Die Rostocker von Feine Sahne Fischfilet melden sich mit einem neuen Album zurück: Auf „Alles glänzt“ ist jedoch von der Radikalität, mit der sie manche verbinden, nichts mehr zu spüren.
Ein ironischer Bruch mit der Erwartungshaltung
Mit ihrem Engagement gegen Rechts sorgt die Punkband Feine Sahne Fischfilet seit Jahren für Kontroversen. Konservative Medien bezeichnen sie als „linksextrem“. Der Verfassungsschutz ihrer Heimat Mecklenburg-Vorpommern führte sie in drei Berichten als „explizit anti-staatlich“ auf und meinte damit vor allem ihre polizeikritischen Texte, die man als Gewaltaufruf verstehen könne.
Nach Sexismusvorwürfen gegen die Band, die ein Gericht als „Verleumdung“ einstufte, geht es für die Rostocker nun mit einer neuen Platte weiter: „Alles glänzt“ ist kein Albumtitel, der zu derbem Punk passt. Aber da fängt es schon an. Feine Sahne Fischfilet brechen ironisch mit allen Erwartungen und stimmen ungewohnt versöhnliche Töne an.
Nach fast einem Jahr Pause und in teils neuer Besetzung konzentriert sich die Band auf das Gute. Mit weniger Wut im Bauch wird es in eingängigen Pop-Balladen auch mal eskapistisch. Denn natürlich glänzt nicht alles.

Auf „Alles glänzt“ geht es nicht um Krawall
Das Fischfilet-Boot schippert über die Ostsee. Dank sehr präsenter Bläser-Arrangements ist der Ska-Einschlag wuchtiger als sonst. Ihrer antifaschistischen Haltung bleiben Feine Sahne Fischfilet aber treu – ohne eine einzige explizite Zeile, an der man sich reiben könnte.
Die eine schwierige Stelle „Wir zünden alles an“ ist so freundlich vorgetragen, dass man das mehr als ironische Referenz an den Punk denn als einen Gewaltaufruf verstehen muss.
Hier geht’s nicht um Krawall, sondern um die Perspektivlosigkeit im Schweriner Sozialbau, um die konsensfähigen Themen Liebe und Freundschaft oder auch darum, welche Opfer man für seinen Aktivismus bringt: Ein Song ist einem befreundeten Kapitän gewidmet, der seine Arbeit als Seenotretter nicht mehr aus dem Kopf bekommt.
Feste Verortung in der linken Szene
Frontmann Monchi offenbart aber auch seine eigenen Sorgen und Ängste, weil er mit den ständigen Angriffen von Rechts leben muss. Konzerte musste die Band wegen Bombendrohungen unterbrechen oder sie wurden auch mal auf Druck der rechtsextremen NPD ganz abgesagt, ihr Bandbus attackiert, Schmäh-Aufkleber verteilt.

Zweifellos verorten sich Feine Sahne Fischfilet hier wieder fest in der linken Szene und treiben dafür das in rechtsextremen Kreisen geläufige Schimpfwort der „Zecke“ auf die Spitze. Die Botschaft: Wir sind anders und wir sind gut so.
Unaufgeregt und wenig radikal
Musikalisch leihen sie sich mal etwas beim hektischen Punkrock der Briten aus. Alles andere erinnert aber doch sehr an den deutschen Punkrock alter Tage, vor allem an die Toten Hosen. Als wolle man beweisen, dass der klassische Punk auch heute noch funktioniert.
Mit „Alles glänzt“ erfindet sich die Band nicht neu. Aber sie hat sich weiterentwickelt: Ihre Texte sind reflektierter und weniger auf die Zwölf. Feine Sahne Fischfilet zeigen ihr freundliches Gesicht.
Das hier ist im besten Sinne Antifaschismus, auf den sich alle einigen können müssten. Unaufgeregt, vielleicht sogar zu seicht. Von der Radikalität, mit der sie manche verbinden, ist jedenfalls nichts mehr zu spüren.
Dokumentation „Auswärtsspiel: Die Toten Hosen in Ost-Berlin“: Eine nostalgische Reise in die Vergangenheit des Punk
Ein filmisches Geschenk zum 40. Bandgeburtstag: Mit Archivmaterial, emotionalen Interviews und animierten Cartoon-Sequenzen zeichnet die SWR-Dokumentation von Martin Groß eine nostalgische Gegenüberstellung der Punkszenen der 80er aus Ost und West. Im Mittelpunkt steht ein Guerilla-Kirchenkonzert der Toten Hosen, das einen der größten Coups ihrer Bandgeschichte ausmacht.
Musik Deichkind-Album „Neues vom Dauerzustand“ – Keine neue Tiefgründigkeit
Die Hamburger Band Deichkind hat mit dumpfem Electro-Punk und Texten zur deutschen Befindlichkeit eine ganz eigene Kunstform hervorgebracht – irgendwo zwischen Ballermann und Performance Art. Die angekündigte „neue Tiefgründigkeit“ sucht man auf dem Album „Neues vom Dauerzustand“ vergebens, findet Musikkritiker Dirk Schneider.