Mit der Endphase der Weimarer Republik beginnt der Band „Gerne würdest du allen so viel sagen“, denn „wir wollten expliziter in die Geschichte des Dritten Reichs einsteigen“, sagt Kai Pfeiffer, Herausgeber der neuen Comicanthologie im Gespräch bei SWR2.
Erzählt wird hier der Versuch des jüdischen Anwalts Hans Litten, Adolf Hitler im Zeugenstand vor Gericht als Agitator zu entlarven, oder zumindest die ihm unterstellte, marodierende SA von ihm zu entfremden. Ein Fehlschlag, wie wir heute wissen: Hitler ergriff keine zwei Jahre später die Macht und Hans Litten landete im KZ.
Das alles wird in einfach gezeichneten Bildern aus der Hand von Zeichnerin Hannah Brinkmann erzählt – unterfüttert mit den originalen Akten des Gerichtsfalls.
Die Frage um die Darstellbarkeit des Grausamen
Im Band werden 16 dokumentarische Comicgeschichten präsentiert, die einen Bogen von den einschneidenden Ereignissen des 20. Jahrhunderts bis hin zu den gegenwärtigen Herausforderungen spannen, wie der Corona-Pandemie. „Wir haben viel diskutiert über die Problematik der Darstellbarkeit des Grausamen“, erzählt Pfeiffer, denn im Comic ist auch von Kriegen die Rede. „Im Grunde war die Frage: Wie kann man schreckliche Dinge zeigen und wie möchte man darüber sprechen?“ Manchmal seien Bilder nicht eindeutig, aber könnten viele Emotionen und Eindrücke wecken.
Gut recherchierte Geschichten
Angestoßen wurde die Idee eines historischen Comicbands von der Historikerin Hanna Radziejowska, Leiterin des Pilecki-Instituts in Berlin, erzählt Pfeiffer. „Sie hat auch eine große Affinität zum Comic“.
Aus diesem Grund seien die gezeichneten Geschichten gut recherchiert, sagt Pfeiffer, ein ganzes Netzwerk aus Archiven war daran mitbeteiligt. Renommierte Comiczeichner*innen haben an dem Projekt teilgenommen, wie Sheree Domingo, Bianca Schaalburg oder Katharina Greve.
Mehr Comics
Reportage Pei-yun Yu / Jian-xin Zhou – Tsai Kun-lin. Graphic Novel aus Taiwan
Kolonie, Diktatur, Demokratie: Eine Graphic Novel erzählt die Lebensgeschichte des Taiwaners Tsai Kun-lin, Jahrgang1930, der all das miterlebt hat.
Buchkritik Adrian Pourviseh – Das Schimmern der See
Comic-Zeichner Adrian Pourviseh war selbst auf einem Rettungsschiff im Mittelmeer unterwegs. Seine Graphic Novel „Das Schimmern der See“ zeigt Leid der Flüchtenden und Not der Retter in fast schon nüchternen Bildern. Ein wichtiges Buch zur Debatte um Asyl und den Umgang mit fliehenden Menschen.
Avant Verlag, 224 Seiten, 26 Euro
ISBN 978-3-96445-100-2