Der Bodensee ist als Dreiländerregion ein beliebtes Reiseziel, in kurzer Zeit kann man sowohl seine deutsche als auch österreichische und schweizerische Seite besuchen. Nicht nur für Touristen ist die Region spannend, immer wieder erwischt der Zoll auch Menschen mit Schmuggelware auf dem See. Doch wie arbeitet der Zoll auf dem See? Und was wird dort eigentlich geschmuggelt?
Außergewöhnliches Einsatzgebiet Bodensee
Der Standort Bodensee ist für den deutschen Zoll besonders. Denn hier arbeiten die Beamten nicht nur am Flughafen, sondern kontrollieren auch den Bodensee als internationale Grenzregion. "Unsere Existenzberechtigung hier am See ist die Schweiz", erklärt Gebhard Staib, Zollkapitän aus Friedrichshafen. Denn die Europäische Union muss ihre Außengrenzen bewachen.
Eine Überwachung auf dem Wasser sei schwieriger als an Land, erklärt Staib. Das liege vor allem an den großen Flächen und dem Nebel, der oft auf dem See herrscht. Deshalb habe die Bundeszollverwaltung entschieden, vier Zollschiffe auf dem Bodensee einzusetzen, zwei davon in Friedrichshafen. Alle Zollbeamten im Team Standort Friedrichshafen müssen Schiffspatente haben, es gibt auch Schulungen zur Schiffstechnik.
SWR-Reporterin Marlene Fuchs ist auf einem Zollboot mitgefahren. So sieht es dort aus:
Breites Aufgabengebiet
Das Aufgabenspektrum des Wasserzolls am Bodensee ist breit. Auch wenn es der Name "Wasserzoll" nicht direkt vermuten lässt, unterstützt das Friedrichshafener Zollteam auch den Flughafen Friedrichshafen bei Personenkontrollen. Im Sommer rückt für den Wasserzoll noch eine weitere Aufgabe in den Fokus: Seenotrettung.
Alle auf dem Bodensee müssen retten helfen, es werden auch Einsätze gemeinsam mit den anderen Einsatzkräften wie DLRG und Polizei geübt. "Bei der Schifffahrt gehört die Rettung grundsätzlich immer dazu. Nicht nur als Behörde, sondern auch als privater Schiffer", erklärt Staib. Zusammenarbeit gibt es auch mit dem Zollboot-Team in Konstanz. Sie fahren zusammen den ganzen See ab und sind ständig aufmerksam.
Fokus auf privaten Booten
Ein Schwerpunkt der Zollarbeit liegt aber auf der Kontrolle von Booten auf dem See: "Boote können natürlich auf dem Wasserweg eingeführt werden", erklärt Staib. "Der See ist groß, der Tag hat 24 Stunden - das zu überwachen ist natürlich schwierig."
Noch sei noch nicht viel los mit privaten Booten auf dem See - aber im Sommer sei es wie eine weiße Wand aus Segeln, da müsse man durchnavigieren können, erzählt der Kapitän. Er und sein Team sind deshalb immer wachsam, beobachten die Schiffe und achten auf neue Bauteile, zum Beispiel Segel: Wurden diese vielleicht in der Schweiz gekauft und dann nicht verzollt? Das Fernglas ist ein wichtiges Hilfsmittel.
Geschmuggelte Boote: Kennungen einfach übermalt
An einen Fall kann sich Kapitän Staib noch besonders gut erinnern. "Da hat eine Firma versucht, Boote aus der Schweiz als sogenannte Rückware nach Deutschland zu bringen". Die Täter hätten falsche Kennungen an den Booten angebracht und beim Zoll alte Bootspapiere vorlegt. Es sollte der Eindruck entstehen, dass die Boote längere Zeit im Ausland waren und nun wieder nach Deutschland zurückgebracht werden, erinnert sich Staib. Dieser Fall sei für ihn spannend gewesen, weil die Ermittlungen länderübergreifend stattfanden und internationale Behörden involviert waren. "An den Fall erinnere ich mich gerne, der hatte Qualität."
Am Zoll vorbeigesegelt
Fälle wie dieser kommen am Bodensee immer wieder vor. Zollbeamte haben erst kürzlich am Hafen von Friedrichshafen ein Segelboot nachversteuert. Den Zöllnern fiel auf, dass die Schweizer Kennung überlackiert war, sodass der Verdacht bestand, das Schiff könnte unverzollt in die EU gelangt sein.
Nach Ermittlungen des Zolls beim 43-jährigen Halter des Bootes aus dem Ostalbkreis kam zutage, dass dieser das Schiff bereits im Jahr 2016 für 18.000 Euro in der Schweiz gekauft und über den Bodensee in die EU gesegelt hatte, ohne die Einfuhrverzollung anzumelden. Die Kennung hatte er danach übermalt. Nun musste der Mann knapp 3.800 Euro Zoll und Einfuhrumsatzsteuer nachzahlen.
Ungewöhnliche Schmuggelware
Auch an Land ist der Zoll rund um den Bodensee aktiv. Immer wieder stoßen sie dabei auch auf kuriose Schmuggelware. Auf Anfrage des SWR teilte das Hauptzollamt (HZA) Ulm einige Entdeckungen aus den Jahren 2023 und 2024 mit:
- Neben Zigaretten und Alkohol wurden in einem Kuriertransporter 4.444 Kleiderbügel entdeckt. Bei der Nachverzollung mussten über 1.000 Euro gezahlt werden.
- 38.000 Euro Nachzahlung: Weil jemand einen BMW X5 über Österreich nach Osteuropa schmuggeln wollte, musste eine hohe Summe bezahlt werden. Autoschmuggel kam 2023 laut HZA Ulm oft vor.
Neben Autos geht es auch oft um Schmuck und Drogen, die illegal über die Grenze gebracht werden. Insgesamt haben Schmuggel sowie Marken- und Produktpiraterie in der Region zugenommen, das geht aus der Jahresbilanz des HZA Singen zu 2023 hervor.
Mehr zur Jahresbilanz des HZA Singen lesen Sie hier:
Mehr geschmuggelte und gefälschte Waren Hauptzollamt Singen nimmt 2,7 Milliarden Euro Steuern ein
Das Hauptzollamt Singen hat im vergangenen Jahr rund 2,7 Milliarden Euro Steuern eingenommen. Laut Jahresbilanz nahmen Schmuggel sowie Marken- und Produktpiraterie zu.
Die Geschichte des Schmuggels am Bodensee: die Konstanzer Schmugglerbucht
Schmuggel gab es am Bodensee schon immer. In einer Grenzstadt wie Konstanz ist es nicht verwunderlich, dass vor allem im 19. und 20. Jahrhundert mit dem Entstehen der Nationalstaaten das Umgehen von Zollvorschriften ein Dauerthema war. Spektakulär war eine Jagd auf Schmuggler im Herbst 1912. Der Fall ist auch in einem Buch zur Stadtgeschichte von Konstanz erwähnt. Es handelte sich um eine Züricher Zuckerschmuggelbande.
Wahrscheinlich hat die Schmugglerbucht damals ihren Namen erhalten, weil dort des öfteren Waren aus der Schweiz in das Deutsche Reich geschmuggelt wurden, heißt es von der Stadt Konstanz. Der Schmuggel blühte dann vor allem auch nach der Grenzschließung mit Beginn des Ersten Weltkriegs, dann wieder nach Kriegsende - insbesondere in der Inflationszeit - und wiederum nach dem Zweiten Weltkrieg. Schmuggeln war ein Dauerthema in Konstanz und so verwundert es nicht, dass die Schmugglerbucht eben in diesem Zusammenhang ihren Namen erhielt.