Kommentar

Deshalb sollten Kinder und Jugendliche als Letzte eingeschränkt werden

Stand
Autor/in
Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell.

Zur Eindämmung der Corona-Pandemie könnten demnächst wieder einschneidende Maßnahmen beschlossen werden. Leidtragende wären möglicherweise vor allem wieder Kinder und Jugendliche.

Am 25. November will sich die Bundeskanzlerin wieder mit den Ministerpräsidenten treffen und beraten, wie es weitergeht. Ob der Wellenbrecher-Shutdown weitergehen muss und wie die folgenden Maßnahmen aussehen.

Eigentlich wollte Merkel schon diese Woche zahlreiche Verschärfungen anstoßen- vor allem im Bereich Schulen und für Kinder und Heranwachsende. Der Unmut darüber ist groß. Jetzt trommeln Kinderärzte, Kinderschutzbund und zahlreiche Elternorganisationen dagegen und hoffen so die geplanten Einschränkungen abwenden zu können. Zu Recht findet Wissenschaftsredakteurin Anja Braun:


Politiker fordern Wechselunterricht für Schulen

Vor allem Kinder und Jugendliche sollten durch die Vorschläge stark eingeschränkt werden. So sollten die weiterführenden Schulen auf Wechselunterricht umstellen, Kinder und Jugendliche sich in ihrer Freizeit nur noch mit einem Freund/einer Freundin treffen dürfen.
Aha und Erwachsene treffen sich weiterhin mit so vielen wie sie Spaß haben, oder?

Auch an deutschen Schulen steigen die Corona-Infektionszahlen. Welche Rolle spielen Kinder und Jugendliche bei der Ausbreitung der Pandemie?
Auch an deutschen Schulen steigen die Corona-Infektionszahlen. Welche Rolle spielen Kinder und Jugendliche bei der Ausbreitung der Pandemie?

Gottesdienste und Konsumtempel weiter offen

Es gibt wirklich andere Bereiche, in denen Corona-Schutzmaßnahmen zuerst durchgeführt werden könnten – bevor man an die Jüngsten geht. Zum Beispiel Gottesdienste – man weiß seit dem Frühjahr ziemlich genau, dass zahlreiche Infektionsketten in Gottesdiensten begonnen haben. Die sollten als erstes untersagt werden.
Und dann sind da ja noch die ganzen Läden. Alle offen! Treffen von mehreren Haushalten sind hier erlaubt. Hauptsache, es dient dem Konsum.

Ist für Millionen von Schülerinnen und Schüler in Deutschland bald schon wieder Schule für zu Hause angesagt?
Ist für Millionen von Schülerinnen und Schüler in Deutschland bald schon wieder Schule für zu Hause angesagt?

Innenstädte immer noch stark bevölkert

Wer Samstags wie ich in der Fußgängerzone einer Stadt unterwegs ist, merkt kaum etwas davon, dass wir in einer Pandemie leben. Da drängeln sich munter die Menschen – immerhin etwa zwei Drittel mit Masken vor dem Gesicht – in den Läden oder immer öfter bilden sich die Knäuel vor den Läden, denn rein darf ja nur noch eine begrenzte Zahl Kunden. Vor den Imbißbuden lange Schlangen, dicht an dicht stehen dort die Menschen – oft ohne Maske. Gerne in Gruppen.

Ich finde hier könnte Politik zuerst ansetzen – Erstmal alle Läden bis auf jene für den täglichen Gebrauch schließen – das wäre eine Maßnahmen, die deutlich vor den strengen Kontaktbeschränkungen für Kinder kommen sollte - Aber oh weh, da schreit die Wirtschaft auf. Sie hat eben doch eine stärkere Lobby als unsere Kinder.

Alltagsleben in Stuttgart in Zeiten von Corona
Alltagsleben in Stuttgart in Zeiten von Corona: Weniger Betrieb als normal, dennoch nicht immer ausreichend Sicherheitsabstand.

Geld für Automobilbranche, nicht für Luftreiniger

Das hat sich auch erst am Dienstag wieder gezeigt. Auf dem Autogipfel wurden den deutschen Autobauern weitere drei Milliarden Euro zugesagt - um den Umbau weg von Verbrennern - hin zu Elektroautos – abzufedern. Schließlich betreffe das auch Arbeitsplätze von rund 800 000 Menschen.

Und die eine Milliarde Euro, die es kosten soll, um in allen Schulen bundesweit Luftreiniger aufzustellen, damit Schülerinnen ohne Abstand weiter unterrichtet werden können – die ist nicht drin. Zu teuer haben schon diverse Politiker geurteilt. Dabei trifft das die zehnfache Zahl der Beschäftigten in der Autoindustrie, nämlich 8,3 Millionen Schülerinnen allein an allgemeinbildenden Schulen – ohne die Lehrer dazuzurechnen.

Luftreiniger gibt es bislang nur in den wenigsten Schulen.
Luftreiniger gibt es bislang nur in den wenigsten Schulen.

Keine vernünftigen Maßnahmen zum Infektionsschutz

Diese Unverhältnismäßigkeit ärgert mich furchtbar! Es wird zwar immer wieder gesagt, wie wichtig die Schulen sind, aber zu ihrer Rettung wird nichts getan.
Wann gibt es endlich einen Gipfel, der dafür sorgt, dass in Schulen pandemiegemäß und sicher unterrichtet werden kann. Denn es ist ja nicht zwangsläufig so, dass Kinder und Jugendliche sich dort anstecken und das Virus weitergeben.

Dicke Luft in den Schulen - nicht in Staatsministerien

Bloß so, wie sie derzeit gehalten werden – mit bis zu 30 in einem Raum, eng beieinander sitzend und mit der einzigen Schutzmaßnahme, dass pro Stunde dreimal gelüftet wird, das scheint nicht ausreichend Infektionsschutz zu bieten.

Jetzt bieten schon Jugendherbergen und Theater an, Schulen aufzunehmen, um mehr Abstand zu ermöglichen. Her mit den Lösungen – zumindest solange, bis in unseren Schulen auch ausreichend Luftreinigungsgeräte stehen – wie das in vielen Staatsministerien bereits der Fall ist. Dort nutzt man übrigens die für Schulen zu teuren Geräte bereits häufiger. Unter anderem zum Infektionsschutz in den Kantinen.

Die Hygieneregeln in vielen Schulen sind oft nur halbherzig. Mit etwas mehr Unterstützung auch seitens der Politiker könnten Infektionen besser verhindert werden, ohne die Schulen wieder schließen zu müssen.
Die Hygieneregeln in vielen Schulen sind oft nur halbherzig. Mit etwas mehr Unterstützung auch seitens der Politiker könnten Infektionen besser verhindert werden, ohne die Schulen wieder schließen zu müssen.