Essen und Trinken nach der Oper – das ist normal. Mit der Oper vielleicht unzeitgemäß, aber in der Oper erst einmal bedenklich. Mit vollem Mund lässt es sich nun mal nicht schön singen. Aber dennoch: die leiblichen Genüsse sind auch ein wichtiges Thema des Musiktheaters. Zumeist lustbetont und mit dem Erotischen durchaus verknüpft.
Prickelnde Arie bei Mozart
„Wenn die Musik der Liebe Nahrung ist, spielt weiter“, sagt der Herzog in William Shakespeares Theaterstück „Was ihr wollt“. Da scheint ein Opernliebhaber zu sprechen, denn die Macht der Erotik scheint im Musiktheater doch oft die maßgebliche Triebfeder zu sein.
Selbst ein Erotomane wie Don Giovanni in Wolfgang Amadeus Mozarts Meisterstück will auf der Bühne neben dem sexuellen Genuss nicht auf den leiblichen verzichten.
Die erotische Verführung geht mit reichlich Alkoholgenuss daher, wenn Giovanni die Objekte seiner Begierde zum Fest einlädt. Weil seine den Wein feiernde Arie so prickelnd ist, wird sie im Deutschen dann etwas widersinnig als „Champagnerarie“ bezeichnet.
Abendessen mit der Statue
Und es kommt noch drastischer, den Giovanni kommt auf die absurde Idee, die steinerne Statue des von ihm gemeuchelten Komturs zum Abendessen einzuladen.
Er isst und trinkt genüsslich, Diener Leporello stiehlt sich den einen oder anderen Happen vom Tisch, bevor der naturgemäß appetitlose steinerne Gast den Wüstling mit sich ins höllische Feuer reißt. Wird Giovanni nun für den Mord bestraft oder für übermäßigen Genuss?
Die Hexe vor und in dem Ofen
Dem Problem entgeht die keusche Ritterschaft in Richard Wagners Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ mit buddhistisch bußfertigem Stoizismus. Allenfalls ist sie vegetarisch, denn im Gralsgebiet sind die Tiere heilig und körperliche Energie scheint nur dem enthüllten Gral zu entfließen: Das symbolische Abendmahl der Eucharistie, mit dem der heilige Leib und das heilige Blut zu sich genommen wird.
Das hat den Komponisten Engelbert Humperdinck wohl nachdrücklich irritiert, als er bei der Uraufführung in Bayreuth 1882 assistierte. In der von ihm selbstironisch als „Märchenweihfestspiel“ bezeichneten Oper „Hänsel und Gretel“ ist die Knusperhexe alles andere als vegetarisch oder gar abstinent.
Sie verkörpert eine kultivierte Form des Kannibalismus und verwandelt appetitliche Kinder in leckere Lebkuchen. Für diese geradezu perverse Fresssucht landet sie am Ende im eigenen Herdfeuer.
Hunriger Wahnsinn bei Wozzeck
Auch in der Oper des 20. Jahrhunderts hält strenge Diät Einzug. Der mitleiderregende gequälte Soldat Wozzeck in Alban Bergs gleichnamiger Oper wird vom experimentierfreudigen Doktor einem drastischen Ernährungsversuch unterzogen: Erst soll er nur Bohnen essen, dann nur Schöpsenfleisch. Kein Wunder, dass er bei derartig einseitiger Nahrungsaufnahme wahnsinnig wird.
Und noch schlimmer kommt es in Bernd Alois Zimmermanns „Die Soldaten“. Da rächt sich der um seine Verlobte betrogenen Stolzius am Verführer Desportes, in dem er ihm Gift in die Suppe schüttet und mit dem gleichen Mittel auch noch Selbstmord verübt.
Rotwein und Trinklied bei Verdi
Ganz so freudlos geht es in der Oper mit den leiblichen Genüssen nicht immer zu. Der Brindisi ist ein trockener Rotwein aus Apulien, gehaltvoll und wohl auch anregend. Gleichzeitig ist der „Brindisi“ aber auch ein feuriges Trinklied, das in Giuseppe Verdis „La Traviata“ vom in Liebe zueinander entbrennenden Paar Violetta und Alfredo angestimmt wird.
Köstliches Schlaraffenland
Der große Makabre in György Ligetis Anti-Anti-Oper „Le grand macabre“ ist die Verkörperung des Todes, in Wahrheit aber ein spilleriger Hochstapler, der nicht viel verträgt. So haben alle nicht Untergangswilligen leichtes Spiel, diesen großen Vernichter abzufüllen.
Er versinkt in einen komatösen Schlaf und verpasst das Endzeitticken der Weltuhr. Und so überlebt auch der Genussmensch schlechthin.
Er heißt Piet vom Fass und man muss sich ihn wohl auch so vorstellen: eine Gestalt aus dem Breughelland dieser Oper, kugelrund, wie er unter dem Schlaraffenlandbaum liegt, wo Braten, Wurst und Wein von den Ästen herabhängen. Für den Genussmenschen geht diese Oper ausnahmsweise gut aus.
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