Freiwillige Feuerwehr in Edingen-Neckarhausen (Rhein-Neckar-Kreis) bei einer Übung.

Durststrecke beendet

Wieder mehr Nachwuchs bei der Freiwilligen Feuerwehr in BW

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Lange Zeit haben die Freiwilligen Feuerwehren in Baden-Württemberg an Nachwuchsmangel gelitten. Jetzt scheint sich die Lage zu bessern. Besonders eine Gruppe holt auf.

Nach Jahren des Nachwuchsmangels verzeichnen die Freiwilligen Feuerwehren in Baden-Württemberg wieder Zuwachs im Jugendbereich. Dies geht nach SWR-Informationen aus Zahlen des Innenministeriums zum Internationalen Tag der Feuerwehrleute am 4. Mai hervor.

Jugendarbeit macht sich bezahlt

Mit mehr als 35.000 Mitgliedern verzeichnen die Jugendfeuerwehren in Baden-Württemberg ein Plus von 13,5 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Besonders deutlich ist der Anstieg bei den Mädchen im Alter zwischen 6 und 17 Jahren mit 47 Prozent.

Den Zuwachs bestätigt auch Martin Scheerer. Er ist Sprecher der Feuerwehr Markdorf (Bodenseekreis) und des Kreisfeuerwehrverbandes Bodenseekreis. Nach der Corona-Pandemie könne man die Grundausbildungen wieder wie gewohnt durchführen. Für die Feuerwehrleute sei es deshalb wieder attraktiver, mitzumachen.

Der Feuerwehrverband Baden-Württemberg erklärt sich den großen Zulauf an Jugendlichen vor allem damit, dass die Feuerwehren verstärkt bereits auf die ganz Jungen zugehen. "Die Kinderfeuerwehren schießen wie Pilze aus dem Boden", erklärte Andreas Wersch, selbst seit mehr als 40 Jahren bei der Feuerwehr und Sprecher des Feuerwehrverbands in Baden-Württemberg.

Bei den Kinderfeuerwehren könnten bereits Kinder ab sechs Jahren mitmachen und würden spielerisch an das Thema herangeführt. "Die kriegen natürlich noch keinen Feuerlöscher in die Hand gedrückt", sagte Wersch. Wenn man Jugendliche erst mit 14 Jahren ansprechen würde, seien sie schon im Fußballverein oder in der Musikschule aktiv und hätten keine Zeit mehr für die Feuerwehr, sagte Wersch.

Immer mehr Frauen und Mädchen in der Feuerwehr

Verbandssprecher Wersch nannte die Feuerwehr aufgrund der Personalentwicklung eine "Insel der Glückseligen". Auch dass immer mehr Frauen sich engagierten, findet er gut.

"Das hat allgemein unserem Umgangston sehr gut getan."

Einer Männerdomäne täte es gut, wenn Frauen dabei seien. Es brauche auch Frauen, weil sich insgesamt immer weniger Menschen ehrenamtlich engagierten, die Konkurrenz unter den Freizeitbeschäftigungen wachse, so Wersch. Und: "Frauen haben bewiesen, dass sie das genauso gut können wie Männer." In seiner eigenen Feuerwehr in Kernen (Rems-Murr-Kreis) seien derzeit nur acht Frauen unter 110 Einsatzkräften.

Wersch klagte aber auch über eine zunehmende Überfrachtung der Feuerwehren mit Aufgaben und steigenden Einsatzzahlen. Die Politik müsse bei Firmen für Flexibilität werben, wenn es darum gehe, Mitarbeitern, die bei der Feuerwehr sind, Einsätze und Ausbildungen zu ermöglichen, sagte Wersch. Auch aufgrund des Fachkräftemangels werde das in den kommenden Jahren zunehmend zum Spagat, warnte er.

Land Baden-Württemberg fördert den Nachwuchs

Laut Innenministerium gibt es derzeit mehr als 110.000 ehrenamtliche Feuerwehrleute in Baden-Württemberg - darunter 7.700 Frauen. Das Land fördere den Feuerwehrnachwuchs mit einer Pauschale in Höhe von 40 Euro für jedes Mitglied.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach im SWR von einer sehr erfreulichen Entwicklung, insbesondere vor dem Hintergrund von Corona-Einschränkungen und Angriffen auf Einsatzkräfte.

"Mit unserer starken ehrenamtlichen Feuerwehrstruktur haben wir in Baden-Württemberg ein außerordentlich erfolgreiches Modell", lässt Strobl mitteilen. Mit dem für den Katastrophenschutz zuständigen EU-Kommissar Janez Lenarčič sei er sich einig: Das Ehrenamt, das in Baden-Württemberg im Bevölkerungsschutz und gerade auch bei den Feuerwehren so ausgeprägt und gewachsen sei, sei eine Erfolgsgeschichte. 

Überlegungen zum europäischen Katastrophenschutz

Es sollte auch bei den Überlegungen zur künftigen Aufstellung des Bevölkerungsschutzes auf europäischer Ebene mitgedacht werden und eine Rolle spielen, so Strobl weiter. "Der Vorteil der ehrenamtlichen Strukturen liegt in der Vielzahl der verfügbaren Einsatzkräfte, die landesweit flächendeckend in allen Gemeinden jederzeit vorhanden sind. Die Erfahrung aus Krisen zeigt uns, dass im Ernstfall vor Ort viele Helferinnen und Helfer benötigt werden", so der Innenminister.

"Mit hauptamtlichen Strukturen wäre solch ein umfassendes Hilfsangebot gar nicht möglich."

Ehrenamtskarte wird in Modellregionen getestet

Innenminister Strobl verwies außerdem auf die vom Land beschlossene Ehrenamtskarte, die die jetzt in den Pilotbetrieb gehe. Damit erhielten ab diesem Sommer die vielen freiwillig Engagierten zunächst in vier Modellregionen Vergünstigungen bei Kooperationspartnern wie etwa in Schwimmbädern oder Museen und Theater, so Strobl.

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