Tino Chrupalla, AfD-Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der AfD, ist auf mehreren Geräten für eine Social Media Übertragung  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Michael Kappeler)

So agiert die Partei auf Social Media

TikTok als Sprachrohr der AfD in Rheinland-Pfalz

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Andrea Lischtschuk

Auf TikTok hat die AfD Rheinland-Pfalz die größte Reichweite unter allen Parteien im Land. Woran liegt das? Und wie sieht es bei den anderen Parteien aus?

Remigration – ein Begriff, mit dem die AfD Mitte Januar in die Schlagzeilen geraten ist. Bundesweit hat ein Treffen von Rechtsextremen mit Beteiligung von AfD-Politikern in Potsdam für Empörung gesorgt. Laut einer Correctiv-Recherche soll es bei diesem Treffen um einen Plan gegangen sein, massenhaft Menschen aus Deutschland auszuweisen, sie zu "remigrieren".

Auch in Rheinland-Pfalz ist die Empörung groß. Dennoch hat die AfD viel Zuspruch im Land, ist 2021 bei der Landtagswahl hinter den Grünen viertstärkste Partei in Rheinland-Pfalz geworden. In den sozialen Netzwerken zählt die Partei, die 2013 gegründet wurde, ebenfalls viele Follower:innen.

Die AfD auf TikTok

61.900 – so viele Menschen folgen dem Account "afd_rheinland_pfalz" auf TikTok. Dazu kommen unterschiedliche weitere Accounts mit ihren Reichweiten: "afd_rheinlandpfalz", "afd_rlp", "afd_rhein_hunsrueck" und "afdfraktion.rlp". Der Landesverband nutzt die Videoplattform aktiv, um hier mit seinen Wähler:innen in Kontakt zu treten – und das offenbar mit Erfolg: Er dominiert die Plattform.

Dazu kommen Accounts von Partei-Mitgliedern. Eine der höchsten Reichweiten der AfD-Politiker:innen in RLP hat Sebastian Münzenmaier, Mainzer Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Landesvorsitzender. Er kommt mit seinem Account auf 65.800 Follower:innen. Seine Videos werden teilweise im sechsstelligen Bereich angeschaut.

"Wir schätzen es, direkt mit Bürgern in den Kontakt zu treten", schreibt die AfD Rheinland-Pfalz auf SWR-Anfrage. "TikTok ist eine vielgenutzte Plattform, auf der wir selbstverständlich vertreten sein wollen." Die Reichweitenstärke der AfD auf TikTok sei jedoch aus der Not geboren, sagt Marcus Maurer, Professor für Kommunikationswissenschaften an der Uni Mainz. "Klassische Nachrichtenmedien berichten gar nicht und wenn nur sehr negativ über die Partei."

Sie muss sich also einen eigenen Kanal suchen, um potenzielle Wähler zu erreichen.

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TikTok als "kommunikative Heimat" für die AfD

"Man kann fast sagen, das ist so etwas wie eine kommunikative Heimat für die AfD geworden", sagt Uwe Jun, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Trier. Und gerade für die junge Generation, die zukünftige Wählerschaft der Parteien, spielt TikTok eine wichtige Rolle: Die JIM-Studie 2023, eine repräsentative Studie, die den Medienalltag von Jugendlichen in Deutschland untersucht, hat ergeben, dass TikTok für die Zwölf- bis 19-Jährigen die drittwichtigste App auf ihren Smartphones ist. 59 Prozent der befragten Jugendlichen gaben zudem an, die App täglich oder mehrmals pro Woche zu nutzen. So ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten für die AfD nicht nur mit Sympathisanten in Kontakt zu treten, sondern auch mit solchen, die noch nicht mit der Partei sympathisieren.

Eine weitere Zahl: Deutschlandweit waren 2023 laut TikTok insgesamt 20,9 Millionen User:innen auf der Videoplattform unterwegs. Bei dieser Anzahl an User:innen scheint es verwunderlich, dass andere Parteien in Rheinland-Pfalz die Plattform offenbar der AfD überlassen. Lediglich die Grünen in Rheinland-Pfalz sind mit einem breiteren Angebot auf TikTok vertreten. Die Partei ist hier jedoch nicht ansatzweise so erfolgreich wie die AfD.

Rheinland-pfälzische Parteien überlassen TikTok der AfD

Der TikTok-Account der Grünen Fraktion "gruenefraktionrlp" wurde Ende Dezember 2023 veröffentlicht, kommt auf 618 Follower:innen und hat lediglich zwei Videos publiziert - eines davon wurde von fast 20.000 User:innen gesehen. Der Landesverband hat keinen eigenen Auftritt, beobachtet "den Kanal und seine Möglichkeiten aber genau", so eine Pressesprecherin. Die Accounts von Mitgliedern des Grünenvorstands kommen nicht mal auf 100 User:innen. Ähnlich sieht es auch bei der CDU RLP aus. Dem Account "cdurlp" folgen lediglich 87 User:innen. "An der Steigerung der Reichweite arbeiten wir fortwährend, durch die Anpassung des Contents und andere Maßnahmen", erklärt die rheinland-pfälzische CDU auf Anfrage.

Bei anderen Parteien zeigt sich hingegen gähnende Leere. SPD, Linke, FDP und Freie Wähler in Rheinland-Pfalz haben keinen eigenen Account und überlassen das Feld gänzlich der AfD. "Die anderen Parteien experimentieren da noch relativ viel rum", weiß auch Politikwissenschaftler Jun. Freie Wähler und SPD schreiben auf Anfrage, sich derzeit noch in einer Phase der Evaluation zu befinden. Linke und FDP berichten von mangelnden Kapazitäten.

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Jugendliche Wähler:innen und die AfD

Während die anderen Parteien noch evaluieren, ist die AfD jedoch schon sehr aktiv. "Auf TikTok agieren sie sehr professionell, da versuchen sie diese Wählerinnen und Wähler sehr anzusprechen und eben auch auf TikTok ganz gezielt jüngere Wählerinnen und Wähler, die dann eben hier von der AfD entsprechend mit Informationen versorgt werden", erklärt Politikwissenschaftler Jun. Sie bereite die Videos jugendgerecht auf. "Die Jugendlichen fühlen sich da, eben wie die AfD Videos aufbereitet, ganz gut abgeholt", so Jun.

Kommunikationswissenschaftler Maurer will die Rolle der Plattform nicht überbewerten: "Mir erscheint die Idee, die AfD sei auch wegen TikTok aktuell so erfolgreich, etwas weit hergeholt. So wahnsinnig groß sind die Reichweiten da auch nicht. Und so ein großartig originelles Angebot an Filmen gibt es da auch nicht." Der Erfolg der AfD auf TikTok beruhe auf unsachlichen Angriffen und Emotionen. "Das ist sicher nichts, was man der politischen Konkurrenz aus etablierten Parteien raten würde", so Maurer weiter. Man müsse als Politiker bei TikTok auch aufpassen, sich nicht zu blamieren. "Und wahlentscheidend wird es am Ende auch nicht sein."

Die Zahlen zu Follower:innen und Angaben zu Accounts sind von Freitag, 19.01.2024 und können zu einem späteren Zeitpunkt abweichen.

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Andrea Lischtschuk