Zelt-Musik-Festival-Freiburg

Die Toten Hosen begeistern beim ZMF mit Gerhard Polt und den Well-Brüdern

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Karsten Umlauf
Karsten Umlauf (Foto: SWR, Keine Angabe -)
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Clemens Zoch

Campino kauft sich eine Lederhose und auf der Bühne treffen Alphörner auf Gitarrenriffs. Das ist in der Tat eine „kulturelle Zumutung“. Unter diesem Motto sind die Toten Hosen mit den Well-Brüdern und Gerhard Polt derzeit auf Tournee. Beim Freiburger Zeltmusikfestival (ZMF) feiern sie mit 2000 begeisterten Fans einen ausgelassenen Abend mit weitem Horizont.

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Gerhard Polt und die Well-Brüder (Foto: Foto: Hans-Peter Hösl)
Gerhard Polt und die Well-Brüder

Chemie zwischen Anarchobläsern und Punkrockern stimmt

Ein hübsches Begrüßungslied dichten die Well-Brüder Stofferl, Karl und Michael gerne ihrem jeweiligen Konzertort und schnell wird im voll besetzten Freiburger Zirkuszelt deutlich: die Chemie stimmt zwischen Bühne und Publikum. Und vor allem stimmt auch die Chemie auf der Bühne zwischen den virtuosen Anarchobläsern „aus dem Biermoos“ und den Punkrockern aus Düsseldorf, schon rein optisch.

Die Toten Hosen (Foto: Bastian Bochinski)
Die Toten Hosen

Grenzüberschreitung ist Programm

Hosen-Gitarrist Kuddel in den Krachledernen, Campino an der Trompete. Gitarrist Breiti mit Ukulele. Ist das nun schon ungebührliche Aneignung oder die im Tourmotto erwähnte „kulturelle Zumutung“? Die Hosen entschuldigen sich schonmal prophylaktisch.

Gerhard Polt spielt gekonnt mit den Grenzen des Common Sense

Eine echte Provokation sind die Düsseldorfer in Lederhosen natürlich nur für die ganz hartgesottenen, aber keine Frage, dass die Einladung zum Spiel mit Traditionen und Klischees auch von Gerhard Polt dankbar angenommen wird: Satire an den Grenzen des Common Sense - ob in der Rolle als indischer Pfarrer, Tiroler Tourismusmanager oder einfach als bajuwarischer Polterer

Statement gegen zu engen Begriff von Kultur und Identität

Der 81-jährige Polt sitzt im Hintergrund, wenn die Musiker vorne ihre Gaudi haben. Ihr gemeinsamer Auftritt ist ein Statement für künstlerische Freiheit und gegen einen zu eng geführten Begriff von Kultur und Identität.

„Es gibt eine kulturelle Befruchtung, wo man seine Bewunderung ja auch ausdrückt, in dem man Sachen übernimmt. Wir dürften unsere Musik eigentlich gar nicht spielen, kein Jazzmusiker dürfte seine Musik spielen in Europa, weil alle Rockmusik, alle Jazzmusik geht letztendlich auf den Blues des schwarzen Nordamerika zurück. Da finde ich schon, ist der Zeitpunkt gekommen, wo man sehr genau aufpassen muss.“

Freundschaft seit gemeinsamen Protesten 1986 in Wackersdorf

Dass die Well-Brüder und die Toten Hosen nun schon mindestens zum sechsten Mal miteinander auf Tour gehen, ist dem Protest gegen die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf zu verdanken. Am Rande eines großen Festivals haben sich die Gruppen dort 1986 kennen und sehr schätzen gelernt. Sie sind Punks im Geiste, vereint im Kampf gegen Spießertum und Establishment, sagt auch Michael Well.

„Es ist eine Auseinandersetzung mit Obrigkeiten. Wenn die Obrigkeit so stark vernetzt und verfilzt ist wie jetzt die CSU in Bayern – das wird immer Angriffspunkt sein.“

Punker machen Stubnmusik mit Zither und Hackbrett

Mit Stubnmusik konnte man alle Konflikte aus dem Weg räumen, meinen die Well-Brüder, die es wissen müssen: Zu Hause waren sie 15 Geschwister. Und so machen die Musiker das Freiburger Zirkuszelt zu ihrer „guten Stube“. Irgendwann sieht man die Punker an Zither und Hackbrett, die Well-Brüder fungieren dagegen als Bläser-Sektion bei deren bekannten rockigen Nummern: „Liebeslied“, „Laune der Natur“, der Hit „Wannsee“ wird schnell zu „Titisee“ umgedichtet. 

Ausgelassenen Abend mit viel Mitsingpotential

Und auch wenn Campino der ein oder andere Texthänger unterläuft, und eingefleischte Hosen-Fans vielleicht ein paar Songs vermissen, erlebt das Publikum doch einen ungemein sympathischen, ausgelassenen Abend mit viel Mitsingpotential, Platz für Party und einem weiten Horizont.

„Was uns vereint, ist eben wirklich der Spaß an dem, was wir machen und Grenzen ausloten, wo die Leute sagen: das geht ja überhaupt nicht zusammen! Ja freili geht's zusammen!“

Campino und die Toten Hosen

Gespräch Campino – Hope Street. Wie ich einmal englischer Meister wurde

Campino, Sänger der Punkband Die Toten Hosen ist glühender Fan des FC Liverpool. In seinem Buch geht es aber um mehr als Fußball. Der Sänger geht der Geschichte seiner deutsch-englischen Familie nach. Im Lesenswert Gespräch erklärt er außerdem was es mit seiner Vorliebe für Kräutertees mit wohlklingenden Namen auf sich hat.
Theresa Hübner im Gespräch mit Campino.

Piper Verlag, 368 Seiten, 22 Euro.
EAN 978-3-492-07050-8

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