Die Argentinische Ameise ist eine invasive Art, die sich auch in BW ausbreitet

Eingeschleppte Insektenart

Invasive Argentinische Ameise breitet sich in BW aus

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Nadine Gode

Eine eingeschleppte Ameisenart könnte unser Ökosystem bedrohen. In Heilbronn wurden sie bereits mehrfach entdeckt. Ein bundesweites Problem erwarten Experten aber nicht.

Eine invasive Ameisenart ist in Baden-Württemberg angekommen. Unter anderem in Heilbronn wurde sie gesichtet. Die Argentinische Ameise ist gerade einmal zwei bis fünf Millimeter groß. Damit ist sie deutlich kleiner als einige ihrer Artgenossen. Und dennoch verdrängt sie weltweit einheimische Arten. Für das Ökosystem können solche Arteninvasionen zum Problem werden, weiß Florian Menzel. Er ist Privatdozent an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz und erforscht die Insekten: "Damit ein Ökosystem funktioniert, brauchen wir mehrere Arten. Also eine Biodiversität. Wenn sich eine invasive Art ausbreitet und damit die heimischen Ameisen verdrängt, ist das für das System schädlich."

Doch die Argentinische Ameise kümmert sich wenig um ihr Ökosystem. Als blinder Passagier wurde die Argentinische Ameise vermutlich mit dem Güterverkehr entlang des Rheins auf Handelsschiffen eingeschleppt. Bei den relativ hohen Temperaturen in Baden-Württemberg fühlt sie sich besonders wohl. Die Allesfresser treten in riesigen Massen auf und verschlingen dabei alles, was ihnen bei ihrer Ausbreitung in die Quere kommt. Dabei arbeiten die Ameisen zusammen: "Dadurch, dass sich die Tiere nicht in Kämpfen zwischen den Kolonien verstricken, sind sie ökologisch extrem erfolgreich. Sie können dadurch andere Arten erbeuten oder einfacher gesagt: platt machen", präzisiert Menzel.

In Europa entstand das größte Reich, das Ameisen je errichtet haben

"Der Feind der Ameise, ist meistens eine andere Ameise derselben Art", erklärt Susanne Foitzik. Die Ameisenexpertin forscht ebenfalls an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Tiere aus unterschiedlichen Nestern kämpfen um Territorien. Ob jemand Freund oder Feind ist, erkennen Ameisen am Geruch, denn dieser ist genetisch. "In ihrem Herkunftsland halten sich die verschiedenen Kolonien der Argentinischen Ameise so gegenseitig in Schach", sagt die Wissenschaftlerin.

Anders ist es in Europa. Hier wurde nur ein kleiner Teil einer Population dieser Art eingeschleppt, der sich rasant vermehren konnte. Die Tiere sind so eng miteinander verwandt, dass mehrere Kolonien als eine große Familie agieren: "Sie haben das gleiche chemische Erkennungsprofil. Deswegen können Sie einfach von einem Ameisenhaufen zum anderen ihrer Art laufen und werden aufgenommen", so die Expertin. Dieses Phänomen bezeichnen Experten als Super-Kolonie. Menzel ordnet ein, welches Ausmaß das im Falle der Argentinischen Ameise annehmen kann:

"An der Küste des Mittelmeers hat sich in den letzten Jahren eine solche Super-Kolonie gebildet. Sie reicht von der Costa-Brava in Spanien, über die komplette südfranzösische Küste bis nach Norditalien."

Über eine Länge von knapp 6.000 Kilometer erstreckt sich diese Kolonie und bildet damit das größte Reich, das je von Ameisen errichtet wurde. Natürliche Feinde und Krankheiten bleiben vorerst aus, wenn die Ameisen eingeschleppt werden. So konnte sich die invasive Art dort bislang rasant ausbreiten.

Eine Ameisenkolonie in Argentinien
Normal halten sich die Ameisen gegenseitig in Schach. Die nach Europa eingeschleppten Tiere sind jedoch eng verwandt und bilden riesige Kolonien. (Symbolbild)

Gärtnereien häufig Ausgangspunkt für Verbreitung

So weit ist es in Deutschland noch nicht, allerdings sind die Tiere auch hier immer häufiger verbreitet. "Tatsächlich sind Gärtnereien häufig ein Ausgangspunkt für die Verbreitung", sagt Foitzik. In der aufgelockerten Erde von eingeführten Pflanzen fühlen sich die Krabbeltiere besonders wohl. Das mache es der Ameise leicht, sich weiter auszubreiten. Durch den Verkauf der Pflanzen gelangen die Argentinischen Ameisen dann auch in Wohngebiete.

Wie geh ich gegen Argentinische Ameisen vor?

Immer häufiger werden sie dort auf Terrassen oder in Gärten entdeckt. Dort lassen sie sich nur schwer bekämpfen. Denn wer Köder auslegt, riskiert damit auch die heimischen Arten zu dezimieren. Auch lassen sich die argentinischen Artgenossen mit einem ungeschulten Auge nur schwer von den heimischen unterscheiden. Wen die Krabbeltiere im eigenen Umfeld stören, dem rät Experte Menzel: "Es gibt Ameisenschutzwarten. Da sollten Sie Bescheid geben. Das ist erstmal das Wichtigste, und dann kann man schauen, was man dagegen tut. Bevor Sie Arten bekämpfen, die gar keine eingeschleppten sind." Die Experten der Deutschen Ameisenschutzwarte unterstützen bei der Artenbestimmung und beraten bei weiteren Schritten der Bekämpfung.

Einen natürlichen Weg empfiehlt auch Foitzik. "Die Ameisen gehen gerne in ein Erdreich, was dauernd umgegraben wird. Dort können sie sich besonders stark vermehren. Es hilft also, eine Wildwiese auszusähen und einfach mal nicht umzugraben."

Experten befürchten keine großflächige Ausbreitung in Deutschland

Mit einer massiven Ausbreitung rechnen die beiden Experten in Deutschland nicht, auch wenn der Klimawandel in Zukunft neue Lebensräume für die Argentinische Ameise eröffnen könnte. "Die Argentinische Ameise bevorzugt eher mediterrane Klimaverhältnisse", erklärt Wissenschaftlerin Foitzik. "Deshalb gehe ich nicht davon aus, dass sie sich komplett in Deutschland ausbreitet. Starken Frost kann sie nicht ab." Auch Feuchtigkeit könnte Einfluss auf die Ausbreitung haben, vermutet Menzel: "Sie sind momentan eher in Küstenregionen des Mittelmeers zu finden und scheinen nicht in das Landesinnere zu gehen."

Die Befürchtungen des Bundesamts für Naturschutz teilen die Experten momentan noch nicht. Doch ganz verschwinden werden sie aus Deutschland wohl auch nicht mehr. „Wenn sie erstmal da sind, zeigen alle Untersuchungen, dass wir sie nicht mehr so leicht loswerden. Wir müssen lernen, mit ihnen zu leben“, sagt Foitzik.

Überwintern könnten die Argentinischen Ameisen im Komposthaufen, wo es auch im Winter noch warm bleibt. In Heilbronn scheint die Flucht vor der Kälte einige Krabbler auch in das Hausinnere zu treiben. Das sei allerdings ein eher untypisches Verhalten, resümiert die Expertin.

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