiederholte Amelie die Geschichte. Am Ende durfte sie ihr Fahrrad direkt mitnehmen. Das war für sie eine große Erleichterung.
In den Wochen, in dem das Fahrrad nicht bei Amelie war, hat es allerdings etwas gelitten. "Die Pedale sind anders und es sind Macken im Fahrrad drin und nicht alle Gänge funktionieren gerade", sagt die 22-Jährige. "Aber im Großen und Ganzen ist es nichts, was man nicht reparieren kann, und ich bin einfach nur froh, dass es wieder da ist." Ob der Verkäufer auch der Dieb war, konnte bisher aber noch nicht ermittelt werden.
Präventionsexperte Michael Ottwaska zeigt, welche Fahrradschlösser den besten Schutz bieten:
Fahrraddiebstähle gehen zurück
Im Jahr 2022 ist in Karlsruhe die Zahl der Fahrraddiebstähle gestiegen, das hat sich inzwischen wieder geändert. "Es gibt einen Trend zu erkennen, dass die Fahrraddiebstähle in den letzten Jahren leicht rückläufig sind", erklärt Michael Ottwaska von der Polizei Karlsruhe. "Die Sicherungstechnik wird immer besser, und die Leute werden auch immer aufmerksamer", nennt der Beamte als Gründe für den Trend.
Um die Gefahr zu verringern, das Fahrrad geklaut zu bekommen, empfiehlt der Präventionsexperte, das Hinterrad und den Rahmen mit einem Schloss an einen festen Gegenstand zu ketten. Optimal sei ein zweites Schloss, mit dem Vorderrad und Rahmen zusätzlich an den Gegenstand angeschlossen werden.
Darüber hinaus sei es wichtig, ein vernünftiges Schloss zu haben. "Stabile Schlösser sind zum Beispiel Faltschlösser aus Metallgliedern oder Stahl, Gliederschlösser oder Bügelschlösser", erklärt Michael Ottwaska. Die seien mit einem Bolzenschneider oder mit einer Drahtschere nicht einfach zu knacken, sondern man brauche dafür schweres Werkzeug wie einen Akku-Trennschleifer.
Präventionsexperte Michael Ottwaska über den Fahrradpass:
Fahrradpass hilft, alle Informationen parat zu haben
Wenn ein Fahrrad geklaut wurde, sollte Anzeige bei der Polizei erstattet werden. Dazu solle man die individuelle Rahmennummer parat haben, die in der Regel beim Tretlager zu finden ist. Hilfreich seien auch noch ein Foto des Fahrrads und eine Beschreibung der Zubehörteile. Um alle nützlichen Informationen leichter zusammentragen zu können, gibt es von der Polizei einen Fahrradpass.
Auch ein GPS-Tracker kann bei der Suche helfen. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) empfiehlt darüber hinaus, das Fahrrad individuell codieren zu lassen. Dabei wird entweder mit einem Sticker oder einer Graviermaschine dauerhaft ein Code am Fahrrad angebracht. Die Buchstaben und Zahlenfolge enthält die verschlüsselte Wohnanschrift des Eigentümers.
Durch den Vorgang fällt der Verkaufswert eines gestohlenen Fahrrads enorm. Die Codierung wirke deshalb abschreckend und helfe, dass die Zahl der Fahrraddiebstähle sinke, schreibt der ADFC auf seiner Website. Codiert werden die Räder entweder vom ADFC, von Versicherungen oder der Polizei.
Aufklärungsquote laut Polizei sehr gering
Die Wahrscheinlichkeit, sein Fahrrad wiederzubekommen, ist allerdings nicht sehr hoch. Die Aufklärungsquote liege etwa bei zehn Prozent, so Michael Ottwaska. Wenn das Zweirad wiedergefunden wird, solle man auf jeden Fall wie Amelie die Polizei einbeziehen und nicht alleine tätig werden.