Weg von Hass und Fake News

Ready for X-Odus? Diese Twitteralternativen stehen in den Startlöchern

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Christian Batzlen

Das Netzwerk X, vormals Twitter, ist an seinem Tiefpunkt angelangt. Vom Exodus der Twitter-Nutzerinnen und -Nutzer versuchen mehrere neue Dienste zu profitieren – mit teils schleppendem Erfolg. Trotzdem gibt es aussichtsreiche Kandidaten.

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X: Ein Schiff ohne Kapitän

Früher lebte das globale Nachrichtengeschäft von der Schnelligkeit, der Glaubwürdigkeit und Omnipäsenz des Kurznachrichtendienstes Twitter. Mittlerweile jedoch treibt X wie ein Schiff ohne Kapitän durchs Netz: orientierungslos und beladen voller Fakenews und Hass.

Twitter ist zwar tot, aber ganz gestorben ist es noch nicht. Das digitale Gerüst steht noch und droht in sich zusammenzufallen.

„Er ist katastrophal, und er wird immer schlechter. So würde ich den Zustand von Twitter aktuell beschreiben”, sagt Ingo Dachwitz von netzpolitik.org, „weil wir eigentlich wirklich seit einem Jahr eine Maßnahme nach der anderen sehen, die dazu beiträgt, dass diese Plattform ein schlechterer Ort für den politischen Diskurs ist, für die politische Öffentlichkeit.”

Der Markt ist umkämpft

Neue Akteure versuchen daher den Markt der Microblogging-Dienste zu erobern und vom X-odus zu profitieren, einem Wortspiel, das die Abwanderung vom jetzigen Twitter-X beschreibt.

Nach vielen Jahren Stillstand ist nun Bewegung im Markt. Das dezentrale, nicht-kommerzielle Netzwerk Mastodon, Bluesky von Twitter-Gründer Jack Dorsey und außerhalb Europas auch Threads von Meta verzeichnen massiven Zulauf.

Drei grundverschiedene Ansätze

„Alle drei Dienste sind sie auf jeden Fall ähnlich darin, dass sie dieses Prinzip des Microbloggings, der kurzen Nachrichten, der Schnelligkeit und der Textbasiertheit das, was Twitter ausgezeichnet hat, übernommen haben. Und dass es dieses System des asymmetrischen Folgens gibt. Das heißt, man vernetzt sich dort nicht mit Freunden gegenseitig, sondern man kann anderen folgen”, so Dachwitz.

Es gibt jedoch auch elementare Unterschiede, gerade in einzelnen Bereichen und Zusatzfunktionen. Für den Experten Ingo Dachwitz etablieren sich so gerade drei grundverschiedenen Ansätze.

Mastodon zeichnet sich aus durch den nicht kommerziellen und den dezentralen Charakter. Bluesky fühlt sich ein bisschen an wie Twitter vor zehn Jahren. Und Threads von Meta zeichnet sich grundsätzlich dadurch aus, dass es eine Integration in die anderen Dienste von Meta gibt, das heißt, es ist mit dem Instagram-Account verknüpft.

Der Netzwerkeffekt als Hürde

Weitere kleinere Alternativen: Spoutible, eine inklusive Plattform als Treffpunkt für User*innen aller Art. Eine besonders verstärkte Content-Moderation soll hier die expliziert positive Gemeinschaft stützen.

Oder Post, mit dem ähnlichen Ziel gesitteter und konstruktiver zu sein. Oder Countersocial, ein Open-Source-Projekt mit minimalistischer Oberfläche. Bei aller Verschiedenheit stehen alle Twitter-Alternativen vor einer gemeinsamen Hürde.

„Ich glaube, der wichtigste Grund ist der sogenannte Netzwerkeffekt”, sagt Netzexperte Christian Schiffer, „bedeutet, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung dann wertvoller wird, je mehr Leute sie nutzen. Kann sein, dass ich auf der besten Social-Media-Plattform überhaupt bin, mit den besten Features. Bin ich aber der Einzige, der sie nutzt, hab ich nichts von dieser Plattform. Das heißt, man braucht eine kritische Masse“

Eine funktionierende Content-Moderation ist unerlässlich

Threads würde dies am besten gelingen. In Europa ringt die Plattform jedoch schon länger mit den Datenschutzbehörden.

Der nicht-kommerzielle Anbieter wie Mastodon wäre endlich eine gemeinwohlorientierte Lösung, ist leider für die Masse recht kompliziert.

Und Bluesky fehlen für den großen Run bisher noch wichtige Funktionen wie Direktnachrichten, Hashtags oder Videos.

Ein wichtiges Kriterium wird trotzdem alle einen: Eine funktionierende Content-Moderation, damit sich ein X 2.0 nicht wiederholt.

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