Forscher hält Blutprobe hoch (Foto: IMAGO, Westend61)

Coronavirus

Veränderte Blutzellen als Ursache von Long-Covid?

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Georg Filser
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Henrik von Tenspolde

Müdigkeit, Kopfschmerzen und Atemnot - viele Patient*innen kämpfen auch nach einer überstandenen Corona-Infektion mit diesen Problemen. Forschende aus Erlangen haben jetzt eine mögliche Erklärung für Long-Covid gefunden.

Veränderte Blutkörperchen könnten zu Long-Covid führen. Darauf deutet eine Studie von Forscher*innen des Max-Planck-Zentrums für Physik und Medizin in Erlangen hin. Dabei haben sie mehrere Millionen weiße und rote Blutkörperchen von rund 50 Proband*innen analysiert. Bisher hatte man kaum eine Erklärung dafür finden können, warum Menschen auch Monate nach einer Corona-Erkrankung Probleme mit den Atemwegen, dem Herz-Kreislauf-System, dem Nervensystem und dem Stoffwechsel haben.

Veränderte Größe und Dehnbarkeit der Blutkörperchen könnten Ursache sein

Wissenschaftler*innen haben schon länger beobachtet, dass mit einer Corona-Infektion die Blutkreislaufzirkulation beeinträchtigt wird. Mithilfe eines biomechanischem Schnelltests haben Forschende aus Erlangen jetzt beobachten können, dass sich sowohl Größe als auch Dehnbarkeit von Blutkörperchen veränderten. Das könnte die Ursache für Gefäßverschlüsse und den gestörten Sauerstofftransport im Blut sein.

Diese Veränderungen der Blutzellen während und nach einer Infektion seien deutlich und langanhaltend, so die Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts. Das könnte eine Erklärung dafür sein, warum Patienten und Patientinnen oft monatelang mit den Folgen einer Infektion zu kämpfen haben.

Forscher*innen nutzen selbst entwickeltes Verfahren für ihre Beobachtungen

Mithilfe der sogenannten Echtzeit-Verformungszytometrie konnten die Forscher ihre Beobachtungen machen. Bei dem selbst entwickelten Verfahren wurden Blutkörperchen von 17 akut Infizierten-Patient*innen, 14 Genesenen und 24 Gesunden untersucht. Dabei wird den Proband*innen Blut abgenommen und die Blutzellen anschließend über einen Chip durch einen feinen Kanal geschickt. Dabei werden rote und weiße Blutkörperchen gestreckt. Gleichzeitig macht eine Hochgeschwindigkeitskamera Aufnahmen der Blutzellen. Anschließend lässt sich dann erkennen, wie sehr sich die Blutkörperchen der Proband*innen unterscheiden.

Datenlage reicht nur für Anfangsverdacht

Da die Studienlage mit rund 50 Teilnehmenden noch gering ist, müssen die Wissenschaftler*innen weitere Proben untersuchen, um ihren Verdacht auf die Ursachen für Long-Covid zu erhärten. Immerhin: mehr Zahlen kann es in relativ kurzer Zeit geben. Denn die Echtzeit-Verformungszytometrie kann pro Sekunde bis zu 1.000 Blutkörperchen untersuchen.

Bei den 50 Proband*innen waren es rund vier Millionen untersuchte Blutkörperchen. Mit dem Verfahren hoffen die Wissenschaftler*innen ein Früherkennungssystem auch für andere Krankheiten entwickelt zu haben. Krebszellen beispielweise verändern Form und Größe bereits bevor die typischen Krankheitsmerkmale auftreten. Also könnte eine mögliche Krebserkrankung so deutlich früher aufgespürt werden.

Pflegerin nimmt einer Person Blut ab (Foto: IMAGO, agefotostock)
Das Echtzeit-Verformungszytometrie könnte auch als Früherkennungssystem für andere Krankheiten eingesetzt werden. Denn auch bei anderen Erkrankungen verändern sich Blutzellen, bei Krebserkrankungen sogar bereits vor dem Auftreten von Symptomen

Ursachenforschung wird auch andernorts betrieben

Neben den Wissenschaftler*innen vom Erlanger Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin suchen auch andernorts Forscher*innen in Deutschland nach den Ursachen für Long-Covid. An der Bonner Universitätsklinik werden derzeit ebenfalls weiße Blutkörperchen untersucht. Dort wird nach Besonderheiten im Immunstatus von Menschen und nach genetischen Risikofaktoren gesucht.

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