Die Endemie – sie ist der Ausweg aus der Pandemie. Zumindest bekommt man diesen Eindruck, wenn man dieser Tage den Fernseher oder das Radio anmacht. Nicht gefährlicher als eine Erkältung soll das Coronavirus in der Endemie sein, und das exponentielle Wachstum der Infektionswellen gehört dann auch der Vergangenheit an.
Auch Malaria ist ein Beispiel für eine Endemie
Endemische Krankheiten gibt es bereits, allerdings macht ein Blick auf diese nicht gerade Hoffnung, dass die Endemie tatsächlich die Rettung ist:
Malaria ist eine Erkrankung, von der wir sagen, sie ist in bestimmten Gebieten der Welt endemisch.
600.000 Todesopfer forderte Malaria 2020. Tuberkulose, in manchen Regionen ebenfalls endemisch, sogar 1,5 Millionen. Und manche Experten stellen in Frage, ob ein endemisches Coronavirus auch automatisch ungefährlich ist.

Auch bei Endemien können viele Menschen sterben
Endemie bedeute zunächst mal, so die Epidemiologin Berit Lange, dass es eine bestimmte Infektion in einer bestimmten geografischen Region gibt und dass die dort auch in relevanter Häufigkeit vorkommt, aber ohne größere Schwankungen.
Das bedeutet, es gibt keine starken Infektionswellen mehr, wie wir sie jetzt, während der Pandemie erleben. Trotzdem können sich aber auch dann noch viele Menschen infizieren, schwer erkranken und sterben.

Das Virus wird, so Lange, immer gefährlich bleiben für den Einzelnen. Insbesondere dann, wenn man nicht geimpft sei oder eben keine Immunität habe und natürlich auch noch dann, wenn man möglicherweise in eine vulnerable Gruppe gehöre, also sehr alt sei oder bestimmte Vorerkrankungen habe.
Da hat sich mal zunächst nichts geändert an den grundlegenden Charakteristika des Erregers – das ist nicht unterschiedlich in Pandemie oder Endemie.

Virus muss nicht zwingend harmloser werden
Oft wird in einen Topf geworfen, dass eine Endemie auch mit einem harmloser werdenden Virus einhergeht. Für das Virus wäre es vorteilhafter, seinen Wirt nicht zu töten, ist das Argument, weil es so mehr Möglichkeit hätte, sich weiter zu verbreiten. Und obwohl das so passieren könnte – für viele sind die milderen Verläufe bei Omikron die Bestätigung für diese Theorie – steckt eine Person in den ersten Tagen der Infektion die meisten anderen Menschen an, in der Regel lange bevor die Erkrankung schwer wird.
Für die Verbreitung des Virus hat der Wirt nun seinen Teil getan – ob er jetzt überlebt oder nicht, ist dem Virus letzten Endes egal. Der evolutionäre Druck ungefährlicher zu werden, ist deshalb nicht so groß, wie es manchmal dargestellt wird.

Immunität in der Bevölkerung macht den Unterschied
Der Unterschied besteht nach Einschätzung von Berit Lange normalerweise in der Immunität, die in der Bevölkerung vorhanden sei. Man würde vermutlich bei Corona von einer Art von Endemie sprechen, wenn wir entsprechende Immunität – durch Impfung oder durch natürliche Infektion – haben, so dass es nicht zu diesen ganz starken pandemischen Wellen kommt.
Die Endemie markiert also vielleicht das Ende der Pandemie, nicht aber des Coronavirus und der Gefahr, die davon ausgeht. Eine starke Immunität wird nach wie vor der beste Schutz vor dem Virus bleiben. Eine aktuelle Studie der TU München geht davon aus, dass so eine Immunität in der Regel nach drei Kontakten mit dem Virus oder Virusteilen (dem Spike-Protein) erreicht ist. Mit Kontakt ist hier eine Impfung oder Infektion gemeint, wobei der wesentlich ungefährlichere Kontakt eine Impfung ist.

Pandemie macht Pflegenotstand sichtbar
Neue Varianten könnten aber auch in der Endemie den Immunschutz zumindest teilweise aushebeln, wie wir es gerade mit Omikron erleben. Das muss dann erkannt werden. Wir werden mittelfristig aber nicht mehr Millionen PCR- und Schnelltests machen. Das heißt, das bestehende Atemwegsinfektions-Überwachungssystem muss angepasst werden. Das Gesundheitssystem muss vorbereitet sein, allerdings befindet sich die Pflege nicht erst seit der Pandemie in einer Personalkrise.
Die Corona-Endemie, der wir wahrscheinlich nicht mehr aus dem Weg gehen können, wird also keinesfalls zum Selbstläufer. Um damit umgehen zu können, bedarf es noch viel Arbeit und es bedeutet auch nicht, dass wir das Virus vergessen können.
Und da müssen wir uns auch entsprechend vorbereiten.