Homöopathische Glasfläschchen, Kügelchen und Tabletten liegen auf einem Tisch. Ein Kommentar dazu, dass Homöopathie nicht länger Kassenleistung bleiben soll. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa | Annette Riedl)

Kommentar

Lauterbach will Homöopathie als Kassenleistung steichen

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Veronika Simon
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Elisabeth Theodoropoulos

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Finanzierung homöopathischer Behandlungen durch gesetzliche Kassen streichen. Ein guter Schritt, sagt Veronika Simon aus der SWR Wissenschaftsredaktion. Ein Kommentar:

Karl Lauterbach ist nicht der erste Gesundheitsminister, der auf die Idee kommt, homöopathische Mittel von der Liste der Krankenkassen-Leistungen zu streichen. Doch Lauterbach könnte der Erste sein, der es durchzieht.  

Das passt den deutschen Homöopathen natürlich nicht. Sie wollen ihre historische Sonderbehandlung behalten – sie wollen von Ärztinnen verschrieben, in Apotheken verkauft und von Krankenkassen übernommen werden. 

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Homöopathie wirkt nicht mehr als Würfelzucker

Dabei ist die Frage aus wissenschaftlicher Sicht klar: Globulis und andere homöopathische Mittel haben keinen spezifischen Effekt. Dabei wurde ausgiebig nach einem Nachweis für die Wirksamkeit gesucht – aber sobald man den gleichen wissenschaftlichen Standard anlegt wie an alle anderen Medikamente, bleibt es bei dem Ergebnis: Homöopathie wirkt nicht, zumindest nicht mehr als Würfelzucker, solange man an dessen Wirkung glaubt.

Zuckerwürfel (Foto: IMAGO, IMAGO / imagebroker)
Die Wirkung von homöopathischen Mitteln beruht auf dem Placebo-Effekt - nicht auf den Inhaltsstoffen.

Man könnte sagen: Ist doch egal, wenn jemand gerne Zückerchen schlucken will, soll er das tun. Und ja, das stimmt, das ist sein oder ihr Privatvergnügen.

Irrsinn: Globulis werden bei Erkältung bezahlt, Nasenspray nicht

Der Unterschied ist: Die Rechnung für Würfelzucker kann ich nicht bei der Krankenkasse einreichen. Es gibt keinen Arzt für Würfelzuckerkunde und Würfelzucker wird auch nicht hinter dem Tresen der Apotheke verkauft mit kryptischen lateinischen Namen. Niemand tut so, als sei er ein ernstzunehmendes Medikament. Bei homöopathischen Mitteln ist das anders. 

Wenn Krankenkassen bei einer Erkältung Globulis bezahlen, Nasenspray und Ibuprofen aber nicht, dann geben sie der Homöopathie einen seriösen Anstrich, den sie nicht verdient.

Die Gefahr besteht, dass Menschen, die ernsthaft erkrankt sind, denken, sie könnten sich mit den Mitteln heilen und so eine echte Behandlung verzögern.  

Homöopathische Kügelchen liegen in einer Hand. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa | Annette Riedl)
Mittlerweile wissenschaftlicher Konsens: homöopathische Mittel wirken nicht über den Placebo-Effekt hinaus.

Ich finde: Gesetzliche Krankenkassen sollten das gemeinsame Geld für Mittel ausgegeben, deren Nutzen aus wissenschaftlicher Sicht belegt oder wenigstens nicht tausendfach widerlegt ist.

Natürlich gibt es noch mehr Behandlungen, die mindestens fraglich sind und von den Kassen bezahlt werden. Aber das ist ja kein Argument dafür, Homöopathie auf der Liste zu behalten.  

Finanzielle Ersparnis nicht sehr groß, aber logischer Schritt

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die finanzielle Ersparnis bei den Krankenkassen ist im Vergleich nicht sehr groß, wenn die homöopathischen Mittel rausfallen.  

Bei dem Vorstoß von Karl Lauterbach geht es also wahrscheinlich um mehr als die reine Kostenersparnis. Er will ihr die Privilegien entziehen. Sie soll genauso behandelt werden, wie andere nicht-spezifisch wirksame Medikamente auch.  

Aus meiner Sicht ein logischer, ein notwendiger Schritt.  

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