Alexander Wehrle (Vorstandsvorsitzender VfB Stuttgart) auf einer Pressekonferenz

Fußball | Bundesliga

Zwischen Erfolg und Werten - VfB-Boss Alexander Wehrle wehrt sich gegen Kritik

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REDAKTEUR/IN
Michael Bollenbacher
ONLINEFASSUNG
Sophie Salmen
Autorin SWR Sport Sophie Salmen

Sportlich muss sich der VfB Stuttgart derzeit keine Sorgen machen. Wirtschaftlich sah die Lage zuletzt anders aus. Der Vorstandsvorsitzender Alexander Wehrle spricht bei SWR Sport über den Balanceakt zwischen Erfolg, wirtschaftlichen Entscheidungen und Fan-Kritik.

Aktuell läuft es in der Fußball-Bundesliga für den VfB Stuttgart so richtig rund. Torjäger Serhou Guirassy bescherte dem VfB mit einem Dreierpack beim 3:1 gegen den 1. FSV Mainz 05 den dritten Saisonsieg. Neun von zwölf mögliche Punkte und Tabellenplatz vier, sportlich liegen die Schwaben weit über Soll. "Es ist eine tolle Momentaufnahme", fasst Sportvorstand Alexander Wehrle in der Sendung SWR Sport den erfolgreichen Saisonstart zusammen, schränkt dann aber gleich ein: "aber auch nicht mehr."

VfB Stuttgart zwischen Millionenverlust und Millionendeal

Kein Grund also für Euphorie beim 48-Jährigen. Denn blickt man auf die wirtschaftliche Entwicklung beim VfB Stuttgart, dann war die letzte Zeit ziemlich turbulent. Das zurückliegende Geschäftsjahr der AG wurde mit einem Verlust von 16,6 Millionen Euro abgeschlossen. Die Corona-Pandemie soll ein Loch von rund 90 Millionen gerissen haben. Dazu kommt der Stadionumbau mit ähnlichen finanziellen Dimensionen.

Gleichzeitig gelang dem VfB Ende Juni ein finanzieller Coup. Der Verein verkündete, mit dem Autobauer Porsche und der Firmentochter MHP zwei große Investoren für einen lukrativen Sponsoren-Deal gewonnen zu haben. Dazu kommt das weitere Engagement von Autobauer Mercedes. Insgesamt 100 Millionen Euro Gesamtvolumen soll das sogenannte schwäbische Weltmarkenbündnis dem Klub einbringen. Dazu bekommt das Stadion für mindestens zehn Jahre einen neuen Namen.

Die Verträge sind zwar noch nicht unterschrieben, aber Alexander Wehrle kündigt bei SWR Sport eine baldige Unterschrift unter die Papiere an: "Signing und Closing sind für September, Oktober vorgesehen." Das sei für die nächsten Jahre und Jahrzehnte ein ganz, ganz wichtiger Abschluss gewesen, betont Wehrle die Bedeutung des "schwäbischen Weltmarkenbündnisses" für die Zukunft des VfB Stuttgart. Man müsse mittelfristig eine "Balance zwischen Transfereinnahmen und -ausgaben" hinbekommen, da sei man einen großen Schritt weitergekommen.

Lautstarke Kritik am neuen Trikotsponsor

Die wirtschaftlichen Entscheidungen des Vereins aus den letzten Monaten sorgen aber nicht nur für Lob bei den Fans. Besonderen Ärger innerhalb der Anhängerschaft löste der neue Hauptsponsor aus: Anfang August verkündeten die Stuttgarter den Einstieg des Online-Wettanbieters "Winamax" als neuen Haupt- und Trikotsponsor. Zumindest bis 2026 trägt der Verein mit dem Brustring den Namen des französische Unternehmens auf dem Jersey. Der Dreijahresvertrag bringt dem VfB dem Vernehmen nach 8,5 Millionen Euro per annum - ein guter Deal.

Das sehen aber längst nicht alle so. Für Kinder gibt es zwar Trikots ohne Wettanbieter-Aufschrift, dennoch sind viele Fans alles andere als begeistert. Beim DFB-Pokalspiel bei der TSG Balingen fragten die Ultras "Werte und Moral unseres VfB - ein reines Glücksspiel?" In Umfragen von SWR Sport vor den ersten beiden Heimspielen gingen viele Aussagen der Anhänger in eine ähnliche Richtung. Von "nicht nachvollziehbar" über "keine Option so ein Trikot" bis hin zu "Glücksspiel ist immer Kacke" lautete die Kritik.

Wehrle: 16 von 18 Bundesligisten haben Wettpartner

Kritik, die Alexander Wehrle gegenüber SWR Sport nicht einfach so stehen lassen möchte: Der neue Sponsor habe "vom deutschen Staat eine Lizenz bekommen, ist also legitimiert". Als die gewünschte Lösung mit einem Hauptpartner aus der Region nicht zustande gekommen sei, hätte man unternehmerisch abwägen müssen: "Verzichtest du auf so einen signifikanten Betrag und musst eventuell Leistungsträger verkaufen? Oder gehst du diese Partnerschaft ein?"

Er könne nachvollziehen, dass es Diskussionen gegeben hat, denn die Erwartungshaltung sei eine andere gewesen. Aber, und das betont der VfB-Vorstandschef im Gespräch, 16 von 18 Bundesligisten hätten Wettpartner, das sei jetzt nichts völlig Unseriöses. "Wir setzen uns mit der Kritik auseinander, das finde ich auch wichtig und richtig. Letztendlich gibt es aber ganz viele in der Bundesliga, die eben auch Wettpartner haben."

Und so könnte Vorstandsboss Alexander Wehrle auch in den nächsten Wochen weiter einen Balanceakt händeln müssen - den Balanceakt sportlicher Erfolg, wirtschaftliche Stabilität und gleichzeitige Fan-Kritik.

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Autorin SWR Sport Sophie Salmen