Klarinette und Bass-Klarinette sind nicht gerade die Hauptinstrumente der Jazz-Avantgarde. Und wenn, dann werden sie dort eher offensiv und überblasen gespielt. Rebecca Trescher hingegen hat mit leisen Tönen aufhorchen lassen. Beim Tübinger Komponistinnen-Festival präsentiert die 37-jährige in ihrer Geburtsstadt am 06.10.23 unter anderem den „Paris-Zyklus“.
Trescher in Paris
Man kann sich durchaus vorstellen, wie Rebecca Trescher 2021 in Paris ankam: Mit Sonne, in freudiger Erwartung und der Sicherheit eines „Composer-in-Residence“-Stipendiums. Ihr dabei entstandener „Paris Zyklus“ erhielt 2023 den Deutschen Jazzpreis als „Komposition des Jahres“.
Klarinetten-Stigma
Weit war und ist für Trescher die Klassik nie. Da die Klarinette die Familie gewissermaßen genetisch durchzieht, gab es kein Entrinnen. Doch entkommen kann sie, zum Jazz. Der Wechsel von der Klassik zum Jazz brachte im Studium seine Schwierigkeiten mit sich. So sei es eine große Herausforderung gewesen „auf einmal nach Akkordsymbolen oder Melodien auswendig zu spielen und zu improvisieren, weil ich wirklich sozialisiert war nach Noten zu spielen.“ Doch sie gewöhnte sich daran, während andere in der Jazzlandschaft sich an Trescher gewöhnen mussten, denn es herrscht ein gewisses „Klarinetten-Stigma“.
„Ich wurde bei manchen Veranstaltern nicht gebucht, weil ich keinen Dixieland spiele, mit Klarinette macht man Dixieland und nichts anderes. Also da habe ich oft mir Sachen anhören müssen, wo ich dachte, Oh, come on, also das kann jetzt wohl nicht euer Ernst sein!“
![Rebecca Trescher TENTETT (Foto: Pressestelle, Sebastian Autenrieth) Rebecca Trescher TENTETT](/swrkultur/musik-jazz-und-pop/1713368439421%2Cdie-klarinettistin-rebecca-trescher-104~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Zwischen Nürnberg, Berlin und Tübingen
Die Schwäbin entwickelt bedachtsam ihre Musik und ihren Sound, hat mittlerweile auch ein so genanntes „Endorsement“ mit einem Klarinettenbauer. Der stellt Instrumente und Bauteile zur Verfügung und entwickelt diese dann mit der Musikerin zusammen weiter.
Einen Studiengang für Klarinette als Hauptinstrument gab es an der Nürnberger Musikhochschule nicht. Also wurde einer für sie eingerichtet. Mittlerweile hat sie dort eine Dozentur, auch eine Rückversicherung für den Umzug in die volatile Berliner Szene.
„Ich hab‘ mittlerweile so ein starkes Profil, ich weiß, ich hab‘ hier einen kleinen Hochschuljob, ich hab‘ meine zwei Bands, mit denen ich etabliert bin und außerhalb von Berlin konzertiere. So viel gute Leute sind um einen rum – das kann einen voll pushen, aber das kann einen auch voll fertig machen. Es ist auch ganz wichtig, sich abzugrenzen und sich auf seine Sachen zu konzentrieren. Weil letzten Endes: Üben und arbeiten muss man immer, egal in welcher Stadt man ist. Und jetzt fühle ich mich einfach bereit oder hab‘ einfach Bock, es auszuprobieren, aber weiß auch vom Mindset: Ich kann auch zurück!“