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„Vatermilch”: Wie Uli Oesterle die Lebensgeschichte seines Vaters im Comic verarbeitet

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INTERVIEW
Kristine Harthauer

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Comicfigur Rufus Himmelstoss – obdachlos und alkoholkrank

Uli Oesterles Vater Peter Oesterle war Markisenvertreter, Lebemann und später, nachdem er seine Familie sitzengelassen hatte, obdachlos und alkoholkrank. Das sind die einzigen Gemeinsamkeiten zwischen ihm und der Comicfigur Rufus Himmelstoss, die der Zeichner Uli Oesterle erschaffen hat.

Einige Dinge musste er der fiktiven Biographie seines Vaters hinzudichten, wie etwa einen tödlichen Verkehrsunfall, den er verursacht habe, „einfach um die Fallhöhe und Schuld von Rufus Himmelstoss zu erhöhen“, so Uli Oesterle in SWR2.

Jahrzehntelang verschollen

Doch wie im Comic erfahren sein Sohn und seine Frau erst Jahrzehnte später, was mit Rufus passiert ist. Auch Oesterle hat seinen Vater 30 Jahre lang nicht gesehen, bis dieser dann 2010 in Karlsruhe starb. Erst nach seinem Tod hat Ulrich Oesterle recherchiert, wie sein Vater gelebt hat, aber nur einzelne Bruchstücke erfahren können.

„Die jahrzehntelangen Lücken habe ich im Comic selbst gefüllt und erfunden“, sagt Uli Oesterle. Es entstand der Comic „Vatermilch”; der zweite Band „Unter der Oberfläche“ ist gerade im Carlsen Verlag erschienen.

S.48 Comic Vatermlich
Seite aus dem Comic „Vatermilch”

Schicksal von Obdachlosen rückt mehr in den Fokus

„Ich möchte damit auch Schicksale ansprechen”, sagt Uli Oesterle, „auch wenn es ein hartes Thema ist”. Genauso wie die Vater-Sohn-Thematik. Man könne jedes noch so schwere Thema auch mit Humor und unterhaltsam erzählen, das sei ihm wichtig gewesen, so Oesterle. Damit sei man auch ein Sprachrohr der in der Gesellschaft meist unsichtbar lebenden Obdachlosen.

In zwei weiteren Teilen soll der Comic fortgeführt werden. Über den Inhalt will der Autor noch nicht allzu viel verraten, nur so viel: „Es wird viele Wendungen geben.“

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