Ulf Merbold war der erste deutsche Astronaut im All, Matthias Maurer der bislang letzte. In Speyer trafen sich die beiden Astronauten bei der Raumfahrtausstellung in Speyer und antworteten auf Fragen. (Foto: SWR, SWR)

Weltraumausstellung Speyer

Astronauten im Gespräch: Ulf Merbold und Matthias Maurer

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Ute Spangenberger
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Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)

Zum 15-jährigen Bestehen der Raumfahrtausstellung in Speyer kamen zwei ganz besondere Astronauten: Der erste westdeutsche Astronaut im All und der bislang letzte: Ulf Merbold und Matthias Maurer –zwei Astronautengenerationen, die sich und dem Publikum im Museum viel zu erzählen hatten.

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Blitzlicht, Fernsehkameras und hunderte Besucher, die mit ihren Smartphones Fotos machen – Matthias Maurer und Ulf Merbold können sich vor Aufmerksamkeit kaum retten. Museumsmitarbeiter navigieren sie durch die Raumfahrtausstellung in Speyer. Beim gemeinsamen Interview erzählt Matthias Maurer, dass Ulf Merbold für ihn ein Vorbild sei.

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Als ich noch sehr klein war, durfte ich im Fernsehen mitverfolgen, wie du hochgeflogen bist, damals mit dem Space Shuttle. Das war schon eine große Inspiration für mich. Vielen Dank nochmal dafür. Das war mit Sicherheit auch sehr, sehr wichtig, um mich da auf die richtigen Wege zu leiten.

Matthias Maurer verfolgte die Berichterstattung über die Einsätze von Ulf Merbold im All bereits in seiner frühen Jugend. (Foto: SWR, SWR)
Matthias Maurer verfolgte die Berichterstattung über die Einsätze von Ulf Merbold im All bereits in seiner frühen Jugend.

Ulf Merbold war als bislang einziger Deutscher dreimal im All

Ulf Merbold winkt ab, er ist ein bescheidener Mensch. 82 Jahre ist er inzwischen alt und hält bis heute einen Rekord: Er ist der einzige deutsche Astronaut, der dreimal im All war.

Ich freue mich natürlich, wenn sich jemand überhaupt noch an mich erinnern kann. Das ist ja alles schon ewig her. Es ist ja in wenigen Tagen tatsächlich 40 Jahre her, dass ich zum ersten Mal in die Erdumlaufbahn gelangen konnte. Insofern freue ich mich auch, dass ich den Matthias hier treffen kann.

Ulf Merbold war der erste deutsche Astronaut im All, Matthias Maurer der bislang letzte. In Speyer trafen sich die beiden Astronauten bei der Raumfahrtausstellung in Speyer und antworteten auf Fragen. (Foto: SWR, SWR)
Ulf Merbold war der erste (west-)deutsche Astronaut im All, Matthias Maurer der bislang letzte. In Speyer trafen sich die beiden Astronauten bei der Raumfahrtausstellung im Technikmuseum und antworteten auf Fragen.

Die beiden verstehen sich prächtig, obwohl sie fast 30 Jahre voneinander trennen. Die Liebe zur Raumfahrt und die Erfahrungen im All einen. Beim Interview stehen sie vor einem ganz besonderen Ausstellungsstück im Speyrer Technikmuseum – einer originalen russischen Sojuskapsel - genau die Kapsel, mit der Ulf Merbold 1994 bei seiner dritten und letzten Weltraummission zurück zur Erde flog.

Raumfahrt war früher wesentlich unbequemer

Matthias Maurer schaut sich die enge, ordentlich ramponierte Kapsel an und vergleicht sie mit der modernen Crew Dragon-Kapsel von SpaceX, mit der er 2021 zur ISS geflogen ist:

Mit der Crew Dragon, die ist natürlich größer, moderner, wir hatten viel mehr Platz drin. 24 Stunden Anreise war eigentlich ganz komfortabel. So wie in der Business-Klasse hatten wir Platz. Ich glaube, in der kleinen Kapsel musstest du dich da schon eher reinzwängen."

Ulf Merbold stimmt Matthias Maurer zu:

Ja, die ist ja unheimlich eng. Das ist auf jeden Fall anstrengend oder herausfordernd. Aber worum ich euch am meisten beneide - damals war das gang und gebe: Bis zum Andocken brauchte man 34 Orbits (d.h. Umlaufbahnen - Anm. der Redaktion), wenns gut ging. Das heißt, man musste hier zwei Tage drin aushalten und heutzutage sind die meisten nach zwei Stunden an der Station.

Reisen ins All waren zu Zeiten von Ulf Merbold deutlich weniger komfortabel als heutzutage: Die Raumkapsel war deutlich kleiner und brauchte mehr Zeit zum Andocken an die Raumstation ISS. (Foto: SWR, SWR)
Reisen ins All waren zu Zeiten von Ulf Merbold deutlich weniger komfortabel als heutzutage: Die Raumkapsel war deutlich kleiner und brauchte mehr Zeit zum Andocken an die Raumstation ISS.

Ulf Merbold fordert Regeln für den Weltraum

Auch zu aktuellen Entwicklungen in der Raumfahrt äußern sich die beiden Astronauten. Die Kommerzialisierung im Weltraum schreitet voran, längst sind nicht nur Staaten und Weltraumagenturen die Akteure. Immer mehr Privatunternehmen engagieren sich und die Zahl der Satelliten im Weltraum nimmt rapide zu.

Ulf Merbold sieht die Entwicklung durchaus kritisch: So würden Figuren wie Elon Musk zwar auch Gutes tun, gleichzeitig aber auch den Weltraum mit Starlink-Satelliten vermüllen. Merbold hält es für längst überfällig, "dass in der Raumfahrt jetzt irgendwelche Regeln kommen, dass diejenigen, die viel Geld haben, nicht im Weltraum machen können und auch machen, was sie wollen."

Wenn es eben insgesamt eher schädlich sei, gebe es momentan keine Möglichkeit, jemanden daran zu hindern. Er hält es daher für wichtig, dass "zum Beispiel die UN oder irgendeine international agierende Organisation die Raumfahrt jetzt auch in irgendeiner Weise reglementiert.“

Weltraumtouristen produzieren auch Weltraumschrott

Ulf Merbold hofft, dass in Zukunft nicht nur reiche Menschen die Möglichkeit haben, als sogenannte Weltraumtouristen ins All zu fliegen.

Gerade was bemannte Flüge angeht, sei es mit Sicherheit wünschenswert, dass viele Menschen diese Chance bekommen, einmal die Erde in einer niedrigen Umlaufbahn zu umrunden. Innerhalb von 90 Minuten lege man dann den gesamten Umlauf zurück. Die Erde wird damit, so Merbold, in der eigenen Gedankenwelt "kleiner, verletzbarer und schützenswerter."

Nicht nur reiche Menschen sollten nach Einschätzung von Matthias Maurer die Möglichkeit zu einem Trip ins All bekommen. Im Bild u.a.Jeff Bezos, Elon Musk (Foto: SWR, SWR)
Nicht nur reiche Menschen sollten nach Einschätzung von Ulf Merbold die Möglichkeit zu einem Trip ins All bekommen.

Matthias Maurer zögert bei seiner Antwort ein wenig und verweist darauf, dass zu viele Touristen im All auch Weltraumschrott erzeugen. Er kann durchaus nachvollziehen, dass jeder Mensch diesen Traum hat, hoch zu fliegen und runter zu schauen auf die Erde.

Ich würde mir zumindest wünschen, dass die Entscheidungsträger dieser Welt einmal die Gelegenheit hätten, hoch zu fliegen und die Erde mit eigenen Augen zu sehen. Die würden wahrscheinlich eine ganz andere Politik machen.

Ulf Merbold plant keine weiteren Raumfahrten

Am Ende unseres Interviews müssen wir Ulf Merbold noch eine Frage stellen: Ob er mit seinen 82 Jahren nicht vielleicht doch noch einmal ins All fliegen möchte. Das klingt verrückt, wäre aber theoretisch möglich. 2021 hatte der Schauspieler William Shatner alias Captain Kirk für Schlagzeilen gesorgt, weil er mit 90 Jahren in einer Raumkapsel des Unternehmens Blue Origin Richtung Weltraum geflogen war und einige Minuten in der Schwerelosigkeit verbrachte. Aber Ulf Merbold winkt ab – entweder richtig oder gar nicht:

Nein, nur nochmal hier rauf und runter, wenn dann wollte ich schon nochmal eine gute Mission erleben dürfen und auf der Stelle eben auch was tun, um den Erkenntnis- und Erfahrungshorizont zu vergrößern, was herauszufinden, was wir jetzt noch nicht so richtig kennen. Ich komme aus einem wissenschaftlichen Umfeld und das wäre mir dann schon auch wichtig. Aber: Sie brauchen es nicht zu befürchten: In meinem Fall wird es nicht mehr dazu kommen können.

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