Gespräch

Fake-Songs durch KI: Wie können sich Musiker*innen schützen?

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INTERVIEW
Kristine Harthauer

Ein Song geht im Netz viral, der verdächtig nach dem kanadischen Rapper Drake im Duo mit The Weekend klingt. Nur: Der Song ,,Heart on my sleeve” ist nicht von ihnen. Der Produzent Ghostwriter997 hat ihn mithilfe einer Künstlichen Intelligenz realisiert. Tobias Holzmüller von der GEMA fordert in SWR2 klare Regeln.

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Gefahr des Plagiats

„KI wird immer einen Platz im kreativen Bereich einnehmen“, sagt Dr. Tobias Holzmüller, Leiter der Rechtsabteilung bei der GEMA, „wir brauchen aber klare Regeln“. KI-Programme werden mit hunderttausenden Songs „gefüttert“, um zu lernen, wie Musik klingen kann.

Das Problem dabei: „Normalerweise schafft eine KI immer etwas Neues. Wenn aber ganze Harmonie-Sequenzen übernommen werden, handelt es sich um ein Plagiat“, so Holzmüller.

Stimme ist nicht vom Urheberrecht geschützt

Die Stimme jedes Menschen sei zwar sehr persönlich, werde aber nicht vom Urheberrecht geschützt. Dieses beziehe sich nur auf die kreative Schöpfung von Menschen.

Wessen Stimme aber von einer KI benutzt wird, muss dem aber nicht machtlos zuhören: „Es können andere Rechtsmaterien greifen, wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht, da sind Schadensersatzansprüche denkbar“, sagt Tobias Holzmüller.

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Na, erkannt? Das Bild zu dieser Folge ist fake. Eine Künstliche Intelligenz sollte für uns hier den Rapper Drake darstellen. Der kann von solchen Spielereien ein Liedchen singen. Mit seiner Stimme wird gerade besonders viel experimentiert. Etwa im Song “Heart on my sleeve” des Produzenten Ghostwriter997 rappt nicht Drake, sondern eine täuschend echt klingende KI-generierte Stimme.

Der KI-begeisterte Musiker und Produzent Stefan Harth glaubt, Drakes roboterartige Stimme biete sich für ein KI-Imitat geradezu an: “Eine KI kann mit solch einer glatt gebügelten Stimme gut arbeiten.” Die KI-Songs gehören für ihn in die Kategorie “Fanfiction”: Hartgesottene Fans bringen die guten alten Zeiten ihrer Idole wieder zurück.

Ein ernstes Problem ist und bleibt der Schutz der Urheberrechte. Das kennt Dr. Tobias Holzmüller nur zu gut als Leiter der Rechtsabteilung bei der GEMA: “Normalerweise schafft eine KI immer etwas Neues. Wenn aber ganze Harmonie-Sequenzen übernommen werden, handelt es sich um ein Plagiat.” Die Stimme hingegen sei vom Persönlichkeitsrecht geschützt. Ganz ausgeliefert ist man dem Stimmenklau also nicht.

Und dann haben wir extra für diese Folge einen eigenen Rap-Song mithilfe von KI produziert! Der ist (fast) hitverdächtig!

Wenn ihr weitere Themen oder Feedback habt, mailt uns an kulturpodcast@swr.de.

Hosts: Kristine Harthauer und Philine Sauvageot
Showrunner: Christian Batzlen

Hörtipps:
Ghostwriter997 - “Heart on my sleeve” https://youtu.be/_iYU9h7FEw0
AllttA - “Savages” https://youtu.be/y7r6PAkFRfU
Anleitung für alle, die selbst einen KI-Song produzieren wollen: https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/ki-und-musik-wie-man-mithilfe-von-ki-einen-rap-song-schreibt-100.html

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Bei Instagram und TikTok ist es ein viraler Hit: Die App Lensa generiert mit Hilfe künstlicher Intelligenz Porträts ihrer Nutzer*innen, die das eigene Selfie wie ein echtes Fantasy-Kunstwerk erscheinen lassen. Doch Künstler*innen schlagen Alarm. Sie fürchten wegen der neuen KI um ihre Existenz.

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Programme wie Dall-E oder Midjourney revolutionieren die Art und Weise wie Kunst hergestellt wird. Es braucht nur noch eine Eingabe, einen Prompt, der das gewünschte Bild präzise beschreibt und in Windeseile spuckt der Algorithmus passende Darstellungen aus.
Gerade hat Google ImaGen vorgestellt, das bewegte Bilder herstellt, Videos zu bauen ist also auch kein Problem mehr. Schon lange gibt es automatische Textgeneratoren wie GPT-3. Die Zukunft ganzer Berufszweige der Kreativbranche scheint bedroht zu sein.
Der Künstler Mario Klingemann arbeitet schon lange mit KI. Jetzt, wo jede*r mithilfe von Programmen wie Dall-E Kunst erzeugen kann, wird es für ihn als Künstler immer schwerer wirklich Neues zu schaffen: „Das reine Erzeugen hübscher Bilder ist mir zu einfach. Ich versuche herauszufinden, was Kunst ausmacht“, sagt er uns.
Die Literaturwissenschaftlerin Stephanie Catani von der Uni Würzburg forscht unter anderem zu Literatur und Kunst, die auf Algorithmen basiert. Sie ist der Meinung, dass eine KI erst mal noch nicht den großen Roman schreiben wird.
Einen ganzen fiktionalen Text zu schreiben, das könnten Maschinen noch nicht besonders gut. Was Catani hingegen mehr interessiere, ist die Frage: „Welches kreative Potenzial steckt in der Maschine als Tool für Künstler*innen der Gegenwart? Denn das eigentlich Kreative ist, mit diesem Programm so umzugehen, dass etwas entsteht, was weiterdenkt.“

Unsere Kollegen vom NDR haben in ihrem Podcast „Die Idee“ auch eine Folge zum Thema Künstliche Intelligenz gemacht! Norbert Grundei spricht darin mit dem KI-Experten Prof. Peter Kabel darüber, ob Künstliche Intelligenz die Bestseller von morgen schreibt oder die Charthits, die wir hören. Er sagt: Ja! Denn für bestimmte Texte ist heute schon KI verantwortlich. Hört doch mal rein bei „Die Idee“:
https://www.ardaudiothek.de/episode/die-idee-mit-norbert-grundei/36-was-kann-die-kuenstliche-intelligenz-prof-peter-kabel/n-joy/12007465/

Weblinks zum Thema:
Dall-E 2: https://openai.com/dall-e-2/
Midjourney: https://www.midjourney.com/home/
Google KI-Video Genarator: https://imagen.research.google/video/
Mario Klingemann: https://quasimondo.com/
KI-Podcast Steve Jobs im Joe Rogan-Interview: https://share.transistor.fm/s/22f16c7f
SWR Wissenschaftspodcast "Fakt ab": https://www.ardaudiothek.de/episode/fakt-ab-eine-woche-wissenschaft/sie-hat-jetzt-einen-anwalt-eine-google-ki-macht-ernst/swr2/10625093/
Was geht - was bleibt? Die Debatte um LaMDA: https://www.ardaudiothek.de/episode/was-geht-was-bleibt-zeitgeist-debatten-kultur/debatte-um-lamda-haben-algorithmen-gefuehle/swr2/10588035/

Habt ihr noch mehr Themen, die wir uns dringend anschauen sollten? Schreibt uns an kulturpodcast@swr.de

Host: Max Knieriemen
Redaktion: Max Knieriemen und Kristine Harthauer

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