Neue Berechnungsmethode

Kommunaler Finanzausgleich in RLP steigt 2023 um 275 Millionen Euro

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Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch  (Foto: ARD-Hauptstadtstudio/Jens Müller )

Die Finanzbeziehungen zwischen Rheinland-Pfalz und seinen Kommunen werden ab Anfang 2023 auf eine neue Grundlage gestellt. Für das kommende Jahr erhalten Städte, Kreise und Gemeinden 275 Millionen Euro mehr vom Land als 2022.

Wie Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) mitteilte, werden mit der Neuregelung die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs fristgerecht umgesetzt. Dieser hatte das bisherige System des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) für verfassungswidrig erklärt und einen "bedarfsorientierten Finanzausgleich" verlangt. Dies muss bis Anfang 2023 umgesetzt werden.

Bislang ist es so, dass die rheinland-pfälzischen Kommunen einen bestimmten Anteil an den Steuereinnahmen des Landes bekommen. Künftig wird genauer berechnet, welchen Finanzbedarf die Städte, Kreise und Gemeinden im einzelnen haben. Außerdem sollen die Kommunen mehr Steuern erheben, also ihre Einnahmen erhöhen.

Finanzausgleich steigt 2023 auf 3,76 Milliarden Euro

Durch die Erhöhung um 275 Millionen Euro steige der Finanzausgleich 2023 auf insgesamt 3,76 Milliarden Euro, sagte Dreyer. Im Jahr 2024 erhalten die Kommunen demnach insgesamt 3,7 Milliarden Euro. Das sind 225 Millionen über dem Stand von 2022. Der KFA macht mehr als ein Viertel der Einnahmen der Kommunen aus. Er soll dazu beitragen, dass Städte, Kreise und Gemeinden ihre Aufgaben erfüllen können. Dazu gehört der Betrieb von Schulen, Kitas, Theatern und Schwimmbädern sowie die Bereitstellung von Sozialleistungen.

Die meisten Kommunen in RLP bekommen mehr Geld als bisher

Nicht jede Kommune erhält automatisch mehr Geld aus dem Finanzausgleich. "Wir gehen auf Basis von Proberechnungen derzeit davon aus, dass bis auf vier Kreise alle Landkreise mehr Zuweisungen erhalten als bisher", sagte Innenminister Roger Lewentz (SPD). Für die Kreise Birkenfeld mit Idar-Oberstein, Mainz-Bingen sowie den Rhein-Pfalz-Kreis und den Landkreis Südwestpfalz wird es wohl keine Erhöhung geben.

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Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) erklärte, die neue Regelung sehe auch einen erhöhten Ausgleich der Kommunen untereinander vor. "Inzwischen haben wir ja auch einige sehr finanzstarke Kommunen in Rheinland-Pfalz", sagte Ahnen etwa mit Blick auf die Städte Mainz und Ingelheim. Diese profitieren von hohen Gewerbesteuereinnahmen durch die Pharmaunternehmen BioNTech und Boehringer Ingelheim. Das heißt, diese Städte bekommen kein Geld aus dem Finanzausgleich, sondern müssen Geld in den Topf hineingeben.

Kommunen sollen mehr Steuern erheben

Der vom Ministerrat beschlossene Gesetzentwurf sieht auch vor, dass die Kommunen von den Bürgerinnen und Bürgern mehr Steuern erheben sollen. Das betrifft vor allem die Grundsteuer und die Gewerbesteuer. In vielen Bundesländern werden nach Angaben von Lewentz höhere Steuersätze verlangt. Die rheinland-pfälzischen Kommunen müssten sich hier künftig am Bundesdurchschnitt orientieren. Es könne nicht sein, dass die zum Teil hoch verschuldeten Gemeinden im Land "ihre Bürger bei den Steuern schonen", so Lewentz.

CDU lehnt höhere Steuerbelastung der Bürger ab

Die CDU-Landtagsfraktion kritisierte die geplante Neuregelung des Finanzausgleichs. "Es ist völlig inakzeptabel, dass mit dem Entwurf der Landesregierung der Zwang an die Kommunen verbunden ist, die Realsteuerhebesätze deutlich zu erhöhen und damit die Bürgerinnen und Bürger erheblich zu belasten", so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gordon Schnieder. Angesichts der Inflation und hoher Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie sei "dies das falsches Signal".

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Die CDU fordert stattdessen mehr Geld für den Finanzausgleich. In Anbetracht aktueller Herausforderungen zeige sich schon jetzt, dass deutlich mehr Geld in das System müsse, damit die Kommunen vor Ort handlungsfähig blieben.

Städtetag: Ein Schritt in die richtige Richtung

Der Städtetag Rheinland-Pfalz begrüßte den Gesetzentwurf. Der geschäftsführende Direktor des Städtetags, Michael Mätzig, sagte dem SWR, die Reform sei ein Schritt in die richtige Richtung. Der tatsächliche Bedarf der Kommunen werde mit dem neuen System viel stärker berücksichtigt als bisher. Dennoch warnte er vor überzogenen Erwartungen: Es müsse klar sein, dass das Land nur den Mindestbedarf der Kommunen in den Blick genommen habe. Die Städte müssten auch in Zukunft viel Kraft aufwenden, um ihre Haushalte über Einsparungen und Steuererhöhungen auszugleichen.

Trierer OB Leibe: Großstädte erhalten deutlich höhere Finanzausstattung

Der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) sagte im SWR, er freue sich sehr über das Ergebnis, insbesondere für die Großstädte in Rheinland-Pfalz. Die Großstädte hätten zentrale Aufgaben für einen großen ländlichen Bereich. "Das wird vom Land anerkannt, über eine deutlich erhöhte Finanzausstattung", so Leibe.

Der neue Finanzausgleich sei bedarfsgerecht errechnet worden, erklärte Kaiserslauterns Oberbürgermeister Klaus Weichel (SPD).

 

Eifelkreis Bitburg-Prüm: Nur marginale Verbesserung für Kommunen

Der Eifelkreis Bitburg-Prüm zeigte sich in einer ersten Reaktion enttäuscht von der geplanten KFA-Neuregelung. Diese führe im Ergebnis "nur zu einer marginalen Verbesserung der Finanzausstattung für die Kommunen", hieß es auf SWR-Anfrage. Der selbst bestimmte Handlungsspielraum der Kommunen in Rheinland-Pfalz erhöhe sich damit nicht, so Landrat Andreas Kruppert (CDU): "Wir werden weiterhin nur reagieren können anstatt selbst zu gestalten."

Vom Kreis Trier-Saarburg heißt es: "Die bisher dem Landkreis bekannten Parameter der Reform, wenn diese denn so zutreffen, bewertet der Kreis Trier-Saarburg grundsätzlich positiv." Dass die Gemeinden gezwungen werden, die Grund- und Gewerbesteuer anzuheben, sehe der Landkreis dagegen kritisch.

Der Gesetzentwurf für die Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs wird nun dem Landtag zur Beratung und Entscheidung vorgelegt. Ministerpräsidentin Dreyer zeigte sich zuversichtlich, dass das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet wird und am 1.1.2023 in Kraft treten kann.

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