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Das Finale des Europäischen Opernregie-Preises in Birmingham

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AUTOR/IN
Claudia Bathe

Der Verein Camerata Nuova Wiesbaden wollte beim 13. Europäischen Opernregie-Preis deswegen etwas Neues auszuprobieren. Die Bewerber*innen des Wettbewerbs für junge Opernregisseure mussten für die Oper „Zwei Witwen“ von Smetana ein vollständiges Regiekonzept ausarbeiten mit Bühnenbild und Kostümen, allerdings nicht wie sonst für ein bestimmtes Opernhaus, sondern als mobile Produktion, die auch das Publikum mit einbinden soll. 46 Teams aus 18 Nationen hatten sich beworben und ihre Ideen eingereicht.

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Profis und Laiendarsteller auf einer Bühne

Gastgeber des Finales war diesmal die Birmingham Opera Company, ein festes Opern-Ensemble – allerdings ohne eigenes Haus. Die Kompanie präsentiert ihre Produktionen an verschiedenen Orten im Stadtgebiet.

Auf einer Studiobühne der öffentlichen Bibliothek von Birmingham müssen die Finalisten vor einer renommierten Jury aus Intendantinnen und Intendanten innerhalb von anderthalb Stunden eine Szene aus ihrem Konzept erarbeiten. Dazu stehen ihnen neben vier Sängern des Ensembles auch acht Laiendarsteller, sogenannte Volunteers, zur Verfügung.

Außenansicht Bibliothek Birmingham (Foto: IMAGO, IMAGO / agefotostock)
Die öffentliche Bibliothek in Birmingham gilt als die größte regionale Bibliothek in Europa und hat eine eigenes Amphitheater. Auf einer Studiobühne erarbeiteten die Teilnehmenden des Europäischen Opernregie-Preises ihre Konzepte.

Recht auf Leben und Liebe im Altenheim

Besonders beeindruckt ist die Jury in diesem Finale von der Arbeit des 31-jährigen italienischen Regisseurs Lorenzo Ponte. Innerhalb von kurzer Zeit gelingt es ihm, jeden einzelnen Darsteller mit einzubeziehen und ein Gemeinschaftsgefühl entstehen zu lassen.

Die Volunteers werden zu Liebespaaren oder Demonstranten und beginnen spontan, eigene Bewegungen und Aktionen zu entwickeln.  Die Geschichte rund um die beiden Witwen, hat Lorenzo Ponte in ein Altenheim verlegt. Dort kämpfen die Figuren um ihr Recht auf Leben und Liebe.

Oper von 1874 am Filmset

Die Entscheidung der Jury, Lorenzo Ponte den ersten Preis zu verleihen, fiel einstimmig aus, sagt Jurorin Karen Stone, Direktorin der Opera Europa, einem Zusammenschluss aus mehr als 230 Opernhäusern und Kulturinstitutionen weltweit.

Weitere Preise wurden nicht vergeben, obwohl auch die anderen Kandidaten spannende Konzepte präsentierten. So verlegte beispielsweise eine italienische Jungregisseurin das Geschehen von Smetanas Oper an ein Filmset.

Auch mit deutscher Produktion

Der deutsche Kandidat Benedikt Arnold erzählte die Geschichte abstrakt mit vielen Lichtwechseln, wobei das Komödiantische aber etwas zu kurz kam. Bei der Stuttgarterin Verena Silcher wiederum wurde die Witwe Karolina zu einer Unternehmerin, die Wellnessprodukte für Frauen vertreibt.

Am Ende erhält Silcher zwar keinen Preis, doch der Direktor der Birmingham Opera Company gibt ihr die Gelegenheit mit seinem Ensemble eine eigene Produktion umzusetzen. Verena Silcher hat vor einigen Jahren bei der Kompanie im Bereich Sponsoring gearbeitet.

„Ukrainische Opernhäuser ebenfalls Teil der Opera Europa“

Das Konzept von Preisträger Lorenzo Ponte wird im kommenden Jahr beim Smetana-Festival in Tschechien Premiere haben. Das Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro ist gleichzeitig das Honorar für das Team. Geplant ist außerdem eine Aufführung an der Nationaloper Lviv.

Der Intendant der dortigen Oper war ebenfalls Mitglied der Jury. Er und sein Mitarbeiter waren zwei Tage unterwegs, um aus der Ukraine anzureisen. Die Opera Europa und der Verein Camerata Nuova in Wiesbaden, die den Wettbewerb gemeinsam ausschreiben, hatten ihn bewusst eingeladen, sagt der Vorsitzende der Camerata Armin Kretschmar:

„Wir wollten damit ein Zeichen setzen und zeigen, dass unserer Meinung nach die ukrainischen Opernhäuser ebenfalls Teil der Opera Europa sind. Und das hat eben dazu geführt, dass wir nicht nur ein Opernhaus haben, dass das siegreiche Konzept aufführt, sondern dass wir zwei Opernhäuser haben.“

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Claudia Bathe