Bis Sonntag läuft noch die Messe Tuning World Bodensee. Viele der erwarteten rund 80.000 Besucher und Besucherinnen haben selbst getunte Autos. In den Tagen rund um die Messe kontrolliert die Polizei darum in Friedrichshafen und in der näheren Umgebung, ob diese oftmals tiefergelegten und mit Heckspoilern oder speziellen Auspuffanlagen ausgestatteten Fahrzeuge auch regelkonform unterwegs sind.
Am Donnerstag wurden bei einer Kontrolle an der B31 bei Eriskirch mehrere Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen, so der Ravensburger Polizeipräsident Uwe Stürmer. Auch Drogenbesitz und Alkoholkonsum werden kontrolliert sowie die Geschwindigkeit. Unterstützt werden die Beamten des Polizeipräsidiums Ravensburg dabei von Kolleginnen und Kollegen aus Bayern und Österreich. Natürlich würden auch unauffälligere Fahrzeuge stichprobenartig überprüft, so der Polizeipräsident.
Mehr Autos auf dem Gelände als je zuvor erwartet
Mehr als 1.500 Wagen, rund 850 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Zehntausende Gäste werden in Friedrichshafen noch bis Sonntag erwartet. "Wir haben traumhaftes Vatertagswetter und viele Besucher mit glücklichen Gesichtern", sagte Projektleiter Dirk Kreidenweiß am Donnerstag.
Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause würden "mehr Autos auf dem Gelände als je zuvor" ausgestellt. Wegen des Andrangs rechne man mit vollen Straßen rund um Friedrichshafen.
Wegen Sexismus-Vorwürfen: Kein "Miss Tuning"-Wettbewerb mehr
Die Tuning World Bodensee hat sich verändert, weil die Veranstalter mit der Zeit gehen wollen. So wird es in diesem Jahr keinen "Miss Tuning"-Wettbewerb mehr geben, deren Gewinnerinnen in den vergangenen Jahren stets leicht bekleidet für einen Kalender mit Autos fotografiert wurden. Die Darstellungen hatten der Messe in der Vergangenheit wiederholt Sexismus-Vorwürfe eingebracht.
"Das Thema ist nicht mehr zeitgemäß", sagte Projektleiter Kreidenweiß. Bei vergleichbaren Veranstaltungen seien solche Abbildungen inzwischen auch weitgehend verschwunden. "Inzwischen sitzen die Frauen eher im Hoodie im Auto und schrauben selbst", betonte Kreidenweiß. Die Reaktionen auf das Aus des Wettbewerbs bezeichnete er als "gemischt". Manche Tuning-Fans hätten den Wegfall kritisiert. "Aber das Gros der Szene hat gesagt: Es ist an der Zeit, bei uns geht es ums Auto." Die Entscheidung sei deshalb vor gut eineinhalb Jahren gefallen und werde auch nicht zurückgenommen.
Neu sind Elektroautos auf der Tuning World Bodensee
Angekommen auf der Messe sind stattdessen inzwischen Elektroautos. "Wir haben die ersten Teslas hier, die ein neues Fahrwerk reinbekommen haben", sagte Kreidenweiß. Allerdings seien die meisten getunten Wagen auf der Messe zwischen acht und 30 Jahren alt, daher handle es sich überwiegend um Verbrenner. "Aber wenn ich an so einem alten Auto weiter herumschraube, ist das ja auch in einem gewissen Sinne nachhaltig", so Kreidenweiß.
Kritik von Bürgern: "Sinnlos laute Fahrzeuge" machen zu viel Lärm
Kritik gab es an der Messe im Vorfeld der Eröffnung dennoch. Der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt (CDU) schrieb auf Facebook, Bürgerinnen und Bürger beschwerten sich nicht nur am Bodensee seit Jahren "völlig zu Recht darüber, dass getunte, sinnlos laute Fahrzeuge Lärm in unsere Städte bringen". Mit der Tuning World "eine solche Szene und die zugehörige Industrie auch noch mit öffentlichen Mitteln" zu fördern, halte er "persönlich für komplett falsch".
Tuning World-Projektleiter Kreidenweiß wies die Kritik zurück. "Die Tuner, die hier unterwegs sind, distanzieren sich ganz klar von Posern. Ein Fußballfan ist auch nicht automatisch ein Hooligan", so Kreidenweiß. Den meisten Tunern seien ihre Autos "heilig", sagte der Projektleiter. "Die stehen hauptsächlich in der Garage, weil daran gebastelt wird." Der Konstanzer Oberbürgermeister sei eingeladen, auf der Messe selbst mit Besuchern und Ausstellern zu sprechen. "Der Beitrag zeigt mir, dass er die Szene nicht genau kennt."
Automobilbranche zufrieden mit Corona-Jahren
Die hohe Nachfrage nach Spoilern, tiefergelegten Fahrwerken, breiten Reifen und anderem Tuning-Zubehör sorgte nach Branchenangaben für einen hohen Umsatz. Der Verband der Automobiltuner schätzt ihn deutschlandweit auf etwa 800 Millionen Euro pro Jahr. Tendenz steigend, so Harald Schmidtke, Geschäftsführer beim Verband der Automobiltuner, auf SWR-Anfrage.
Besonders beliebt sind sportlich aussehende Rad-Reifen-Kombinationen. Danach folgen Fahrwerks-Veränderungen, Sportauspuffanlagen und Karosserieteile. Veränderungen am Fahrzeug, die zu mehr PS unter der Haube führen, stehen nach Verbandsangaben erst auf Platz fünf. Auto-Tuning sei etwas für Menschen, die das Individuelle lieben, sagt Schmidtke. Ihm gefällt der Vergleich vom Maßanzug mit dem Kleidungsstück von der Stange gut. "Unsere Autos sind nicht von der Stange. Unsere Autos sind individuell", so Schmidtke.