Stoppschild mit der Aufschrift: "STOP Omikron" (Foto: IMAGO, IMAGO / Steinach)

Corona-Pandemie

Trotz milderer Verläufe: Omikron macht Probleme

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AUTOR/IN
Veronika Simon
ONLINEFASSUNG
Lilly Zerbst

Die Omikron-Variante führt zu weniger schweren Covid-Erkrankungen. Doch Experten warnen: Für das Gesundheitssystem kann sie trotzdem zum Problem werden.

Die Infektionszahlen steigen wieder. Grund dafür ist die rasante Verbreitung der Omikron-Variante. Auch wenn der Krankheitsverlauf milder zu sein scheint: Grund zum Aufatmen gibt es nicht. Zu den Folgen der Verbreitung der Omikron-Variante für das Gesundheitssystem haben sich mehrere Experten am vergangenen Mittwoch, den 05.01.2022, in einer Pressekonferenz des Science Media Center geäußert.

Mildere Verläufe bei Omikron-Infektion

Es scheint sich zu bewahrheiten: Covid-Erkrankungen, die durch die Omikron-Variante ausgelöst werden, verlaufen offenbar im Schnitt nicht so schwer wie mit der Delta-Variante. Das wisse man zum Einen aus Zellkulturen und Tierversuchen, sagt Jörg Timm, Leiter der Virologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Die Omikron-Viren könnten nicht so gut in die Lungenzellen eindringen. Der Befall tieferer Lungenabschnitte, der zu den ganz schweren Verläufen führt, tritt weniger häufig auf. Stattdessen infizierten die Omikron-Viren eher Zellen der oberen Atemwege. Diese Tendenz sehe man bei allen Altersgruppen.

Symbolbild: Lungen-Röntgenbild mit Coronaviren. (Foto: IMAGO, IMAGO / Shotshop)
Die Omikron-Viren befallen weniger die tiefen Lungenabschnitte, deren Infektion zu den ganz schweren Verläufen führt.

Aber trotzdem gibt es noch immer Menschen, die mit Omikron schwer erkranken oder daran sterben, auch wenn es im Schnitt weniger sind. Das sind dann vor allem Menschen ohne Impfschutz, aber auch Ältere oder Patienten mit Vorerkrankungen kann es treffen – die Risikogruppen bleiben die gleichen wie bei den vorherigen Corona-Varianten.

Milde Verläufe sind nicht immer harmlos

Selbst milde Krankheitsverläufe könnten ein Problem sein. Eine Studie vom Uniklinikum Hamburg deutet darauf hin, dass es auch bei scheinbar harmlosen Corona-Infektionen zu Organschäden kommen könnte.

Außerdem wisse man noch nichts über Long Covid nach einer Omikron-Infektion, betont Prof. Clemens Wendtner. Er ist Chefarzt der Infektiologie am Klikum Schwabing in München und warnt: Ein milder Verlauf sei nicht automatisch harmlos.

Ein Mann liegt im Bett und hustet. (Foto: IMAGO, IMAGO / Panthermedia)
Auch bei milderen Covid-Verläufen, die durch eine Infektion mit der Omikron Virus-Variante ausgelöst wurden, können Organschäden oder das Long-Covid Syndrom entstehen.

Ein weiteres Problem sei laut Wendtner, dass bestehende Therapeutica zum Teil nicht mehr wirken. Dabei geht es vor allem um Antikörpertherapien, die ähnlich wie die Impfungen an das veränderte Virus angepasst werden müssen.

Es ist mit hohen Infektionszahlen zu rechnen

Ein Blick ins Ausland zeigt: Die Omikron-Variante breitet sich rasend schnell aus. Wie sich die kommende Omikron-Welle in Deutschland entwickeln könnte, modelliert Prof. Andreas Schuppert mit seiner Arbeitsgruppe an der Technischen Hochschule Aachen. Er geht davon aus, dass die Krankenhäuser stark belastet werden – durch Ungeimpfte auf den Intensivstationen und Menschen mit nur zweifachem Impfschutz auf den Normalstationen.

„Bei Inzidenzen deutlich über 1000 wird man Einweisungzahlen auf Intensistationen sehen, die auf der Ebene der 4. Delta-Welle liegen werden."

Noch sind diese Prognosen recht unsicher. Aber in anderen europäischen Ländern sieht man bereits solch hohe Inzidenzen: Dänemark liegt aktuell (Stand: 07. Januar 2022) bei über 2000 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche. Solche Zahlen seien auch in Deutschland denkbar, so Schuppert.

Weiterhin hohe Belastung in den Kliniken erwartet

Besonders viele Patienten und Patientinnen werden auf den Normalstationen landen, eine Folge der milderen Verläufe durch Omikron. Für die Kliniken ist das aber nicht unbedingt eine Erleichterung, wie Prof. Clemens Wendtner von der Münchner Klinik Schwabing erklärt:

„Selbst wenn wir mehr Patienten auf der Normalstation bekommen, bindet das logischerweise auch Personal. Wir haben ja bereits schon Pandemiestationen eröffnet. Das heißt, wir sind ja gar nicht mehr im Normalbetrieb.“

Er geht davon aus, dass weiter deutlich mehr Operationen verschoben werden müssen, darüber hinaus könne es Urlaubssperren für das Personal geben und die Bundeswehr könne zur Unterstützung in den Kliniken eingesetzt werden. In Schwabing sei das bereits der Fall.

Verbesserungsbedarf bei Hospitalisierungsdaten

Wenn mehr Menschen auf der Normalstation behandelt werden, wird es umso wichtiger, genau zu erfassen, wer wann mit einer Coronainfektion ins Krankenhaus muss, auch wenn er oder sie nicht auf der Intensivstation landet. Doch diese Hospitalisierungsdaten werden in Deutschland mit starker Verzögerung gemeldet, sie sind kaum belastbar. Hier müsse dringend nachgebessert werden, da sind sich die Experten einig.

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