Jazz und Swing waren seine große Leidenschaft. Schon als Schüler jazzte er mit seinen Kameraden um die Wette. Nach dem Abitur lebte er seine Passion in verschiedenen Tanzcafés und Jazzkellern aus. Das war der Ausgleich für das ansonsten recht harte Leben. Tagsüber arbeitete er in einer Elektrofabrik, als Vorstufe für ein geplantes Studium an der Technischen Hochschule. So wollte es der Vater. Das bedeutete ein straffes Tagespensum: von morgens 6 Uhr bis 14 Uhr mittags Fabrik und ab spätnachmittags bis um Mitternacht Gesang.

Singen war nur ein Hobby für Karel Gott
Dabei strebte er keine Sängerlaufbahn an. Vielmehr war er seit Kindertagen fest entschlossen, Maler zu werden. Eine Leidenschaft, die er bis zu seinem Tod pflegte und die für ihn mehr als "nur ein Hobby" war, wie er gegenüber SWR4 erzählte. Die Einser im Schulfach Zeichnen ermutigten ihn damals auch dazu. Während die Dreier in Musik klar aussagten, dass seine Zukunft nicht in der Welt der Töne lag. Das Blatt wendete sich, als Arbeitskollegen in der Elektrofabrik ihn überredeten, an einem Nachwuchswettbewerb teilzunehmen. Hier fiel er dem Bandleader Karel Krautgartner auf, der ihm eine Gesangsausbildung empfahl.
Karel Gott studierte in Prag
Karel Gott folgte dem Rat und begann ein Musikstudium. Seine Interessen lagen beim Jazz und Swing, doch am Konservatorium stand klassische Musik auf dem Lehrplan. Schon bei der Aufnahmeprüfung sorgte er für Aufsehen, indem er mit der Tradition des ehrwürdigen Gebäudes brach. So ließ er sich nicht davon abbringen, sich als heißer Jazz- und Swing-Interpret zu präsentieren und moderne Rhythmen vorzutragen. Dennoch erklärte sich ein Professor bereit, ihn unter seine Fittiche zu nehmen.

"Das war das Schwierigste, denn bei uns ist das Konservatorium richtig konservativ. Da darf kein Musiker Nebengeschäfte machen, und besonders nicht ein Sänger, der Oper studiert. Wenn er sich dann noch mit Jazz und Rock’n’Roll abgibt, ist das die absolute Frechheit."
"Bach oder Beat"
Ein neues Doppelleben begann, denn tagsüber sang er Lieder und Arien, abends sorgte er verbotenerweise in Cafés als Jazzsänger für Stimmung. Der begeisterte Applaus des Publikums befeuerte seinen Ehrgeiz und er verfolgte sein Studium weiterhin ernsthaft und konsequent. Drei Jahre lang glückte das Spiel mit dem Feuer, bis ihn eines Abends der Professor erwischte und ihm ein Ultimatum stellte: "Bach oder Beat." Als Karel Gott sich sicher war, dass er im Showgeschäft reelle Chancen hat, kehrte er dem Konservatorium den Rücken. Seine Entscheidung wurde durch ein Engagement am Prager Semafor-Theater noch bekräftigt.
"Das Engagement bedeutete maximale Popularität im ganzen Land. Das Fernsehen übertrug einmal monatlich das Programm und Karten musste man einen Monat im Voraus bestellen."
Karel Gott, der "Sinatra des Ostens"
Nach seinem Debüt rissen sich Rundfunk und Fernsehen in der CSSR um ihn. Bereits seine ersten Schallplatten verzeichneten Rekordumsätze. Sein Ruhm durchlöcherte den "Eisernen Vorhang" und bald trat er erstmals im Westen auf. 1967 gab er seine Premiere auf dem deutschen Plattenmarkt mit "Weißt Du wohin". Er absolvierte ein sechsmonatiges Gastspiel in Las Vegas, wo er glänzende Erfolge feierte und Stars wie Dean Martin, Sammy Davis jr. oder Frank Sinatra kennenlernte. Er wurde sogar als legitimer Nachfolger des Letztgenannten gehandelt, womit sich sein Beiname "Sinatra des Ostens" erklärt. Der internationale Durchbruch war geschafft.

"Was für ein Glück, dass Karel Gott dort geboren wurde, wo er geboren wurde. Hätte er bei uns gelebt und seine Muttersprache wäre Englisch gewesen, wären viele von uns ohne Arbeit."
40-facher Publikumspreisträger
Mehr als 50 Jahre zählte er in Ost und West zu den erfolgreichsten Interpreten. Seine Discographie umfasst die stattliche Anzahl von rund 120 Alben. Seine viele Millionen Mal verkauften Tonträger wurden mit Edelmetall aller Arten ausgezeichnet. Wie sehr das Publikum ihn schätzt, belegt eindrucksvoll die Auszeichnung mit der "Goldenen Nachtigall", dem Publikumspreis der Tschechoslowakei - mehr als 40 Mal erhielt er diese Würdigung. In Deutschland konnte er 2017 für sein Lebenswerk die "Goldene Henne" im Empfang nehmen.

"Karel Gott ist zuerst der Gentleman und dann erst Herr Gott. Ich habe Hochachtung vor seiner einzigartigen Karriere."
Die "goldene Stimme aus Prag" als Schauspieler
Nach einer überstandenen Krebserkrankung präsentierte Karel Gott 2018 in seiner Heimat ein neues Album, das begeistert aufgenommen wurde. Darüber hinaus hatte er sein berufliches Spektrum erweitert und spielte neben seinen beiden jüngsten Töchtern und seinem Enkelsohn im tschechischen Märchenfilm "Das Geheimnis des zweiköpfigen Drachens" die Hauptrolle. Hierbei war es ihm wichtig, nicht als Sänger Karel Gott aufzutreten - obwohl er auch ein Lied im Film singt -, sondern in eine andere Rolle zu schlüpfen. So verkörpert er den Großvater, der als Schmied arbeitet.
Todesursache: Kampf gegen Leukämie verloren
Kurz vor seinem 80. Geburtstag veröffentlichte er ein Duett mit seiner 13-jährigen Tochter Charlotte, das übersetzt so viel wie "Herzen erlöschen nicht" bedeutet. Als weiser Vater gibt er seinem heranwachsenden Kind Ratschläge für das Leben. Denn, so heißt es im Lied, er fühlt, wie die Zeit sprintet.

Trotz anhaltender gesundheitlicher Probleme wollte er nicht ans Aufhören denken. Doch am Ende hat er den Kampf gegen die neu aufgetretene Leukämie verloren. Er starb am 1.10.2019.
Künstliche Intelligenz (KI) lässt Karel Gott wieder aufleben
Postum lässt der tschechische öffentlich-rechtliche Rundfunk Český rozhlas Karel Gott wieder auferstehen. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz wird Gotts Stimme seine Autobiografie "Mein Weg zum Glück" in Episoden verlesen. Jede Episode wird zwei Minuten dauern. Karels Frau Ivana hatte dem zugestimmt.
Besondere Plattencover von Karel Gott


