Mit einer Sonderzahlung noch in diesem Jahr und der Gaspreisbremse ab Frühjahr könnte der Bund Privat- und Gewerbekunden in der Energiekrise unterstützen. Die entsprechenden Vorschläge hatte eine Expertenkommission am Montag vorgelegt. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Markus Heine)

So will der Staat Bürger und Wirtschaft entlasten

Sonderzahlung und Preisbremse beim Gas? Lob und Kritik an Vorschlägen

Stand

Die Expertenkommission zu Gas und Wärme hat sich auf zwei Stufen geeinigt, um Haushalte und Gewerbe in der Energiekrise zu entlasten. Verbraucher in Rheinland-Pfalz dürfen ab Dezember auf Hilfe hoffen. Die Reaktionen im Land fallen unterschiedlich aus.

Das kurzfristige Hilfsangebot der Expertenkommission sieht eine Sonderzahlung in Höhe einer Monatsrechnung für Gas oder Fernwärme noch in diesem Jahr vor. Das heißt konkret, dass der Staat die jeweiligen Abschlagszahlungen für Dezember übernehmen würde. Eine genaue Abrechnung nach dem tatsächlichen Verbrauch im Dezember ist nicht vorgesehen. Es wird also nicht geprüft, wie viel Gas ein Haushalt in dem Monat tatsächlich verbraucht hat.

Experten beraten 35 Stunden lang

35 Stunden lang hatte die Expertenkommission getagt, wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte. Das Gremium besteht aus Fachleuten aus Verbänden, Gewerkschaften und der Wissenschaft und hat am Montagvormittag seine Vorschläge vorgestellt, um Haushalte und Gewerbekunden in Zeiten steigender Energiekosten zu entlasten.

Schnelles Hilfsangebot für Dezember

Privatkunden müssten bei der Sonderzahlung nicht tätig werden. Der Plan sieht vor, dass die Energieversorger die entsprechende Monatsrechnung bei einer staatlichen Stelle einreichen und sie im Gegenzug nicht an die Kunden weiterleiten. Durch die Sonderzahlung sei es möglich, vergleichsweise schnell ein Hilftsangebot zu machen.

Gaspreisbremse kommt erst nächstes Jahr

Der zweite Vorschlag der Expertenkommission ist das, was bereits unter dem Namen "Gaspreisbremse" bekannt ist. Der Gaspreis wird für 80 Prozent des Grundbedarfs auf zwölf Cent pro Kilowattstunde begrenzt und der Bund zahlt die Differenz zum aktuellen Marktpreis. Experten gehen davon aus, dass Singles dadurch rund 300 Euro pro Jahr sparen. Bei Familien wären es etwa 100 Euro monatlich.

Energieversorger können Modell nicht so schnell umsetzen

Diese Gaspreisbremse soll im März 2023 eingeführt werden und bis April 2024 gelten. Am Konzept könnten sich zwar noch einige Punkte ändern, aber grundsätzlich soll es in diese Richtung gehen. Die Energieversorger hatten zuvor um mehr Zeit gebeten. Zahlungstechnisch sei dieses Modell nicht so schnell umzusetzen, wie es bei der Sonderzahlung einer Monatsrechnung möglich ist.

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Kritik von Verbraucher- und Umweltschützern sowie Sozialverbänden

Hans Weinreuter, Energieexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, begrüßt die Einmalzahlung sowie die Gaspreisbremse. "Jetzt sieht es eben so aus, dass im Dezember alle Gasverbraucher einen Monatsabschlag geschenkt bekommen praktisch." Das Problem dabei sei, es werde wieder zu sehr mit der Gießkanne verteilt, kritisierte Weinreuter. "Das heißt, es gibt eine Menge Leute, die das nicht bräuchten." Und es werde eine Menge Leute geben, denen das nicht reichen werde - vor allen denen nicht, die eine Jahresrechnung mit einer hohen Nachzahlung bekommen haben. Im Januar und Februar würden wieder die normalen Abschläge fällig - und erst ab März solle dann als zweite Stufe der Entlastungen eine Gaspreisbremse greifen, bemängelte der Verbraucherschützer.

Auch Umwelt- und Klimaschützer sowie Sozialverbände kritisieren die Vorschläge als sozial unausgewogen. Sie würden auch nicht die Ursachen der hohen Gaspreise bekämpfen. Näheres dazu im Audio.

Dagegen begrüßte die Landesvereinigung der Unternehmerverbände (LVU), dass die Gaspreisbremse für Unternehmen bereits zwei Monate früher kommen soll - nämlich schon im Januar. Das sei auch dringend nötig, sagte Moritz Mergen von der LVU. Wenn jetzt die Bundesregierung die Vorschläge prüfe, solle sie auch darauf achten, dass auch die Energieversorger sie einfach umsetzen können. Zusätzliches Personal dafür könnten sich die Unternehmen nicht leisten.

Weingarten sieht Entlastung der Verbraucher und Verbraucherinnen

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten aus Bad Kreuznach begrüßte den Vorschlag zum zweistufigen Entlastungsverfahren der Verbraucher und der Industrie: "Die Gaspreise stellen für viele Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen ein existenzielles Risiko dar. Deshalb ist es wichtig, dass der Staat jetzt beherzt unterstützt. Hierfür ist die erste Stufe der Einmalzahlung das richtige Instrument, um die Zeit bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse zu überbrücken“, so Weingarten. Er forderte allerdings auch Nachbesserungen. Für Öl- und Pelletheizungen gebe es bisher keine Unterstützung, obwohl sich auch hier massive Preissteigerungen zeigten.

Ulrich spricht von vernünftigen Vorschlägen

"Die Vorschläge der von der Regierung eingesetzten Expertenkommission gehen in die richtige Richtung", kommentierte Alexander Ulrich (Linke), Bundestagsabgeordneter aus Kaiserslautern, die am Montag vorgestellten Ideen. "Jetzt gilt es, Einmalzahlung und Preisdeckel zügig umzusetzen und mit weiteren wichtigen Maßnahmen nachzulegen", forderte der industriepolitische Sprecher der Linken-Fraktion im Bundestag. Insgesamt seien die Vorschläge eine "vernünftigte Herangehensweise", so Ulrich.

Freie Wähler: "Gut gemeint, schlecht gemacht"

Joachim Streit, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im rheinland-pfälzischen Landtag, hält die Gaspreisbremse für ungerecht. Er beklagt zudem das lange Zögern im Bund, um die Verbraucher zu entlasten: "Die Regierung hat Monate verstreichen lassen, die Entlastung bei den Gaspreisen festzulegen. Die Bevölkerungsteile, die mit Öl, Pellets oder elektrisch heizen, gehen leer aus. Das ist nicht gerecht! Es wäre besser gewesen, an alle ein Energiegeld zu zahlen", so Streit.

Entscheidung liegt bei der Bundesregierung

Die Bundesregierung muss nun entscheiden, ob die vorgeschlagenen Entlastungen für Verbraucher und Gewerbekunden auch tatsächlich umgesetzt werden. "Entscheiden muss die Politik. Wir konnten nur Empfehlungen geben", erklärte Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie und Vorstandsmitglied der Expertenkommission. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte bereits, dass die Bundesregierung die Vorschläge der Komission jetzt zunächst sichten werde. Sie würden dann aber "sehr rasch und weitgehend" umgesetzt, so Lindner in Berlin.

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