Naïssam Jalal ist Tochter syrischer Einwanderer in Frankreich und spielt Flöte, seit sie vier Jahre alt ist. Ihre Ausbildung war zunächst klassisch, im Laufe der Jahre nahm sie allerdings immer mehr Abstand davon und orientierte sich mehr in Richtung Jazz. Mit „Healing Rituals“ stellt die Künstlerin nun ein ganz persönliches und spirituelles Album vor.
„In Frankreich ist kein Platz für meine syrischen Wurzeln“
Schon als Kind hat sich Jalal in die Flöte verliebt und kann sich keine Zeit ohne sie vorstellen. Dieses Instrument gehört so eng zu ihr, es ist geradezu die Verlängerung ihres Körpers. Ihr Instrument, mit dem sie ihre persönlichen und innersten Gefühle ausdrücken kann.
Doch so sehr die Flöte zu ihr gehört, so sehr fehlt ihr auch etwas, schon seit ihrer Kindheit: ihre arabische Identität. Ihre Eltern kommen aus Syrien, sie selbst wächst in einem Pariser Vorort auf. Sie lernt die arabische Sprache nur ungenügend und erfährt wenig über Syrien.
Die Suche nach ihren kulturellen Wurzeln ist ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch Jalals Leben zieht. Es geht um ihre Identität, um die Selbstbestimmung, um Bilder, die sie von sich selbst entwickeln will.
„Rituel de la lune“ (Ritual des Mondes): Jalal live bei Points communs
Naïssam Jalal sucht nach Mitteln, die ihr helfen, sich selbst zu finden
Ein Mittel, das ihr dabei hilft, entdeckt sie mit 17 Jahren. Es ist die Improvisation. Mit einem Mal kann sie etwas ausdrücken, das sie nie mit Worten hätte sagen können. Die Improvisation stellt Naïssam Jalals Leben auf den Kopf. Von da an weiß sie, sie will Musikerin werden.
Auf ihrem aktuellen Album „Healing Rituals“ beispielsweise erkundet sie die heilenden Rituale der Natur, die ihr Halt, Kraft und Trost geben. „Die Natur hilft, eine Verbindung zu uns selbst und zur Welt herzustellen“, sagt Jalal. Sie habe jedes Stück des Albums einem Element der Natur gewidmet: dem Wind, den Bergen, der Sonne, dem Wald, dem Nebel und so weiter. Die Musikerin erinnert sich: „Mir schwebte ein Kammermusik-ähnlicher, akustischer, kontrollierter und sanfter Sound vor.“
Das neue Album von Naïssam Jalal in der Kritik
Eine Verbindung zwischen Spiritualität, Musik und Elementarkräften
Jalal beschäftigt sich seit Jahren damit, wie Trance, Spiritualität und Musik zusammenwirken und wie sie sich gegenseitig beeinflussen. Als sie die Stücke komponierte, erinnerte sie sich daran, wie sie mehrere Monate im Krankenhaus war: „Da habe ich mich gefragt: Was brauche ich, um mich besser zu fühlen? Was kann mir Erleichterung verschaffen?“, erinnert sie sich. „Was dabei außerdem belastend und schwer zu ertragen ist, ist die Einsamkeit und das Gefühl, vom Rest der Welt abgeschnitten zu sein.“
Seitdem geht Jalal in Krankenhäuser und Hospize und spielt Patienten beruhigende Rhythmen vor. Sie wollte ihre Erfahrungen auf ihrem neuen Album festhalten. Beim Komponieren war es ihr wichtig, in sich zu gehen und zu hören, welche Noten und Melodien die richtigen für sie waren und welche ihr gut taten.
Beim Stück „Rituel du vent“ (Ritual des Windes) ist sie so vorgegangen: „Diese Melodie ist wie eine Umarmung. Je länger ich spielte, desto mehr hörte ich den Wind.“
„Rituel du vent“ live bei Points communs
Ein Schritt weiter auf der Suche nach Jalals Identität
Als Jalal das Stück „Rituel de la brume“ (Ritual des Nebels) komponierte, war sie in den Bergen. Es regnete und sie war über den Wolken und sah, wie der Wind den Nebel vor sich hertrieb.
Mit „Healing Rituals“ laden Jalal und ihre Band den Hörer zu einer Reise ein, die eine neue Welt entstehen und den Alltag vergessen lässt – meditativ, sanft, beruhigend, feinfühlig und wunderschön. Und Jalal ist auf der Suche nach ihrer Identität damit einen Schritt weitergekommen.
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