Glosse

Häppchen-Kultur beim Konzert

Stand
AUTOR/IN
Gordon Kampe
ONLINEFASSUNG
Sebastian Kiefl

Kolumnist Gordon Kampe ist wütend: Es gibt keine Premierenfeiern mehr mit Häppchen! Und er weiß aus eigenen Erfahrungen, dass Feiern mit Häppchen und Co mehr sind als Partys mit wildem Gelage. Und eines ist sicher: Die Häppchen sind der letzte Akt.

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Fröhlicher und leckerer Kontrast

Vor ein paar Monaten hatte ich eine Premiere, sie war klein, aber fein. Nachdem die Musik fertig war und die Sänger wieder hinter der Bühne, wartete ich. Denn jetzt kommt sie: die Premierenfeier! Sie fiel aber aus. Das bedeutet kein Häppchen, kein Pilschen, kein Pläuschchen.

Kunst tut weh, rüttelt auf, zerbricht, bedrängt, seziert, klärt auf – aber mit Genuss hat sie natürlich nichts zu tun. Dem stimme ich sogar, dabei aber immer ein bisschen lächelnd, zu. Ganz gleich, wie ernst das Stück war, es braucht den Moment des fröhlich-ritualisierten Wiedereintritts ins normale Leben.

Zwei Dinge möchte Gordon Kampe nach der Premiere gerne sehen: Blumen und Häppchen

Puls mit Pils senken

Neulich, bei einer größeren Premiere, bin ich fast gestorben vor Aufregung, meine Sitznachbarn hatte ich, bevor der Vorhang hochging, zunächst in Erster Hilfe unterwiesen, meinen Defi stets griffbereit.

Undenkbar, nach Applaus und Täterätä, alleine ins Hotel zu gehen und nicht den Puls mit Pils gemeinsam wieder herunterzufahren. Eine Feier, mit Häppchen und Co ist mehr als eine Party mit wildem Gelage.

„Häppchen sind der letzte Akt“

Hier das profane Wort »Catering« zu verwenden, schmerzt mich in den tiefsten Windungen meiner sich des Lebens erfreuenden Seele.

Die Häppchen sind der letzte Akt – und wenn Tristan und Isolde hinüber sind, die Mannschaft des Fliegenden Holländers wieder zurück auf hoher See, beim Knabbern am Lachsbagel erstehen alle wieder auf und die Frist ist erst um, wenn die Kantine dicht macht.

Käsespätzle statt Blattgold

Mein schlichtes Gemüt benötigt keine Wellness-Häppchen mit vier Sorten Kaviarschäumchen und Blattgoldapplikationen. Ich erinnere mich gern zurück an eine der fabelhaftesten Premierenfeiern »ever« – in Österreich.

Es gab eimerweise Kasspatzln und hektoliterweise etwas, das wir Federweißer nennen, dort Sturm heißt und zu einer plötzlichen Gewinnsteigerung der österreichischen Pharmaindustrie am Folgetag führte.

Rezepte Käsespätzle mit Röstzwiebeln und Kopfsalat

Timo Böckle macht Käsespätzle mit Röstzwiebeln. Dazu gibt es Kopfsalat mit einem schlichten Dressing aus Essig, Senf und Öl.

Kaffee oder Tee SWR Fernsehen

Keine Sahne bei der Carbonara

Ich traue ja niemandem, der nicht manchmal auch genießen kann. Wie will man eine saftige Melodie schreiben, wenn man sich nur von lauwarmen Minzblättchen ernährt?

Mir kann es schon mal passieren, dass ich im Kompositionsunterricht mit einem italienischen Studenten über den exakten Knusperzustand von Guanciale philosophiere.

Einig sind wir uns, dass das Oktavenverbot bei Schönberg quatsch ist, das Sahneverbot bei Carbonara aber sehr wohl ewig bestand haben muss.

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Gordon Kampe
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Sebastian Kiefl