Klimakrise

Beeinflusst die Eisschmelze an den Polen die Erdrotation?

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Gábor Paál
Gábor Paál (Foto: SWR, Oliver Reuther)

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Ja, es gibt einen, wenn auch kleinen, Effekt. Wenn sich die Masse auf der Erde umverteilt, wirkt sich das auf die Rotation aus. Das ist wie beim Eiskunstlauf: Wenn man sich schneller drehen möchte, zieht man die Arme an den Körper. Dadurch holt man die „Masse“ näher an die Körperachse, und das führt zu einer Beschleunigung der Eigenrotation.

Das kann man sich auch auf der Erde vorstellen: Nehmen wir das Eis auf der Antarktis. Das liegt nahe am Südpol, also nahe an der Erdachse. Wenn das Eis schmilzt, wird es zu Wasser. Dieses Wasser bleibt aber nicht am Südpol, sondern es verteilt sich über die gesamten Weltmeere. Der Meeresspiegel steigt, und dabei gelangt zumindest ein Teil des Wassers in die Nähe des Äquators. Am Äquator ist das Wasser aber, verglichen mit der Antarktis, relativ weit weg von der Erdachse. Und deshalb würde das Gleiche passieren, wie wenn eine Eiskunstläuferin ihre Arme ausstreckt: Die Rotation – in dem Fall der Erde – würde sich etwas verlangsamen.

Dies wird durch einen zweiten Effekt noch verstärkt: Wenn große Gletscher abschmelzen und das Land von der schweren Eisdecke befreit wird, steigt es auf. So wie sich ein Boot etwas aus dem Wasser hebt, wenn Leute aussteigen oder Fracht abgeladen wird. Genauso heben sich auch die Kontinente.

Das kann man beobachten, zum Beispiel in Schottland oder Skandinavien. Skandinavien lag während der Eiszeit unter mächtigen Gletschern. Dieses Eis ist vor 10.000 Jahren abgeschmolzen, und in der Folge hebt sich Skandinavien noch heute um etwa 1 cm pro Jahr. In hundert Jahren liegen also manche Abschnitte der norwegischen Küste einen Meter höher als heute. Auch eine solche Landhebung führt nun dazu, dass sich Masse – in dem Fall: Landmasse – ein kleines Stückchen vom Erdmittelpunkt bzw. von der Erdachse entfernt. Das passiert heute schon, und das würde natürlich verstärkt, wenn auf der Antarktis oder Grönland das Eis schmilzt. Also auch dadurch würde sich – wieder durch den Eisläufereffekt – die Erdrotation verlangsamen.

Und tut sie es denn auch?

Das lässt sich ganz schwer nachweisen: Diese Prozesse gehen langsam vor sich. In der kurzen Zeit, seit der Meeresspiegel steigt, war da noch nicht viel zu messen. Man kann aber nachrechnen, wie groß der Effekt theoretisch sein müsste. Im Ergebnis sind die Eismassen im Verhältnis zur Gesamtmasse der Erde so klein, dass die Auswirkungen auf die Rotation sehr begrenzt sind. Nach Auskunft von Maik Thomas vom Geoforschungszentrum in Potsdam ist der Effekt so klein, dass wir nicht einmal eine zusätzliche Schaltsekunde einführen müssten.

Vor allem: Die Erdrotation verlangsamt sich ohnehin ständig – völlig unabhängig vom Eis. Das liegt vor allem an den Gezeitenkräften, also daran, dass die Masse des Mondes zweimal am Tag Flut und Ebbe auslöst und wir dadurch auf der Erdoberfläche täglich ein großes „Geschwabbel“ haben. Das bremst ebenfalls die Rotation, und zwar vermutlich stärker als all die Effekte, die durch das Schmelzen des Eises entstehen. Wenn die Gletscher schmelzen, bleibt die Hauptgefahr der Meeresspiegelanstieg und das damit verbundene Risiko von Überschwemmungen. – Verglichen damit ist die möglicherweise verlangsamte Erddrehung belanglos.

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