Seit dem 11. August läuft die Sommerausgabe des Lucerne Festivals, das seit mehr als 75 Jahren berühmte Orchester, große Dirigenten und Solisten nach Luzern am Vierwaldstättersee holt.
Sarah Willis bringt kubanische Klänge nach Luzern
Das Konzertformat „40 Minutes“ ist kostenlos und draußen, auf der Bühne vor dem imposanten Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL) wirbeln kubanische Musikerinnen und Musiker und Sarah Willis, Hornistin der Berliner Philharmoniker. Willis ist die Initiatorin des Konzertprojekts „Mozart y Mambo auf Kuba“, mit dem sie jetzt auch in Luzern ist.
Passend zum Festivalmotto „Paradies“ ist auf dem Europaplatz ein „Paradiesgarten“ angelegt, für den 20.000 Liter Erde und 500 Pflanzen vor das KKL transportiert wurden, was Jean Nouvels kühler Architektur eine ganz neue Aura gibt.
Seit 1999 ist Michael Haefliger Intendant des Lucerne Festivals und verantwortlich für Programm und Motto. „Wir brauchen ungefähr zwei Jahre, bis sich das so alles entwickelt. Und natürlich will man auch kulturpolitisch und gesellschaftspolitisch irgendwo eine Brücke schlagen“, erklärt er, „und ‚Paradies‘, unser Paradies ist natürlich in Gefahr.“
Das Festival feiert 20 Jahre Lucerne Festival Orchestra
In diesem Jahr feiert Luzern den 20. Geburtstag des Lucerne Festival Orchestra. Michael Haefliger war damals dabei, als Claudio Abbado die Idee hatte, das Orchester wieder aufleben zu lassen, das auf Arturo Toscanini zurückgeht.
Toscanini hatte im Jahr 1938 mit dem legendären „Concert de Gala“ bedeutende Musiker zu einem Eliteklangkörper vereint. Im August 2003 präsentierte sich das Lucerne Festival Orchestra erstmals der Öffentlichkeit.
„Wir sind sehr anspruchsvoll, wir schlafen nie ein“
Der Pauker Raymond Curfs ist seit 20 Jahren Mitglied des Lucerne Festival Orchestra und Solopauker des Symphonieorchesters des Bayerische Rundfunks. Seit Anbeginn leitet er die Schlagzeuggruppe des Orchesters.
Es sei von Vorteil, dass man sich sehr gut kenne. „Wir sind sehr anspruchsvoll, wir schlafen nie ein im Sinne von qualitativ fit bleiben“, sagt Curfs, „und man wächst auch zusammen, was Timing angeht. Was für so’n Orchester ja wahnsinnig wichtig ist, dass die letzte Reihe wie eine Person reagiert, klanglich zusammenarbeitet, die gleichen Ideen hat.“
Seit 2016 steht Riccardo Chailly an der Spitze des Orchesters. Kurz vor Beginn des Festivals musste er krankheitsbedingt seine Konzerte mit dem Orchester leider absagen. Paavo Järvi sprang für die Eröffnungskonzerte ein, Andres Oroszco-Estrada für ein weiteres.
Ein Orchester mit einer ganz eigenen Identität
Im Orchester vereinen sich Musikerinnen und Musiker aus Spitzenorchestern mit Solistinnen und Solisten. Über die Rampe kommt eine starke Eigeninitiative jedes einzelnen Orchestermitglieds und eine gemeinsame Musizierhaltung.
Intendant Haeflinger ist überzeugt: „Das Orchester hat eine Identität gewonnen, auch ein Klangbild gewonnen, auch eine Art des Musizierens. (...) Ich glaube, die die Führung braucht es, aber das Interessante ist, dass das Orchester wirklich eine ganz eigene Identität hat.“
Das sieht auch der Pauker Raymund Curfs so: „Ich denke sicherlich, dass das Orchester oder der Klangkörper durch den eigenen Spirit schon eine Type ist und auch einen sehr starken Charakter hat. Das kommt auch teils in den Konzerten zutage, wo das Orchester ab und zu mal seinen eigenen Weg geht, ohne auf den Dirigenten zu schauen.“
Wer hier spielt, sollte Idealist sein
Für das Lucerne Festival Orchestra kann man sich nicht bewerben. Man wird empfohlen. Für eine Empfehlung sind natürlich erstklassige musikalische und künstlerische Fähigkeiten entscheidend.
Und eine menschliche Eigenschaft, wie Raymund Curfs verrät: „Am besten ein Idealist. Ein Idealist, der nicht auf die Uhr schaut und der nicht von Dienst spricht, wie das in manchen Orchestern so ist, sondern von Proben und Konzerten und einfach die Musik so heiß und innig liebt.“
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