Ein Polizeibeamter sitzt in der Führungszentrale des Polizeipräsidiums Mainz an seinem Arbeitsplatz.  (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Polizei-Notruf 110

Polizei in RLP darf hilfesuchende Anrufer künftig orten

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Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch  (Foto: ARD-Hauptstadtstudio/Jens Müller )

Die Polizei - auch in Rheinland-Pfalz - darf Hilfesuchende bald genau orten, wenn diese über den Notruf "110" anrufen. Weil das bisher aus Datenschutzgründen nicht geht, soll es nun einen bundesweiten Pilotbetrieb geben.

Es klingt zwar nach einem bösen Traum, findet aber in der Realität trotzdem statt: Ein Kind gerät in Not, schafft es die Polizei anzurufen, kann aber nicht sagen, wo es sich gerade befindet. Beispielsweise weil es sich verirrt hat oder schlimmer, weil es möglicherweise von Fremden an einen Ort gebracht wurde, den es nicht kennt.

Aber auch älteren Menschen passiert es nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Rheinland-Pfalz, dass sie bei Notrufen ihren Aufenthaltsort nicht beschreiben können, ebenso Menschen, die in ihnen unbekannten Gegenden einen Autounfall haben. "Wir haben es auch oft mit Menschen zu tun, die sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden", so die GdP-Landesvorsitzende Steffi Loth.

Fehlende Rechtsgrundlage für Ortung von Notrufern

Solche Situationen sind auch für den Polizisten oder die Polizistin am anderen Ende der Notruf-Leitung "110" belastend und bisher oft schwierig zu lösen. Denn wer auf der "110" anruft, den darf die Polizei bisher nicht orten - also anhand der Verbindungsdaten ermitteln, wo sich der oder die Anrufende genau befindet. Loth berichtet: "Dann dauern die Telefonate auch länger, um wichtige Informationen zu erfragen, wertvolle Zeit, wenn es dringend ist."

GdP Rheinland-Pfalz begrüßt geplanten Pilotbetrieb

Die Gewerkschaft GdP in Rheinland-Pfalz begrüße deshalb "diesen ersten Schritt" mit einem Pilotversuch. Demnach soll es beim "110-Notruf" künftig deutschlandweit möglich sein, den Standort des Anrufers genau zurückzuverfolgen. Darauf haben sich nach SWR-Informationen das Innenministerium und der oberste Datenschützer in Baden-Württemberg geeinigt.

Baden-Württemberg ist zuständig, weil die Ortungsdaten aus ganz Deutschland an einen Server im Schwarzwald fließen. Wegen rechtlicher Bedenken war eine Nutzung dieser Daten von Anrufer-Standorten durch die Polizei aber bisher untersagt. 

Die Ortungsdaten dürfen nicht zu anderen Zwecken genutzt werden, insbesondere nicht zur Strafverfolgung.

RLP Datenschutzbeauftragter: Keine Ortung für Strafverfolgung

Der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte ist ebenfalls dafür, dass die Standortdaten bei Notrufen künftig an die Polizei übermittelt werden dürfen. Auf SWR-Anfrage erklärte Dieter Kugelmann: "Das Ziel, bei Notrufen möglichst schnell und effektiv zu helfen, ist ohne Abstriche zu unterstützen." Es gehe aber auch nur um eben dieses Ziel. "Die Ortungsdaten dürfen nicht zu anderen Zwecken genutzt werden, insbesondere nicht zur Strafverfolgung", fordert Kugelmann. Ansonsten drohe das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger verloren zu gehen.

Im Schnitt jede Sekunde ein Notruf

Im Schnitt wird in Deutschland jede Sekunde einmal der Notruf gewählt. Um die Feuerwehr oder einen Rettungswagen zu rufen, geschieht das normalerweise über die "112". Die "110" nutzen Bürgerinnen und Bürger, um die Polizei zu alarmieren - etwa bei einem Verbrechen oder einem Unfall, bei dem keine Menschen verletzt wurden. Laut der großen Netzbetreiber summierten sich die Notrufe an die "112" im vergangenen Jahr auf mehr als 30 Millionen.

Ortung von "112-Notrufen" ist schon möglich

Wer Feuerwehr, Rettungswagen oder Notarzt über die "112" ruft, der kann bereits seit Jahren problemlos geortet werden. Dafür nutzen viele Leitstellen der Rettungsdienste und Feuerwehr die Technik "Advanced Mobile Location" (AML). Dabei werden auf dem Smartphone beim Wählen des Notrufs "112" verschiedene Sensoren wie das GPS eingeschaltet und die Daten automatisch übertragen. Ob die AML-Technik für die automatisierte Ortung in Zukunft auch bei den Leitstellen der Polizei eingeführt wird, ist noch unklar.

"Manchmal hilft auch ein Quäntchen Glück"

Wie häufig in der Vergangenheit hilfesuchende Anrufer auf der "110" in Rheinland-Pfalz nicht geortet werden konnten, darüber liegen der GdP keine Zahlen vor. Aus ihrer eigenen dienstlichen Erfahrung könne sie aber sagen, dass es zu Fällen gekommen sei, wo die konkrete Suche nach einer Person deshalb erst mit zeitlicher Verzögerung habe beginnen können, so die Landesvorsitzende Loth. "Es kam niemand dabei zu Schaden, manchmal hilft auch ein Quäntchen Glück beziehungsweise eine richterlich angeordnete Handyortung." Der Faktor Glück soll aber künftig möglichst durch den dauerhaften Einsatz moderner Technik ersetzt werden.

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