„Ciao“ von Johanna Adorján
Mein Buch des Sommers ist „Ciao“, der neue Roman der SZ-Journalistin Johanna Adorján: Ein alternder Feuilletonstar versteht die neue „woke“ Welt nicht mehr und und stürzt ab, während eine junge feministische Influencerin den Ruhm absahnt. Eine dunkel funkelnde Satire rund um alle Debatten, die gerade um Political Correcteness, das Gendern oder die sogenannte Identitätspolitik ausgefochten werden. Ein Buch, bei dem man sehr oft laut lachen muss. Zum Beispiel über die extrem komischen Spekulationen darüber, warum sich eine Bäckerei in Berlin „Freundliche Bäckerei“ nennen muss. Eine intelligente, sehr lustige Sommerlektüre!
Anja Höfer, SWR2 Literaturredaktion
„71/72 — Die Saison der Träumer“ von Bernd-M. Beyer
Verrücktes Deutschland! Bernd-M. Beyer beamt uns ins westdeutsche Gewühl der 1970er Jahre. Die Bundesliga wird von einem riesigen Bestechungsskandal überrollt und Dribbelkünstler Stan Libuda zu Racing Straßburg verbannt. Währenddessen legt Rio Reiser abseits der Stadien mit Ton, Steine, Scherben den Soundtrack unter linke Hoffnungen von einer besseren Welt. Wie nah Ball und Balla-Balla in der BRD beisammen liegen – jeder Spieltag für mich ein Aha-Effekt. Ein Fußballbuch, ein Rock-Buch, ein herrlich anekdotenreiches und kurzweiliges Deutschlandporträt auf 350 Seiten. „1971/72 Die Saison der Träumer“ gehört ins Urlaubsgepäck – nicht nur von Fußballfans!
Lukas Meyer-Blankenburg, SWR2 Literaturredaktion
„Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ von C Pam Zhang
Mein Buch dieses Sommers ist „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ von C Pam Zhang, weil ich einen so hypnotischen Western noch nie gelesen habe. Im Zentrum stehen die Schwestern Lucy und Sam, die sich jedoch als Junge gibt. Der Vater ist tot, die Mutter verschwunden. Wohin gehen? Bleiben und Gold schürfen wie einst der Vater, oder doch lieber eine Schiffspassage buchen und zurückgehen in das geheimnisvolle Land jenseits des Meeres, in dem sie niemand mehr „Schlitzaugen“ schimpfen wird?
Lucy und Sams Eltern waren chinesischer Herkunft, wie so viele Goldschürfer, Minenarbeiter und Eisenbahnbauer im Amerika des 19. Jahrhunderts. In dem Western „Wie viel von diesen Hügeln ist Gold“ dürfen sie endlich die Hauptrolle spielen, die ihnen schon lange zusteht. C Pam Zhang, die 1990 in Peking geboren wurde und als Kind in die USA kam, hat ein altes Genre generalüberholt. Im Zentrum steht eine Geschwisterbeziehung, doch auch die gnadenlose Aufteilung des riesigen Landes, die brutale Verfolgung der Ureinwohner und die von den Goldsuchern angerichtete Umweltzerstörung werden thematisiert. Ein politischer und zugleich poetischer Roman. American Dream auf links gekrempelt. Katharina Borchardt, SWR2 Literaturredaktion
„Daddy“ von Emma Cline
Mein Buch dieses Sommers ist Daddy von Emma Cline, weil der Erzählband zehn Storys enthält, die alle aus ihrer eigenen Sprache und Atmosphäre bestehen. Die Geschichten sind kurzweilig, aber nicht belanglos und lassen Lesende in Momentaufnahmen verschiedenster zwischenmenschlicher Beziehungen eintauchen. Ein perfektes Sommerbuch, das sich zwischen den Geschichten auch gut weglegen lässt, Raum zum Durchatmen, einen Strandspaziergang oder eine Eis-Pause bietet – natürlich nur, wenn man das auch will.
Nina Wolf, SWR2 Literaturredaktion
