Auf einem Bauernhof in Berg bei Ravensburg gibt es ab Donnerstag einen Schulunterricht der besonderen Art: Dort unterrichten fünf Lehrerinnen und Lehrer 25 Grundschüler so oft wie möglich unter freiem Himmel in Deutsch, Mathe und anderen Fächern. Die Freie Naturschule Ravensburg erhielt dafür eigenen Angaben zufolge erst kürzlich die Genehmigung durch das Regierungspräsidium Tübingen.
Kinder sollen spielerisch mit- und voneinander lernen
Der Schulleitung zufolge soll der Unterricht nicht nur in der Natur stattfinden, sondern auch unter besonderen pädagogischen Vorzeichen. Als "Draußenschule" knüpfe das Konzept an das der Waldkindergärten an. Die Kinder sollen in ihrem individuellen Tempo lernen, mit- und voneinander, und im Einklang mit der Natur. Dadurch könnten sie diese auch als schützenswert erleben, heißt es auf der Homepage der privaten Schule.
Betreuung durch Lernbegleiter und -begleiterinnen
Betreut werden die 25 Kinder in Kleingruppen. Eine Gruppe besteht einer Sprecherin zufolge aus fünf Kindern der Klassenstufen eins bis vier. Die Kinder sind also unterschiedlich alt. Betreut wird jede Gruppe von zwei ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern, Lernbegleiter genannt. Sie sollen die Wissensvermittlung auf die individuelle Entwicklung der Kinder abstimmen. Es gebe Kinder, für die der Lernstoff der ersten Klasse schon langweilig, der Stoff der Folgeklassen vielleicht interessanter sei, so eine Sprecherin der Naturschule. Umgekehrt gebe es ältere Kinder, denen es gut tue, Stoff aus unteren Klassen nochmals aufzufrischen.
Keine Noten, aber Dokumentation der Lernfortschritte
Trotz des pädagogischen Ansatzes gilt in der Naturschule der Bildungsplan des Landes. "Wir müssen den Stoff vermitteln, den staatliche Schulen auch vermitteln", sagte eine Lernbegleiterin der Schule. Man versuche dies aber auf spielerische Art und Weise und mit starkem Augenmerk auf den Entwicklungsstand der Kinder. Der Lernfortschritt eines jeden Kindes werde wöchentlich dokumentiert. Noten gebe es keine. Zudem werde das Lernkonzept von einem Erziehungswissenschaftler aus Mainz wissenschaftlich begleitet.
Viele Anmeldungen für wenig Plätze
Anmelden können Eltern ihre Kinder über die Homepage der Schule. Dafür müssen sie dem Schulträger zufolge ein Motivationsschreiben einreichen, warum sie ihr Kind für die Naturschule anmelden möchten. Und die Nachfrage sei groß, so die Sprecherin. Man habe wesentlich mehr Anmeldungen bekommen, als man Plätze habe. Ziel sei es daher - sofern das Konzept funktioniere - das Angebot auszubauen und in Zukunft auch ältere Kinder bis zur siebten Klasse an der Freien Naturschule Ravensburg unterrichten zu können.
Unterricht kostet Geld
Da es sich bei der Freien Naturschule Ravensburg um eine Privatschule in Form eines gemeinnützigen Vereins handelt, muss Schulgeld bezahlt werden. Laut der Schulleitung sind es fünf Prozent vom Jahresnettoeinkommen der Eltern, ähnlich wie bei Waldkindergärten. Dabei wollten die Initiatoren – gut 20 Eltern aus dem Raum Ravensburg – den Unterricht ursprünglich kostenlos anbieten. Das aber sei nicht zu stemmen. Vielmehr brauche man zum Schulgeld noch Spenden, um arbeiten zu können, heißt es.
Über 200.000 Euro kamen bereits zusammen, während der dreijährigen Gründungsphase der Schule. Für den fortlaufenden Betrieb seien aber weitere Gelder nötig. Die Rede ist von 350.000 Euro für die ersten drei Jahre Schulbetrieb.
Schulform ist einzigartig in Oberschwaben
In Baden-Württemberg gibt es gut fünf Naturschulen, darunter eine in Isny im Allgäu. Sie setzt ebenfalls auf viel Aktivität in der Natur. Bei der Freien Naturschule Ravensburg allerdings sollen die Kinder noch öfter hinaus. Man weiche nur bei zu schlechtem Wetter auf Räume des Bauernhofs aus, so eine Sprecherin der privaten Schule. Sie ist bislang die einzige Naturschule in Oberschwaben.