Proteste verhinderten den Politischen Aschermittwoch der Grünen in Biberach. (Foto: SWR, Johannes Riedel)

Ermittlungen wegen Ausschreitungen an Aschermittwoch

Proteste in Biberach: Kretschmann bereut, nicht vor Ort gewesen zu sein

Stand

Ministerpräsident Kretschmann sieht es rückblickend kritisch, dass er aus Sicherheitsgründen nicht nach Biberach fuhr. Wegen der Ausschreitungen ermittelt nun die Staatsanwaltschaft.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hält es im Nachhinein für falsch, nach der Absage des Politischen Aschermittwochs in Biberach wegen gewaltsamer Proteste nicht dennoch an den Ort des Geschehens gefahren zu sein. "Erst mit erheblicher Zeitverzögerung ist mir klar geworden, dass das ein unglaublicher Vorgang war", sagte der Grünen-Politiker der "Schwäbischen Zeitung". "Rückblickend würde ich sagen: Wäre mir das gleich bewusst gewesen, wäre ich gerade deshalb hingefahren. Es kann nicht sein, dass ein Ministerpräsident im eigenen Land auf einer Veranstaltung nicht reden kann", so Kretschmann.

Kretschmann hätte trotz Protesten nach Biberach fahren können

In der Landespressekonferenz am Dienstag in Stuttgart erläuterte Kretschmann auf Nachfrage, er hätte nach Biberach fahren können. "Es wäre gewährleistet gewesen, dass ich trotz der Proteste dort hätte hinkönnen" - das habe er im Nachhinein erfahren. So hätte er sich ein Bild von der Lage vor Ort machen können, sagte er.

Was ihn zu der selbstkritischen Einschätzung in der Zeitung bewegt habe, wären die Berichte nach der Absage gewesen. Diese haben demnach Informationen beinhaltet, die dem Ministerpräsidenten auf der Fahrt nach Biberach am Aschermittwoch nicht bekannt waren. Die Dimension der Geschehnisse sei ihm nicht bewusst gewesen.

Kretschmann betonte: "Ich habe keine Kritik an der Absage der Veranstaltung geäußert. Ich habe gesagt, worum es mir ging, dass man sich bei sowas selber einen Eindruck verschafft. Und mehr nicht. Keine Kritik, weder an der Polizei noch am Kreisverband der Grünen, der Veranstalter ist. Das müssen diejenigen vor Ort entscheiden."

41 Ermittlungsverfahren wegen Krawallen

Nach den gewaltsamen Ausschreitungen am politischen Aschermittwoch in Biberach, weswegen die Grünen ihre Veranstaltung abgesagt hatten, sind laut Staatsanwaltschaft 41 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Die Tatvorwürfe lauten unter anderem Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte. Außerdem werde wegen öffentlicher Aufforderung zur Begehung einer Straftat ermittelt, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag in Ravensburg mit. Auch gegen zwei Polizisten werde nach Vorwürfen von Demonstranten wegen Körperverletzung im Amt ermittelt. "Es ist ein großer Komplex", sagte ein Staatsanwalt dazu.

Am Aschermittwoch war eine Protestaktion in Biberach an der Riß derart ausgeartet, dass die Grünen ihre Veranstaltung aus Sicherheitsgründen kurzfristig absagten. Bei den Protesten am 14. Februar waren mehrere Polizisten verletzt worden, die Beamten setzten auch Pfefferspray ein. 

Bereits eine Woche nach dem 14. Februar hatte Kretschmann betont: Ereignisse wie die Eskalation in Biberach dürften sich nicht wiederholen:

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Kretschmann lobt Özdemir: "Stellte sich der Kritik"

Kretschmann sagte im Interview zu seiner damaligen Entscheidung: "Als auf dem Weg zur Veranstaltung klar war, dass sie aus Sicherheitsgründen definitiv abgesagt ist, hab ich umgedreht und bin heimgefahren"

Bei der Veranstaltung war neben Kretschmann auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) als Redner geplant. Özdemir diskutierte dann bei einer nahegelegenen angemeldeten Demonstration mit Landwirtinnen und Landwirten. Kretschmann betonte: "Cem Özdemir hat dort geredet, sich der Kritik gestellt. Eine solche Art des Protests ist legitim und wirksam."

Debatte zu Streitkultur: Kretschmann und Strobl zu Gast in Biberach

An diesem Freitagabend will Kretschmann mit Innenminister Thomas Strobl (CDU) nach Biberach zurückkehren. Auf Einladung des Landrats Mario Glaser (parteilos) und Biberachs Oberbürgermeisters Norbert Zeidler (parteilos) sollen die beiden einen Impuls zum Thema politische Streitkultur und ihre Grenzen geben. Danach ist eine Podiumsdiskussion geplant.    

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